Neues Buch von Michael Schmidt-Salomon: Keine Macht den Doofen

Heute, am 13. Februar 2012, erscheint das neue Buch von Michael Schmidt-Salomon: „Keine Macht den Doofen“.

Im Vorfeld hatte ich gehört, Michael sei die Religionskritik zu langweilig geworden; er habe es satt, immer nur als Religionskritiker wahrgenommen zu werden, deshalb wolle er sich in Zukunft stärker der Dummheit zuwenden, die in anderen Bereichen der Gesellschaft grassiert, z.B. in Wirtschaft und Politik. Ich hatte daher zeitweise befürchtet, Deutschland würde einen seiner großartigsten Religionskritiker verlieren. Aber weit gefehlt: Wer die Religionskritik von „MSS“ mag, kommt auch bei diesem Buch voll auf seine Kosten: 5,99 Euro (4,99 für das E-Book) für knapp 128 Seiten erscheinen mir angemessen, denn diese Seiten haben es wirklich in sich und waren für meinen Geschmack viel zu früh zu Ende, ich hätte gerne noch mehr gelesen.

Gläubige, die sich über Richard Dawkins‘ Wortschöpfung „Gotteswahn“ (God Delusion) empörten, sollten um dieses Buch einen großen Bogen machen! Während Dawkins mit seinem Begriff nämlich vor allem auf die Gottesvorstellung abzielt, etabliert Schmidt-Salomon in diesem Buch quasi „offiziell“ und zitierfähig den Begriff des „Religioten“ und zielt damit direkt auf die Träger des Gotteswahns ab, den er auch als „Hirnwurm“ bezeichnet.

Über die Bezeichnung „Hirnwurm“ werden die Träger desselben zwar ebenfalls nicht erfreut sein, aber Schmidt-Salomon kommt hier das Verdienst zu, einen anschaulicheren und für die gesellschaftliche Diskussion damit besser geeigneten Begriff für Dawkins‘ abstrakte Wortschöpfung „Mem“ gefunden zu haben. Ein „Mem“ ist Dawkins zufolge eine Idee (z.B. eine bestimmte Gottesvorstellung), die sich selbst weiter verbreitet und sozusagen immer mehr Menschen „befällt“ – was schlecht ist, wenn die mit dem Mem verbundene Vorstellung schädlich oder falsch ist. Solche „Meme“ vergleicht Schmidt-Salomon (in einem Beispiel, das m.W. ebenfalls von Dawkins stammt) mit einer Ameise, die von einem (tatsächlich existierenden) Hirnwurm, nämlich den Larven des Leberegels, befallen ist:

Gesteuert von dem „Hirnwurm“ in ihrem Kopf, verlässt die Ameise ihre Gruppe, klettert auf die Spitze eines Grashalms und beißt sich dort infolge eines Starrkrampfs ihrer Mundwerkzeuge fest. Ziel der selbstmörderischen Übung: Die Ameise soll von einer Ziege, einem Schaf, Rind, Schwein, Hund oder Hasen gefressen werden, denn nur so gelangen die Leberegel in ihr „Gelobtes Land“, die Galle ihres Endwirts. Ihr Zwischenwirt, die vom Hirnwurm gesteuerte Ameise, bleibt dabei natürlich auf der Strecke. Bei Menschen, die von „ideologischen Hirnwürmern“ befallen werden, ist Ähnliches zu beobachten. Denken Sie nur an die Attentäter des 11. September … [S. 22]

Was den Begriff des „Religioten“ – und Schmidt-Salomons analoge Wortschöpfungen „Politiot“, „Ökonomiot“ und „Ökologiot“ – angeht, so halte ich es für wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese – sozusagen im Gegensatz zu „Idiot“ oder gar „Vollidiot“ – zum Ausdruck bringen, das sich die so Charakterisierten nur in einer bestimmten Hinsicht idiotisch verhalten, ansonsten aber vollkommen normale Menschen sind, die in anderen Bereichen durchaus intellektuelle Höchstleistungen verbringen zu vermögen. (Francis Collins kommt einem in den Sinn: Unter Collins‘ Leitung wurde das menschliche Genom entschlüsselt; ausschlaggebend für seine Bekehrung zum Christentum waren aber nicht rationale Argumente, sondern der Anblick eines gefrorenen Wasserfalls, wie er selbst ausgerechnet in einem Buch mit dem Untertitel „A Scientist Presents Evidence for Belief“ – „Ein Wissenschaftler präsentiert Belege für den Glauben“ – berichtet.) Schmidt-Salomon schreibt:

Religiotie ist eine selten diagnostizierte (wenn auch häufig auftretende) Form der geistigen Behinderung, die durch intensive Glaubensindoktrination vornehmlich im Kindesalter ausgelöst wird. Sie führt zu deutlich unterdurchschnittlichen kognitiven Leistungen sowie zu unangemessenen emotionalen Reaktionen, sobald es um glaubensrelevante Sachverhalte geht. Bemerkenswert ist, dass sich Religiotie nicht notwendigerweise in einem generell reduzierten IQ niederschlägt: Religioten sind zwar weltanschaulich zu stark behindert, um die offensichtlichen Absurditäten ihres Glaubens zu erkennen, auf technischem oder strategischem Gebiet können sie jedoch (siehe Osama bin Laden) hochintelligent sein. Wie es „Inselbegabungen“ gibt (geistig behinderte oder autistische Menschen mit überwältigenden mathematischen oder künstlerischen Fähigkeiten), so gibt es offensichtlich auch „Inselverarmungen“ (normal oder gar hochintelligente Menschen, die in weltanschaulicher Hinsicht völlig debil sind). Religiotie sollte daher als „partielle Entwicklungsstörung“ verstanden werden – ein Begriff, den der Entwicklungspsychologe Franz Buggle schon vor Jahren vorgeschlagen hat, um die spezifischen Denkhemmungen religiöser Fundamentalisten zu erfassen. [S. 42-43. MSS bezieht sich auf Franz Buggles Buch „Denn sie wissen nicht, was sie glauben“, das vor kurzem neu aufgelegt wurde.]

Das obige Zitat vermittelt einen guten Eindruck davon, was den Leser in „Keine Macht den Doofen“ erwartet: Eine Wortwahl, die z.B. Richard Dawkins („Der Gotteswahn“) und selbst Christopher Hitchens („Der Herr ist kein Hirte“) an Schärfe noch übertrifft – die allerdings auch gut begründet wird. Das Bemerkenswerte an Schmidt-Salomons obiger Feststellung ist ja, dass es nicht nur Areligiöse sind, die „geistige Behinderung“ der Religiösen wahrnehmen, sondern dass die Religiösen selbst diese spezifische Denkhemmung ebenso deutlich erkennen – allerdings nur bei Angehörigen anderer Glaubensrichtungen. Ich war neulich bei einem Vortrag der katholischen Fundamentaltheologin Prof. Johanna Rahner, die sich offenbar daran stört, dass die „Neuen Atheisten“ Gläubige als „wahnsinnig“ und religiöse Erziehung als „Kindesmisshandlung“ bezeichnen. Empörung wird von nun an nicht mehr ausreichen: Die religiösen „Hirnwurm-Träger“ müssten vielmehr zeigen, dass Schmidt-Salomon mit seiner obigen Feststellung falsch liegt. (Natürlich belassen sie es gerade deshalb bei der Empörung, weil sie diesem Befund in der Sache nichts entgegenzusetzen haben.)

Dass Schmidt-Salomon die spezifischen Idiotien nicht so verbissen sieht, wie es vielleicht zunächst den Anschein hat, zeigt sich auch daran, dass er in den Anmerkungen darauf hinweist, dass er seine Meinung zur Gentechnik gegenüber früher geändert hat – und sich damit quasi selbst als „Ex-Ökologioten“ outet. [S. 122, Anmerkung 81]

Die obige Diagnose in Bezug auf Religion lässt sich Schmidt-Salomon zufolge auch auf andere Gesellschaftsbereiche übertragen: Wirtschaft und Politik widmet er eigene Kapitel, auch auf die Umweltschutzbewegung geht er ein.

Problematisch – allerdings nicht dem Buch anzulasten – ist der Umstand, dass die spezifische Idiotie in den übrigen Bereichen nicht so einfach zu belegen ist wie bei der Religion (selbst Religiösen fällt es ja nicht schwer, zumindest die Idiotie der übrigen Glaubensrichtungen zu erkennen), und dass die Denkfehler in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Ökologie noch nicht derart gründlich von anderen Autoren herausgearbeitet wurden, wie es bei der Religion der Fall ist – einfach, weil es sich hier um neuere Entwicklungen handelt. So hat ja z.B. erst die Finanzkrise seit einigen Jahren dazu geführt, dass bestehende wirtschaftspolitische „Dogmen“ in größerem Umfang hinterfragt wurden. Ich hätte mir beim Lesen oft gewünscht, dass Schmidt-Salomon seine Kritik angesichts ihrer Schärfe noch gründlicher begründet, muss allerdings einräumen, dass z.B. schon der Bereich „Wirtschaft“ selbst bei doppeltem oder dreifachem Buchumfang nicht wirklich gründlich hätte behandelt werden können. Insofern hat Schmidt-Salomon gut daran getan, sich kurz zu fassen.

Grund für die in den genannten Bereichen zu beobachtende Idiotie ist ein Phänomen, das Schmidt-Salomon als „Schwarmdummheit“ bezeichnet (in Anlehnung an den Begriff der „Schwarmintelligenz“):

Wir haben ein System geschaffen, das die Rationalität des Einzelnen mit tödlicher Präzision zur Grundlage eines kollektiven Irrsinns macht, das uns Entscheidungen treffen lässt, die innerhalb des Systems als „klug“, ja sogar „vernünftig“ erscheinen, obwohl sie in Wahrheit von atemberaubender Dummheit sind. [S. 46]

Zur Erläuterung verweist Schmidt-Salomon unter anderem auf die „geplante Obsoleszenz“ von Produkten:

So etwas Verrücktes wie Kühlschränke mit einer garantierten Lebensdauer von 25 Jahren konnte nur die DDR hervorbringen – kein Wunder, dass sie unterging. Wie man es richtig macht, zeigten die großen Elektrokonzerne schon vor Jahrzehnten, als sie die Lebensdauer ihrer Glühbirnen systematisch von 2500 auf 1000 Stunden herunterstuften. Denn das Motto des globalen Marktes lautet: „Lang lebe die Kurzlebigkeit!“ […] Allzu haltbare Waren, das weiß jeder Betriebswirt, sind eine Tragödie fürs Geschäft. [S. 47]

Global gesehen ist geplante Obsoleszenz […] geradezu ein Musterbeispiel für unsere fehlende Schwarmintelligenz beziehungsweise ausgeprägte Schwarmdummheit: Kein Mensch käme alleine auf den Gedanken, unter Einsatz seines Lebens wertvolle Ressourcen zu erobern, um sie dann innerhalb kürzester Zeit in wertlose Müllberge zu verwandeln. Nur in der Masse sind wir blöd genug, um ein solches Verhalten an den Tag zu legen. [S. 48] Denn das ist das Dumme an dummen Systemen: Wer in ihnen rational agiert, agiert irrational, wer das Falsche perfekt macht, macht das perfekt Falsche. [S. 107]

Die „Schwarmdummheit“ wiederum ist gleichsam Ergebnis wie Ursache einer „kulturellen Matrix“, das heißt einem „Programm zur gesellschaftlichen Normierung individueller Denk-, Empfindungs- und Handlungsgewohnheiten.“ [S. 92-93] Als Beispiel muss wieder die Religion herhalten:

Sicherlich: Der überwiegende Teil der Eltern, ja selbst der Religionslehrer, nimmt das „Wunder des Abendmahls“, wie auch andere Glaubenssätze des Christentums, kaum noch ernst. Doch macht dies die Sache besser? Keineswegs! Denn welche pädagogische Botschaft vermitteln wir unseren Kindern, wenn wir sie in Rituale hineinpressen, an deren Sinn wir selbst nicht mehr glauben? Es ist die Kernbotschaft jeder Erziehung zur Denkverödung. Sie lautet: Schere dich nicht um Argumente! Gehe den Dingen nicht auf den Grund! Sei kein Narr, der gegen die Absurditäten des Systems aufbegehrt, sondern ein Tor, der der dummen Horde folgt! Frage niemals nach dem Sinn des Ganzen, sondern passe dich an die herrschenden Gepflogenheiten an – auch wenn sie noch so himmelschreiend blöde sind! Sucht man nach der Ursache für den „betrübenden Kontrast zwischen der strahlenden Intelligenz eines gesunden Kindes und der Denkschwäche des durchschnittlichen Erwachsenen“ – hier wird man fündig. [S. 95-96]

Das Gegenmittel ist Schmidt-Salomon zufolge eine Bildung, die ihren Namen verdient:

Wie man sieht, läuft das hier nur kurz angerissene Bildungskonzept auf eine Umkehrung der oben skizzierten Erziehung zur Denkverödung hinaus. Denn die zentralen Leitsätze einer pädagogischen Anleitung zur Denkstärke lauten: Schere dich um Argumente! Gehe den Dingen auf den Grund! Sei ein Narr, der gegen die Absurditäten des Systems aufbegehrt kein Tor, der der dummen Horde folgt! Passe dich herrschenden Gepflogenheiten nicht an, wenn sie himmelschreiend blöde sind, sondern frage nach dem Sinn des Ganzen! [S. 100]

Die gute Nachricht: Der „Aufstand der Narren des Widerstands gegen die Toren der Macht hat bereits begonnen” [S. 102]. Schmidt-Salomons „Aufruf zum Widerstand“: „Entblödet euch!“ (In Anspielung auf Stéphane Hessels Buch „Empört euch!“)

Sprechen wir laut und deutlich aus, dass der Kaiser nackt ist! Denn nur so kann die Farce, die uns tagtäglich von Religioten, Ökologioten, Ökonomioten und Politioten dargeboten wird, beendet werden. [S. 109]

Der polemische Ton von „Keine Macht den Doofen“ („Schwachsinn“, „hirnrissig“ etc.) entspringt somit wohl auch Schmidt-Salomons Überzeugung, dass Schwachsinn deutlich als solcher zu bezeichnen ist.

Auf der Website zum Buch (www.keine-macht-den-doofen.de) gibt es ein Blog (mit Auszügen aus dem Buch), eine „Dokumentationsstelle für globalen Wahnsinn“ (u.a. mit Einträgen zu Frank-Walter Steinmeier und Andrea Nahles) und Links zu „Widerstandsgruppen gegen den globalen Irrsinn“.

Beim Lesen von „Keine Macht den Doofen“ dachte ich mehrmals: Das ist ja interessant, aber davon habe ich noch nie etwas gehört! Die Erklärung dafür fand ich in den Anmerkungen am Ende des Buches: Bei den Quellen, auf die Schmidt-Salomon verweist, handelt es sich häufig um Bücher, die erst vor kurzem erschienen sind, nicht wenige davon 2011. Kein Wunder, dass die entsprechenden Thesen und Informationen noch nicht Allgemeingut sind. Wer also nach dem Lesen von „Keine Macht den Doofen“ noch Zeit und Geld übrig hat (was bei 5,99 € und 128 Seiten nicht abwegig ist), der findet in den Anmerkungen noch interessante Hinweise auf weitere Lektüre.

14 Responses to Neues Buch von Michael Schmidt-Salomon: Keine Macht den Doofen

  1. Nic sagt:

    Hast du es schon gelesen?
    Ich freue mich schon aufs Buch. (kann ich die Rezension übernehmen?)

    • Skydaddy sagt:

      Hi Nic! Klar kannst Du den Artikel, wie immer, gerne übernehmen. Und: Ja, ich habe das Buch schon mit großem Vergnügen gelesen. (Ich hatte beim Piper-Verlag um ein Rezensionsexemplar angefragt.)

  2. LeBon sagt:

    Sehr interessante Rezension. Und der Begriff der ‚Religiotie‘ wird absolut nachvollziehbar erklärt. Werde mir das Buch wohl zulegen müssen.
    Leichte Bedenken habe ich allerdings bei der Übertragbarkeit der relativ eindeutigen Antwort zum Glauben (‚Es gibt keinen Gott‘) auf andere komplexe Bereiche wie Ökonomie oder Ökologie. Da gibt es keine einfach richtigen oder falschen Antworten auf irreale Glaubensfragen, sondern da geht es um die nachprüfbare Umsetzung von realen Massnahmen.

    • Sebi sagt:

      Das sehe ich etwas anders. Überall wo Menschen in der Theorie agieren, gibt es Platz für Glauben: Man denke an den Glauben an die Effizienz des Marktes, der bereits vereinzelt offen widerlegt wurde (auch und gerade von den Geschehnissen in Griechenland) und trotzdem noch von vorrangig deutschen Ökonomen vehement vertreten wird. Oder das Thema Klimawandel, bei dem RWE-Manager (auch interessengeleitet) Stilblüten wie „die kalte Sonne“ für sich entdecken.

      Was MSS meint, sind vielmehr starre Glaubenssätze, und davon gibt es außerhalb der Religion ebenfalls genug.

    • Skydaddy sagt:

      @LeBon:

      Ein interessanter Punkt! Die Frage nach Gott ist ja so etwas wie eine „Ja/Nein“-Frage (jedenfalls, wenn man sie mit „Nein“ beantwortet), während es in Wirtschaft, Politik und Ökologie um das „Wie“ geht. Dass die Argumentation hier nicht so sicher zu führen ist wie bei der Religiotie, habe ich ja versucht, anzudeuten.

      Das ändert aber nichts daran, dass es in Wirtschaft, Politik usw. zweifelsfrei Verhalten gibt, das als „idiotisch“ bezeichnet werden kann und muss. Ein Beispiel: In meiner Wahlheimat Singapur wohnen die meisten Familien in Eigentumswohnungen in riesigen Hochhäusern, die von der Wohnungsbaubehörde (HDB, Housing & Developing Board) gebaut und verkauft werden. Meines Erachtens werden bei dem staatlichen Wohnungsbau zwei unvereinbare Ziele verfolgt: Zum einen soll günstiger Wohnraum geschaffen werden, zum anderen soll aber der Wertzuwachs der Wohnungen überdurchschnittlich sein, damit sie sich auch als Wertanlage lohnen. Die Wohnungspreise können langfristig aber nicht überdurchschnittlich steigen und gleichzeitig „günstig“ bleiben. Hinzu kommt, dass die Singapurer diese Wohnungen gar nicht wirklich besitzen, sondern nur für 99 Jahre leasen. Das macht sich zwar momentan noch nicht bemerkbar, aber irgendwann muss ein Punkt kommen, ab dem zumindest die alten Wohnungen immer weniger wert werden, weil der Lease dann nur noch eine absehbare Zeit lang läuft, also der „Kaufpreis“ sozusagen nicht mehr auf „den Rest des Lebens und des Lebens der Kinder“ umgelegt werden kann, sondern am Ende nur noch auf wenige Jahre. (Vergleichbar mit den Preisen für Gebrauchtwagen.)

      IMMER, wenn ich einen Singapurer frage, wie das langfristig funktionieren soll, dann erhalte ich als Antwort: „Die Regierung könnte sich das nicht erlauben und würde es deshalb nie dazu kommen lassen.“ Wenn es auf Fragen zur Stabilität eines Systems nur solche Antworten, aber keine Lösungen gibt, werde ich immer sehr hellhörig. Unabhängig davon, ob das Singapurer HDB-System langfristig stabil bleibt oder nicht, MUSS dieses Verhalten als Schwarmdummheit bezeichnet werden. (Weniger das HDB-System an sich als das massenhafte Verhalten, auf eine Lösung zu vertrauen, ohne diese zu kennen.) Schließlich BESITZEN fast alle Familien eine HDB-Wohnung und wollen sich gar nicht vorstellen, wo das hinführen könnte.

      Man braucht aber gar nicht so weit weg zu schauen. Erinnert Ihr Euch noch an den jahrzehntelang gebräuchlichen Satz „Der Staat kann nicht pleite gehen“, wenn es um die Frage ging, wie sicher es ist, dem Staat Geld zu leihen?

    • katholenblogger sagt:

      Guck dir doch die Ökos an. Die haben tatsächlich den Mythos in der Gesellschaft verankert, dass Biolandwirtschaft umweltfreundlich wäre, obwohl die wissenschaftlich messbaren Fakten fast immer das Gegenteil nahe legen.
      Selbst bei den direkten Auswirkungen auf die Äcker (Überdüngung, Versauerung usw.) schneidet die Biolandwirtschaft schlechter ab. Wenn man dann noch den Verbrauch von Ressourcen (Fläche, Wasser, Energie) pro kg Nahrungsmittel einrechnet, ist alles verloren.

      Das kommt halt davon, wenn man Mittel in „gut“ (nicht synthetisch) und „böse“ (synthetisch), statt wirklich darauf zu gucken, welcher Stoff welche Gefahren (für Umwelt, Gesundheit …) birgt. Das ist schon auf logischer Ebene idiotisch, anzunehmen, dass die Gefährlichkeit von der Herstellungsmethode (synthetisch oder nicht) abhängt.

      Das Resultat ist, dass die Pestizide (z.B. Rotenon*, Kupfersulfat**), die die Biobauern einsetzen, meist deutlich schlimmer sind, als die synthetischen Pestizide von heute.

      *) in Deutschland verboten, aber in der Regel auf Importwaren drauf, z.B. Bio-Paprika

      **) versucht die EU schon seit 10 Jahren, zu verbieten, ist aber von der Bio-Lobby bisher verhindert worden. Ohne Kupfer wird die Bio-Landwirtschaft wahrscheinlich sterben, weil sie Pilzbefall nichts entgegenzusetzen haben. Wenn die Preise nochmal um das zehnfache steigern, können sich selbst die überzeugten Ökologioten das nicht mehr kaufen. Mal abgesehen davon, dass schon jetzt regelmäßig Bio-Getreideprodukte gefährlich stark mit Schimmelgiften belastet sind.

  3. klafuenf sagt:

    SCNR: http://www.despair.com/meetings.html

    Und Skydaddy, gib doch deinen Senf bei amazon auch noch dazu.

  4. Michael Schmidt-Salomon: Keine Macht den Doofen…

    Heute, am 13. Februar 2012, erscheint das neue Buch von Michael Schmidt-Salomon: „Keine Macht den Doofen“. Im Vorfeld hatte ich gehört, Michael sei die Religionskritik zu lang­wei­lig gewor­den; er habe es satt, immer nur als Religionskritiker wahr­ge­…

  5. katholenblogger sagt:

    Dieses Buch ist gut und wichtig, vor allem im deutsprachigen Raum gibt es noch nicht genug davon.

    Aber Hitchens ist schon noch eine Nummer besser. Was Hitchens ausmacht ist nicht seine Schärfe in der Wortwahl, sondern dass er die Religion ganz anders angeht.

    Während Dawkins und Co. (wozu auch Schmidt-Salomon zählt) vor allem sagen, dass die Glaubenslehren abwegig und unvernünftig sind, schreibt Hitchens vielmehr, dass sie schrecklich und unmoralisch sind.
    Auch wenn sie wahr wären, wäre Hitchens weiterhin Religionskritiker. Er zeigt nicht nur, dass es idiotisch ist, religiöse Wunschvorstellungen zu haben. Er zeigt, dass der monotheistische Gott die schrecklichste vorstellbare Gestalt wäre. Er wäre ein Vater, der einen nie erwachsen werden lässt. Der Himmel wäre eine Steigerung von Nordkorea, ein totalitärer Ort, dem man nichtmal durch den Tod entkommen könnte.

  6. […] hatte ja im Februar bereits eine positive Rezension von Michael Schmidt-Salomons Buch „Keine Macht den Doofen!“ […]

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