Fragen an die Staatsanwaltschaft Konstanz

22. Juli 2010

Die folgende E-Mail habe ich heute (22.07.2010 07:07 Uhr MESZ) an die Staatsanwaltschaft Konstanz geschickt:

Sehr […] geehrte Damen und Herren,

wie Ihnen bekannt ist, habe ich in den vergangenen Wochen für mein Blog in der Angelegenheit Birnau recherchiert und dabei der Staatsanwaltschaft – auf Anregung von Dr. [H.] – auch meine Rechercheergebnisse und die Stellungnahmen von Thomas P. Doyle zukommen lassen.

Ich hoffe, daher, dass Sie mir folgende Fragen beantworten, die sich auf Ihre gestrige Pressemitteilung zur Einstellung des Erfahrens gegen Erzbischof Dr. Robert Zollitsch beziehen:

1. Ist die Staatsanwaltschaft in irgendeiner Weise „aktiv“ geworden, um den Sachverhalt zu klären?

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Liebes Ordinariat Freiburg!

21. Juli 2010

Ich freue mich über Ihr Interesse an meinen Seiten.

Ich möchte Ihnen noch den Ketzerpodcast ans Herz legen, insbesondere Folge 11, wo ich einen persönlichen Gruß an Robert Eberle richte.

Die Folge kann hier direkt angehört werden:

Der Podcast kann hier abonniert werden.


Wie Zollitsch und sein Ordinariat die Öffentlichkeit täuschen

20. Juli 2010

An dem gestrigen Beitrag von Report  MainzDie katholische Kirche und die Wahrheit“ wurde wieder sehr schön deutlich, wie das Bistum Freiburg mit ausgeklügelten Formulierungen die Öffentlichkeit täuscht.

In dem Beitrag heißt es: „Erst 1995 habe die Erzdiözese von einem Missbrauchsopfer erfahren“.

Diesen Eindruck haben Erzbischof Zollitsch und sein Ordinariat zwar erweckt – sie haben das aber nie tatsächlich so gesagt. Das Ordinariat Freiburg weiß nämlich (aus Erfahrung), dass – wenn es nur geschickt genug formuliert – es gar nicht selbst zu lügen braucht: Solange die Medien nämlich die Formulierungen des Ordinariats in dem beabsichtigten Sinn missverstehen und dann ihrerseits – unwissend – die Unwahrheit als Tatsachendarstellung verbreiten.

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Report Mainz: Neue Vertuschungsvorwürfe gegen Erzbischof Zollitsch (19.07.2010)

20. Juli 2010

Die katholische Kirche und die Wahrheit – Sendung vom Montag, 19.7.2010 | 21.45 Uhr | Das Erste

Wie angekündigt, berichtete Report Mainz gestern Abend von neuen Vorwürfen gegen Erzbischof Zollitsch, der auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist.

Dabei zeigt der Report-Beitrag von Ulrich Neumann und Gottlob Schober, dass vieles von dem, was – nach dem ersten „Report“-Beitrag über die Missbrauchsfälle in Oberharmersbach – im März von der Diözese verkündet wurde, sich heute als falsch herausstellt:

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Neues zur Kathpress-Meldung (war: „Verleumde nur dreist, etwas bleibt immer hängen“)

26. Juni 2010

Meine in den letzten Tagen hier geäußerte Vermutung, dass die diffamierende Kathpress-Meldung in ihrer ursprünglichen Form von der Abtei Mehrerau (bzw. Abt Anselm oder Harald Schiffl) an die Presse geschickt wurde, ist offenbar falsch.

In den letzten Tagen hatte ich über eine diffamierende Pressemeldung von Kathpress berichtet und darüber, dass diese Meldung zunächst geändert, dann zurückgezogen wurde.

Ich weiß, dass das Opfer massiv interveniert hat – zugleich hat wohl auch die Abtei Mehrerau auf eine Korrektur hingewirkt, möglicherweise auch auf die Löschung. 

Die Löschung der Meldung ändert natürlich nichts daran, dass irgend jemand die diffamierenden Aussagen in die Welt gesetzt hat – entweder in Mehrerau oder bei Kathpress!

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Hintergründe zur Anzeige gegen Zollitsch

6. Juni 2010

Die Staatsanwaltschaft Konstanz will heute (Montag) entscheiden, ob sie die Ermittlungen gegen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Freiburger Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, übernimmt.

Aus diesem Anlass der Hinweis, dass auf der Website des Anzeigestellers – eines Missbrauchsopfers – eine ausführliche Darstellung zu dem Fall sowie Auszüge und Hintergründe zu der Strafanzeige zu finden sind.

Das Opfer weiß offenbar, was es tut.

Zunächst stellt man fest, dass nach Darstellung des Opfers die Presseerklärungen der Erzdiözese Freiburg tatsächlich voller Lügen sind (alle Hervorhebungen im Folgenden sind von mir, Schreibweisen z.T. zwecks besserer Lesbarkeit geändert):

Auf der Internetseite des Erzbistums Freiburg werden weiter Lügen verbreitet. Jetzt behauptet die Erzdiözese sogar [hier]

„Der Strafantrag wurde nicht nur der Staatsanwaltschaft, sondern auch Journalisten zugeleitet – in der erkennbaren Absicht, mit dem sensationsheischend formulierten Vorwurf der „Beihilfe zum sexuellen Missbrauch“ gegen einen Erzbischof Medieninteresse zu provozieren.“

Das ist eine schamlose Lüge und Unterstellung !!!

Richtig ist, dass ich eine Kopie der Anzeige an die Presse weiter leitete, aber erst auf Nachfrage und mit zu dem Zweck, dass über die von mir erhobenen Vorwürfe wahrheitsgemäß berichtet wird.

Manche mir in der Presse in den Mund gelegte Behauptung habe ich nicht erhoben!

[…]

Die Anzeige hat Erzbischof Zollitsch selbst herausgefordert, indem er

1. kein Schreiben beantwortete

2. die Diözese wahrheitswidrige und die Tatsachen entstellende Darstellungen in Interviews und auf der Homepage macht

3. Eine Richtigstellung, zu der ich Freiburg aufforderte, nicht erfolgte

4. Eine daraufhin beantragte Gegendarstellung nicht veröffentlicht wurde.

Somit blieb mir nur noch der Klageweg. Deshalb habe ich Strafanzeige wegen Verleumdung gegen die Diözese Freiburg und die Verantwortlichen, allen voran Dr. Fridolin Keck, erstattet.

Die Erzdiözese hat sogar die Unverfrorenheit, in den aktuellen Stellungnahmen, erneut auf die bewusst wahrheitswidrige Darstellung zu verweisen.

Damit macht sich Dr. Robert Zollitsch und seine Diözese Freiburg weiterhin unglaubwürdig.

Zum Hintergrund der Anzeige schreibt das Opfer:

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Freiburger Echo-Kammer

6. Juni 2010

Das Erzbistum Freiburg bringt auf seiner Website jetzt einen Artikel mit der Überschrift „Medien: Vorwurf gegen Erzbischof ist ‚Luftnummer‘“:

Der Vorwurf der „Beihilfe zum Missbrauch“ gegen Erzbischof Robert Zollitsch ist eine „Luftnummer“. Das schreiben inzwischen auch Journalisten, die gewissenhaft arbeiten und sich nicht instrumentalisieren lassen […]

Dabei betont Abt Anselm, dass Erzbischof Zollitsch mit Entscheidungen und Vorgängen im Priorat Birnau „sicher nichts zu hatte“.

Gewissenhaft arbeitenden Journalisten ist dies bei sorgfältiger Recherche inzwischen deutlich geworden. So schreibt die Badische Zeitung: „Der Vorwurf der Beihilfe zum Missbrauch ist eine Luftnummer (…). Selten wurde eine Anschuldigung so schnell aus der Welt geschafft wie die, der frühere Personalreferent Robert Zollitsch habe 1987 veranlasst, dass ein pädophiler Zisterzienserpater in Birnau ein zweites Mal angestellt wurde: Eine solche Anstellung hat es nicht gegeben. Die Erzdiözese war für das Birnauer Kloster auch gar nicht zuständig.“ Ähnlich kommentiert die Südwestpresse: „Es klingt wie eine Sensation: Gegen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, wird wegen Beihilfe zum sexuellem Missbrauch von Kindern ermittelt. Doch es ist eine Luftnummer. Dem Freiburger Erzbischof werden Personalentscheidungen zur Last gelegt, die schon formal nicht in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen sind.“

Mal abgesehen davon, dass die Badische Zeitung als überregionale Zeitung mit christlicher Grundlage gegründet wurde und sich als unabhängige, überparteiliche Tageszeitung mit christlicher Grundhaltung versteht:

Beide Artikel geben in dieser Hinsicht lediglich die Informationen wieder, die sich auf der Bistums-Website befinden. (Sogenannte „Echo-Kammer“: Beide Seiten reflektieren jeweils lediglich die Informationen von der anderen Seite.) Dabei haben die dem Erzbistum Freiburg zufolge „gewissenhaft arbeitenden Journalisten“ die kirchliche Darstellung allerdings offenbar unkritisch übernommen:

Erstens: Wie ich gestern dargestellt habe (Zollitschs laxer Umgang mit der Wahrheit), kommt es durchaus vor, dass Institutionen, die nicht in den offiziellen Verantwortungsbereich eines Bistums fallen, sich mit dem Bistum beim Personaleinsatz abstimmen.

Zweitens: Die Badische Zeitung hatte selbst am 22. April 2010 in dem Artikel einer anderen Journalistin (Missbrauchskandal: Die Rückkehr des Paters) berichtet, dass das Opfer vom Bistum Freiburg am 23.03.2010 zunächst die Auskunft erhielt:

„Pater Gregor M. hat die Abtei Birnau 1968 verlassen und hielt sich seither nicht mehr in der Erzdiözese Freiburg und nicht mehr in Deutschland auf“

Diese Aussage klingt nicht so, als ob das Erzbistum Freiburg im Unklaren über das in Birnau eingesetzte Personal sei. Erst als das Opfer antwortete, dass es die Aussage eines Freundes habe, derzufolge der fragliche Pater 1988 dessen Kind in der Wallfahrtskirche Birnau getauft habe, kam vom Zollitschs Erzbistum folgende Antwort:

„In der Akte Birnau ist Pater Gregor für die von Ihnen benannten Jahre nicht nachweisbar. (…) In den Personalschematismen der Jahre 1989 bis 1995 ist Pater G. aufgeführt. Meine Aussage war also falsch. Die falsche Aussage entsprang nicht meiner Absicht, sondern den Angaben der Registratur. Die falsche Aussage bedauere ich, und ich bitte um Entschuldigung.“

Das klingt, als ob es in der Registratur des Erzbistums tatsächlich eine „Akte Birnau“ (s.o.) gibt. Außerdem war Pater Gregor von 1989 bis 1995 offenbar in den kirchlichen Personalverzeichnissen (Schematismen) aufgeführt. Die Darstellung des Erzbistums versucht aber gerade mit dem Hinweis auf die fehlende offizielle Zuständigkeit den Eindruck zu erwecken, Zollitsch könne von den Vorwürfen und dem Einsatz des Paters nichts gewusst haben.

Aus meiner Sicht lässt es journalistische Sorgfalt vermissen, wenn angesichts dieser Umstände einfach die Darstellung des Erzbistums inhaltlich übernommen wird und gemeldet wird:

„Selten wurde eine Anschuldigung so schnell aus der Welt geschafft wie die, der frühere Personalreferent Robert Zollitsch habe 1987 veranlasst, dass ein pädophiler Zisterzienserpater in Birnau ein zweites Mal angestellt wurde: Eine solche Anstellung hat es nicht gegeben. Die Erzdiözese war für das Birnauer Kloster auch gar nicht zuständig.“

Wie dargestellt, steht – durch das Erzbistum Freiburg bestätigt – fest, dass der betreffende Pater wieder in Birnau tätig war. Gemeint ist, dass – nach Darstellung des Erzbistums – der Pater während dieser Zeit nicht im kirchenrechtlichen Verantwortungsbereich des Erzbistums, sondern des Zisterzienserordens eingesetzt war. Richtig ist, dass Zollitsch diese Anstellung kaum „veranlasst“ haben dürfte, und fraglich ist, ob Zollitsch während seiner Zeit als Personalreferent des Erzbistums vom Einsatz des Paters und dessen pädophilen Neigungen wusste. (Der Vorwurf des Opfers geht auch eher dahin, dass Zollitsch davon hätte wissen können und müssen.) Beim Nachbarbistum Basel waren die Vorwürfe gegen Pater Gregor jedenfalls dokumentiert:

In seinem Archiv hat das Schweizer Bistum Basel Teile der Vorgeschichte des Paters gefunden, der unter anderem im Vorarlberger Kloster Mehrerau Minderjährige sexuell missbraucht haben soll. Die Verantwortlichen im Bistum waren demnach informiert über die Missbrauchsvorwürfe aus Deutschland und Österreich – und stellten ihn trotzdem an.

Und der Pater tauchte auch schon während Zollitschs Zeit als Personalreferent (1983-2003) jahrelang in den Personalverzeichnissen auf und hat offenbar Taufen (mindestens eine) vorgenommen.

Es verwundert, dass Journalisten die Verteidigung „nicht zuständig“ immer noch so leicht akzeptieren. Schließlich ist es gerade mal zwei Monate her, dass Bischof Mixa im Interview mit der BILD-Zeitung erklärte:

„Ich war von 1975 bis 1996 Stadtpfarrer von Schrobenhausen und war nie als Erzieher für das Kinderheim zuständig.“


Bistum Freiburg: „Der Wunsch des Opfers“…

5. Juni 2010

Der Generalvikar des Bistums Freiburg erklärte am 22. März dieses Jahres, das Erzbistum habe 2006 „den Wunsch des Opfers respektiert, nicht die Staatsanwaltschaft einzuschalten“. Das Opfer stellt die Sache etwas anders dar.

Zu dem Missbrauchsfall Birnau („Fall“ meint hier: ein Opfer, aber mindestens 30 bis 50 Missbräuche) erklärte der Generalvikar der Erzdiözese Freiburg, Dr. Fridolin Keck, am 22.03.2010:

„Uns ist in Birnau nur ein Missbrauchsfall bekannt: Ende 2006 hat uns darüber ein Mann informiert. […] Wir haben Hilfe und Gespräche angeboten. […] Wir haben den Wunsch des Opfers respektiert, nicht die Staatsanwaltschaft einzuschalten.“

Mittlerweile habe ich im Internet die Website des Opfers gefunden, und dort hört sich der Sachverhalt ganz anders an (Hervorhebung von mir):

12/2006: Ich informierte die Erzdiözese Freiburg und die Abtei Mehrerau von den Übergriffen auf mich. Ich wies schon damals darauf hin, dass ich den Verdacht habe, dass weitere Kinder/Ministranten Opfer dieses Pädophilen sein könnten.

Ausser diesem Telefongespräch wurde ich nicht über den Ausgang der Ermittlungen informiert und bekam keine konkreten persönlichen Hilfsangebote. Den Verzicht auf eine staatsanwaltschaftliche Anzeige erreichte man, indem man mich „über den Tisch zog“ und mir vorgaukelte, dass man Nachforschungen anstellen würde und man mir verschwieg, dass

a) der Kirche bereits weitere Übergriffe des Täters bekannt und dokumentiert waren

b) der Täter ein weiteres Mal in Deutschland, zudem in Birnau aktiv war – und das zu einer Zeit, die noch nicht verjährt war.

Inwieweit sich die beiden letzten Punkte auch gegen das Erzbistum Freiburg richten, kann ich nicht sagen. Der Abtei müssten aber weitere Missbrauchsfälle bekannt gewesen sein:

In seinem Archiv hat das Schweizer Bistum Basel Teile der Vorgeschichte des Paters gefunden, der unter anderem im Vorarlberger Kloster Mehrerau Minderjährige sexuell missbraucht haben soll. Die Verantwortlichen im Bistum waren demnach informiert über die Missbrauchsvorwürfe aus Deutschland und Österreich – und stellten ihn trotzdem an.

Der Pater war von 1971 bis 1987 im Bistum Basel tätig. […] Als der Pater in ihren Dienst übernommen wurde, „wussten die Verantwortlichen des Bistums Basel offenbar, dass er die vorherigen Einsatzorte wegen unerlaubter sexueller Handlungen hatte verlassen müssen“, teilte das Bistum am Freitag mit. [Vorarlberg Online, 19.03.2010]

Da Missbrauchsvorwürfe aus Deutschland und Österreich erwähnt werden, muss es also (neben Birnau, Deutschland) mindestens einen weiteren Fall gegeben haben. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass die Abtei, der der Pater angehörte, davon nichts gewusst haben soll. Der jetzige Abt (der erst seit einem Jahr im Amt ist und damit für die Vorgänge 2006 nicht verantwortlich) hat ja bereits eingestanden, dass „auch in unserer Gemeinschaft in der Vergangenheit leider ein nicht adäquater Umgang mit Tätern und Opfern sexuellen Missbrauchs gepflegt wurde“.

Ob man sich beim Erzbistum Freiburg darüber im Klaren war, dass ein pädosexueller Pater wieder in dem Kloster eingesetzt war (für welches der Erzbischof kirchenrechtlich nicht zuständig ist, wie wir ja während der letzten Tage hinreichend oft hören und lesen durften), vermag ich nicht zu sagen. Mittlerweile hat das erzbischöfliche Ordinariat ja Personalverzeichnisse (sog. Schematismen) gefunden, aus denen hervorgehen soll, dass Pater G. von 1989 bis 1995 wieder im Einzugsgebiet des Erzbistums (wenn auch nicht in dessen Auftrag) tätig war. Ob dies dem Bistum bereits 2006 bekannt war, ist fraglich – die Abtei, die das Opfer 2006 ja ebenfalls kontaktiert hat,  müsste allerdings über den damaligen Einsatz ihres Paters in Birnau Kenntnis gehabt haben.

Mag sein, dass die Vorwürfe in erster Linie die Abtei treffen und nicht das Erzbistum. Aber mal angenommen, die Darstellung des Opfers ist korrekt – und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln: Ist es dann wirklich vertretbar, zu erklären, man habe damals „den Wunsch des Opfers respektiert, nicht die Staatsanwaltschaft einzuschalten“?

Man hat eher den Eindruck, dass es der Wunsch des Bistums bzw. der Abtei war, die Staatsanwaltschaft nicht einzuschalten, und dass das Opfer durch Versprechungen von einer Anzeige abgebracht wurde.

Der pädophile Pater kann übrigens nicht befragt werden: Er ist untergetaucht. (Stand: 28.03.2010)


Was wusste das Bistum Freiburg?

5. Juni 2010

Hier noch mal knapp zwei wesentliche Rechercheergebnisse zum Dementi des Bistums Freiburg:

Wann erfuhr das Bistum von dem Missbrauch?

Im Dementi heißt es:

Die Vorwürfe gegen Erzbischof Dr. Robert Zollitsch treffen nicht zu, weil

1. der Erzdiözese Freiburg erst seit Ende 2006 bekannt war, dass es in den 60er Jahren zumindest einen Fall von sexuellem Missbrauch bei der Wallfahrts- und Klosterkirche Birnau gab

Hintergrund: 2006 informierte das Missbrauchsopfer nach einer Therapie das Bistum Freiburg und bat um eine Aussprache mit dem Täter. Die Tat war zu dieser Zeit bereits verjährt:

„Uns ist in Birnau nur ein Missbrauchsfall bekannt: Ende 2006 hat uns darüber ein Mann informiert. Die Tatzeit war in der ersten Hälfte der 60er Jahre – liegt also etwa 40 Jahre zurück. Wir haben Hilfe und Gespräche angeboten. Das Opfer, das sich bei uns gemeldet hatte, forderte eine Aussprache mit dem beschuldigten Pater, der sich bei ihm entschuldigen sollte. Diese Aussprache und Entschuldigung ist erfolgt. (Bistum Freiburg, 22.03.2010)

Ab 2006 kann das Bistum die Kenntnis über den Missbrauchsfall also nicht abstreiten. Die Frage ist: Wusste man beim Bistum schon viel früher davon?

Es fällt auf, dass beim Nachbarbistum Basel (Schweiz), in das der Täter 1971 versetzt wurde, der Missbrauch offenbar bekannt war:

Das Bistum Basel hatte den Pater 1971 eingestellt, obwohl die sexuellen Übergriffe in Birnau und in der Klosterschule Mehrerau [Anm: in Österreich] bekannt waren.

„Aus heutiger Sicht ist dies eine unvertretbare Fehleinschätzung“, sagt ein Sprecher des Basler Bistums. „Ein entsprechendes Beziehungsnetz, der Missbrauch von Autorität oder direkte Vertuschung machten es möglich.“ (Südwest Presse, 22.04.2010)

Der Darstellung des Erzbistums Freiburg zufolge müsste man also beim Bistum Basel Bescheid gewusst haben, beim Erzbistum Freiburg, für das der Täter während der Tatzeit tätig war, aber nicht…

An dieser Stelle ist anzumerken, dass der Missbrauch und der Wechsel des Täters nach Basel lange vor Zollitschs Ära als Personalreferent (1983-2003) stattfanden. Zollitsch hätte also nur durch andere von den Vorgängen Kenntnis erhalten können. Ob darüber etwas in den offiziellen Akten (und in Klartext) stand, erscheint fraglich – vielleicht erfährt man vom Bistum Basel ja noch Näheres, wie damals mit solchen Fällen umgegangen wurde.

Hatte das Bistum Informationen über die erneute Tätigkeit des Täters im Bistumsgebiet?

Im Dementi heißt es:

2. Dr. Zollitsch als damals zuständiger Personalreferent der Erzdiözese keinesfalls 1987 eine erneute „Anstellung dieses Paters“ in Birnau veranlasst hat: Eine weitere Anstellung beim Erzbistum Freiburg hat es nicht gegeben – wenngleich es Hinweise darauf gibt, dass der beschuldigte Pater erneut zur Klostergemeinschaft des Zisterzienserordens in Birnau gehörte. Deren Zusammensetzung wird vom Abt des Ordens eigenständig geregelt (Erläuterung – s.u.).   

Der frühere Personalreferent Zollitsch hat also

a) weder von den Vorwürfen aus den 60er Jahren

b) noch von einem erneuten Einsatz dieses Paters gewusst

c) und einen solchen Einsatz schon gar nicht veranlasst.

Domkapitular Dr. Eugen Maier vom Ordinariat Freiburg teilte dem Opfer am 9. April 2010 per E-Mail mit:

In den Personalschematismen der Jahre 1989 bis 1995 ist Pater G. aufgeführt. (Südwest Presse, 22.04.2010)

Ein Schematismus ist das Personalverzeichnis eines  Bistums oder Ordens (eine Art Telefon- und Adressverzeichnis). Es ist nicht ganz klar, ob sich die Auskunft auf den Schematismus der Erzdiözese Freiburg bezieht oder auf den des Ordens. Jedenfalls scheint das Erzbistum Zugriff auf diese Informationen zu haben, was nahelegt, dass die Information, dass Pater G. wieder in Birnau war, im Personalbereich unter Zollitsch (1983-2003) durchaus vorhanden war.

Zwar werden die Informationen für den Schematismus von den jeweiligen Einrichtungen an das Erzbistum gemeldet, und man kann nicht erwarten, dass diese Meldungen damals nach sexuell auffällig gewordenen Personen durchforscht worden wären. Aber wenn der Täter sieben Jahre lang in den Schematismen aufgeführt war, im Dementi lediglich von „Hinweisen“ zu sprechen, dass der Täter erneut in Birnau war, erscheint doch sehr vage.

Das Erzbistum Freiburg bedient sich offenbar dieser vagen Formulierung, weil es ja im Anschluss erklärt, Zollitsch habe nichts vom erneuten Einsatz des Paters (im Kloster Birnau) gewusst.

„Sensationsheischende Vorwürfe“

Gegen Ende ihres Dementis schreibt die Erzdiözese:

Der Strafantrag wurde nicht nur der Staatsanwaltschaft, sondern auch Journalisten zugeleitet – in der erkennbaren Absicht, mit dem sensationsheischend formulierten Vorwurf der „Beihilfe zum sexuellen Missbrauch“ gegen einen Erzbischof Medieninteresse zu provozieren.

Das mag richtig sein – verdenken kann man es dem Opfer allerdings kaum: 2006 hatte das Opfer noch von einer Anzeige abgesehen – offenbar in der Hoffnung, dass der Täter zumindest aus der Seelsorge entfernt würde. Das Bistum Freiburg gab sich mit einer entsprechenden Aufforderung an den damaligen Abt des Ordens zufrieden. Der Täter war allerdings noch bis März dieses Jahres in der Schweiz als Seelsorger tätig – bis einige Opfer drohten, in der Gemeinde des Täters vor dem Gottesdienst zu demonstrieren: „Hier zelebriert ein Kinderschänder.“ (Blick.ch, 18.03.210; Südwest Presse, 22.04.2010)


Zollitschs laxer Umgang mit der Wahrheit

4. Juni 2010

Die Verteidigung von Zollitsch sieht genau so aus, wie man es erwarten würde, wenn an den Vorwürfen etwas dran ist.

UPDATES am Ende des Artikels

Ich kann nicht beurteilen, ob der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, sich strafbar gemacht hat, indem er die Wiederanstellung eines als pädosexuellen Paters verantwortet (oder nicht verhindert) haben soll.

Was ich allerdings beurteilen kann, ist der Umgang mit der Wahrheit, den Zollitsch, die Deutsche Bischofskonferenz und Zollitschs Bistum Freiburg bisher an den Tag gelegt haben, wenn es um das Thema Missbrauch ging:

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