An: Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz; Erzbistum Berlin
Betreff: Forderung nach christlichen Räumen im Flughafen
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Interesse habe ich über Ihre Forderung nach einem christlichen Andachtsraum mit zwei (!) Räumen (offenbar einer „katholisch“, einer „evangelisch“) für seelsorgerliche Gespräche im neuen Flughafen Berlin Brandenburg gelesen und darüber auch auf meinem Blog atheismus.de berichtet.
Der Plan des Flughafenmanagements, einen religiös neutralen „Raum der Stille“ einzurichten, der Angehörigen aller Religionsgemeinschaften zur Verfügung steht, halte ich für überzeugend. Würde man den christlichen (Groß-)Kirchen hier eine „Extrawurst“ zugestehen, müsste man dies im Prinzip auch allen anderen Religionsgesellschaften gewähren. Das Management hat Recht, wenn es darauf hinweist, dass die Reisenden ja allen möglichen Religionsgemeinschaften angehören können.
Ein Gebetsraum – das scheint auch eine kurze Recherche im Internet zu zeigen – dürfte zudem vor allem von Muslimen genutzt werden, da diese angehalten sind, fünfmal am Tag zu bestimmten Zeiten zu beten. Dies würde ebenfalls gegen eine christliche Gestaltung des Raumes sprechen. Vielmehr sollte selbst ein neutraler Raum einen Hinweis auf die Gebetsrichtung nach Mekka beinhalten, wie er sich z.B. auch in manchen Hotels findet.
Mir ist allerdings nicht ganz klar, wie Sie (die Kirchen) Ihre Forderung überhaupt begründen. Ich lese von dem Verweis darauf, dass dies auch an anderen internationalen Flughäfen so gehandhabt werde. Der bloße Verweis auf bestehende Praxis kann aber m.E. in Anbetracht der demografischen Veränderungen in Deutschland und gerade auch der demografischen Verhältnisse in Berlin und Brandenburg nicht überzeugen. Die Mitglieder der Evangelischen Kirche in Berlin und Brandenburg machen weniger als 20 Prozent der Bevölkerung aus, und der Anteil der Katholiken bewegt sich im einstelligen Bereich. Wie können Sie erwarten, im Flughafen zu „Gastgebern“ gemacht zu werden?
Zudem stellt sich die Frage: Wenn die Kirchen sich schon dagegen wehren, in einem neutralen Raum tätig zu werden, wie können sie da von Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften erwarten, sich als „Gast“ in einem ausdrücklich christlich gestalteten Raum willkommen zu fühlen? Wenn Sie getrennte Räume für die evangelischen und katholischen Seelsorger fordern, wie können Sie erwarten, dass sich Andersgläubige mit christlichen Räumlichkeiten abfinden?
Ich nehme an, Sie glauben, dass Ihre seelsorgerliche Arbeit auf Flughäfen Ihnen einen speziellen Anspruch verschafft. Wenn aber die christliche Ausgestaltung des Raumes zur Bedingung für die Flughafenseelsorge gemacht wird, dann darf man wohl schlussfolgern, dass es den Kirchen bei dieser Arbeit weniger um die Bedürfnisse der Reisenden geht als um die damit verbundene Werbewirksamkeit.
Über eine Antwort würde ich mich freuen und ich würde Ihre Darstellung auch auf meinem Blog veröffentlichen.
Ebenfalls willkommen wären allgemeine Informationen zur Flughafenseelsorge.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Krause
Update: Die Antwort des Erzbischöflichen Ordinariats Berlin
Update: Die Antwort der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
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