Salzgitter: Ein Stück aus dem Lehrbuch

23. Juli 2011

Weihbischof Bongartz: "Es gab keinen Verdacht auf sexuellen Missbrauch." – Warnzeichen für die Pädophilie von Pfarrer Andreas L. aber schon.

In Salzgitter im Bistum Hildesheim kommt derzeit mal wieder ein Fall ans Licht, der das Vorgehen der katholischen Kirche beim Verdacht auf Pädophilie lehrbuchmäßig aufzeigt.

Priester, denen „offiziell“ Pädophilie bestätigt wurde, sind für die katholische Kirche teuer: Sie müssen nämlich weiter bezahlt werden, können aber nicht mehr auf normalen Pfarrstellen eingesetzt werden: (Noch dazu in Zeiten des Priestermangels.) Außerdem muss ggf. noch die Therapie bezahlt werden.

Es besteht also ein Anreiz für die kirchlichen Verantwortlichen, auffällige Priester, soweit irgend möglich, nicht als „pädophil“ einzustufen. In diesem Zusammenhang wurde in der katholischen Kirche bisher so verfahren:

Statt dem Kriterium „Pädophilie“ wird das – enger gefasste! – Kriterium des „sexuellen Missbrauchs“ angelegt. Dieser ist strafbar und macht sich an (eindeutig) sexuellen Handlungen fest. Manfred Lütz, Berater der deutschen Bischöfe in Sachen Missbrauch, hat dies ja letztes Jahr quasi in eigener Sache selbst deutlich gemacht. Folgende Beispielfälle kommen mir sofort in den Sinn:

Pater G. aus Ettal (2005)

2005 hatten sich Schüler im Internat Ettal beschwert, dass Pater G. einen von ihnen unter dem T-Shirt gestreichelt hatte – angeblich, um den weinenden Schüler zu trösten. Auf Lütz‘ Anraten hin erstellte Prof. Friedemann Pfäfflin ein Gutachten, das dem Pater – Lütz zufolge – „Heterosexualität“ bescheinigte. Lütz:

Das Gutachten war eindeutig: Es lag noch nicht einmal der Verdacht auf sexuellen Missbrauch vor, keine Pädophilie, auch sonst keine Diagnose und daher keine Notwendigkeit für eine Therapie. Pater G. habe seine Probleme mit Nähe und Distanz bereits gut reflektiert und könne in der Seelsorge, sogar langfristig in der Jugendarbeit, selbst ohne Teameinbindung eingesetzt werden.

Lütz zitiert Prof. Pfäfflin mit den Worten:

„Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs war damals von keiner Seite erhoben worden. Auch bei der Begutachtung durch mich fanden sich diesbezüglich keine Anhaltspunkte. Das in Ihrem Fax von gestern geschilderte Vorgehen halte ich, um Ihre Frage zu beantworten, für angemessen und in Übereinstimmung mit den Vorschlägen in meinem Gutachten.“

Diesen Januar wurde gegen Pater G. Anklage erhoben:

Die Vorwürfe gegen Pater G. sind inzwischen so verdichtet, dass die Münchner Justiz Anklage gegen den Mönch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern erhob. Wie es heißt, habe er unter anderem einen 13 Jahren alten Schüler in Ettal gestreichelt.

Zu derartigen Vorwürfen hatte Lütz letztes Jahr geschrieben:

[Es] ist neuerdings von zwei Schülern behauptet worden, zwei andere Schüler seien von Pater G. unter der Unterhose an den Genitalien berührt worden. Da der Ermittler zugleich mitteilte, dass Pater G. ausweislich des Gutachtens heterosexuell sei, erscheint allein deshalb die Beschuldigung nicht wahrscheinlich. [Hervorhebung von mir.]

Pfarrer Georg K. aus Willingen bzw. Lobberich (~2004)

Über Pfarrer Georg K. wurde berichtet:

In seinen Gemeinden am Niederrhein war K. diverse Male aufgefallen, weil er allein mit Minderjährigen auf Reisen ging, minderjährige Ministranten in seine private Sauna und zu Festen ins Pfarrhaus geladen oder zum gemeinsamen Duschen aufgefordert hatte. 2004 wäre es beinahe zum öffentlichen Eklat gekommen, als K. sein jugendliches Patenkind während einer Feier derart intensiv gestreichelt hatte, dass einige Teilnehmer der Feier sich über den Pfarrer beschwerten.

Der Pfarrgemeinderat von K.s damaliger Pfarre will sich daran erinnern, die Bistumszentrale in Aachen über die Besuche der Ministranten in der Pfarrhaussauna informiert zu haben. Josef Heinrichs jedoch, Sprecher des Bistums, erklärte am Freitag auf Anfrage dieser Zeitung, in Bezug auf Pfarrer K. habe man lediglich einen anonymen Hinweis erhalten, und zwar 2003. «Aber anonymen Hinweisen kann man nicht nachgehen», erklärte Heinrichs. [Hervorhebungen von mir.]

Georg K. wird mittlerweile in Südafrika wegen Kindesmissbrauch der Prozess gemacht – 2007 hatte er dort die deutsche Gemeinde in Johannesburg übernommen. Auch die Krefelder Staatsanwaltschaft hat kürzlich einen internationalen Haftbefehl gegen K. erwirkt. Sie wirft ihm sexuellen Missbrauch in 37 Fällen vor.

Interessant wäre in diesem Fall, zu erfahren, ob Prof. Norbert Leygraf – der jetzt auch die von den deutschen Bischöfen in Auftrag gegebene Untersuchung „Sexuelle Übergriffe durch Geistliche in der katholischen Kirche Deutschlands – Analyse psychiatrisch-psychologischer Gutachten“ leitet, Georg K. begutachtet hat. Jedenfalls erwähnte Prof. Leygraf letztes Jahr auf einer Pressekonferenz, dass er einen Geistlichen begutachtet hat, bei dem Saunabesuche mit Jugendlichen Misstrauen erregt hatten – und in diesem Fall offenbar keine strafrechtliche Relevanz festgestellt hat. Prof. Leygraf begutachtet seit 2003 auffällig gewordene Priester für die katholische Kirche, und die Pfarrei von Georg K. ist keine Autostunde von Leygrafs Institut entfernt.

Pfarrer Andreas L. aus Salzgitter-Lebenstedt (2006)

Andreas L. hatte zweimal mit einem Jungen zusammen in einem Bett übernachtet. Nachdem sich die Eltern beschwert hatten, verboten seine Vorgesetzten ihm den Kontakt mit dem Jungen. Auch nachdem L. kürzlich gegen das Kontaktverbot verstoßen hatte, sah man beim Bistum Hildesheim offenbar keinen Grund, L. nicht mit einer Jugendgruppe nach Taizé (Frankreich) fahren zu lassen. Weihbischof Bongartz wies in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hin, dass es keine Beschuldigung sexuellen Missbrauchs gegeben habe:

„Zunächst ist es so, dass wir in den vergangenen Jahren im Kontext dieses Vorgangs mit sexuellem Missbrauch in keiner Weise zunächst erst mal konfrontiert worden sind. Die Frage, ob es sich hier um sexuellen Missbrauch handeln könnte, haben wir im Jahre 2010 noch einmal auch mit der Staatsanwaltschaft abgeklärt, und dort ist uns nochmal auch eindeutig und unmissverständlich versichert worden, dass nach den jetzigen Angaben, die wir damals machen konnten, und den Tatsachen, die uns da bekannt waren, es keinen Grund für einen Anfangsverdacht gibt.

[…] In all diesen Kontexten ist dann allerdings, und das muss ich nochmal ausdrücklich betonen, nie von irgendwelchen sexuellen Übergriffen die Rede gewesen. […]

Es ist so, dass in diesem Fall des mutmaßlichen Opfers es bislang auch seitens der Familie immer auch uns gegenüber geheißen hat, von sexuellem Missbrauch redet man nicht.“

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz im NDR, 19.07.2011

„Aber es hat auch bis vor drei Wochen auch in diesem Gespräch mit eben halt dem Pfarrer hier vor Ort keine Gründe gegeben für uns, sexuellen Missbrauch zu phantasieren und ihm vorzuwerfen. […] Um sicher zu sein, ist das was hier eben halt vorliegt, so zu beurteilen, dass es nicht unter sexuellem Missbrauch eben halt auch firmieren kann. Das ist uns von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden, dass das was dort an Vorkommnissen gewesen ist, was ich so in meiner Funktion als Priester nicht billigen würde, aber nicht ausreicht, um einen Verdacht sexuellen Missbrauchs aufzustellen.“

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz im NDR, 19.07.2011

Es ist natürlich das gute Recht von Weihbischof Bongartz, darauf hinzuweisen, dass dem Pfarrer bisher (Bongartz zufolge) kein strafbares Verhalten vorgeworfen wurde. Das Problem des „sexuellen“ Kriteriums, dass in den oben genannten Fällen angelegt wurde, ist vielmehr, dass Pädophile sich gar nicht „sexuell“ betätigen müssen, um sich zu befriedigen:

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht bei der Pädophilie die primäre sexuelle Ausrichtung auf Kinder. Diese ist nicht zwingend koital ausgeprägt; Pädophile können bereits durch Situationen erregt und befriedigt werden, in denen kein Körperkontakt zu einem Kind besteht. Bei Situationen mit Körperkontakt kann bereits das Berühren des Kindes allein als erregend empfunden werden, ohne dass diese Berührungen im Genitalbereich stattfinden müssen. Der Wunsch nach dem Vollzug des Koitus mit dem Kind scheint bei Pädophilen seltener anzutreffen zu sein.[27]

Neben dem sexuellen Interesse ist bei Pädophilen ein Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu Kindern festzustellen. Viele Pädophile verlieben sich in Kinder und wünschen sich echte wechselseitige Liebesbeziehungen zu Kindern.[30][31] […] Überproportional viele Pädophile arbeiten in entsprechenden Berufen, z. B. als Erzieher oder in der Jugendbetreuung, um Umgang mit Kindern zu haben. [Wikipedia, Hervorhebung von mir.]

Es ist daher völlig verfehlt, wenn die katholische Kirche als Kriterium für ihre Personalentscheidungen die Strafbarkeit heranzieht statt der Hinweise auf Pädophilie.

Im Mai wurde in den USA die von der dortigen Bischofskonferenz beauftragte Studie „The Causes and Context of Sexual Abuse of Minors by Catholic Priests in the United States, 1950-2010“ veröffentlicht. Darin heißt es:

It was common for abusive priests to create opportunities to be alone with minors, for example, during retreats. These men often integrated themselves into the families of the victims. [Executive Summary, S. 5]

Auf Deutsch: “Für Priester, die Minderjährige missbraucht haben, war es gängige Praxis, Gelegenheiten zu schaffen, um mit Minderjährigen allein zu sein – beispielsweise auf ‚Einkehrtagen‘. Diese Männer integrierten sich oft in die Familien der Opfer. Auch später in der Studie werden soziale Kontakte zu den Familien der Opfer als Merkmal straffälliger Priester erwähnt (S. 54). Auf S. 74 heißt es:

Einige Priester entwickelten Beziehungen mit bestimmten Familien in der Gemeinde und entwickelten eine persönliche Verbundenheit mit diesen Familien (z.B. verreisten sie mit ihnen, kamen dort zum Essen, übernachteten dort).

Dieses Wissen und dem Umstand vor Augen, dass das Bistum Hildesheim bereits vor einigen Jahren einen „Beraterstab“ zum sexuellen Missbrauch bildete (dessen Mitglied Weihbischof Bongartz ist), erscheinen die folgenden Ausführungen reichlich naiv, die Bongartz noch vor ein paar Tagen machte:

„Also, diese Hinweise, die dort auch noch mal 2010 an die Staatsanwaltschaft gegeben worden sind, haben sich auf ein freundschaftliches Verhältnis des Pfarrers zu dieser Familie bezogen, das vor 2006 lag. Im Jahre 2006, als es in dieser Familie den Wunsch gab, doch ein distanzierteres Verhältnis zu dem Pfarrer einzunehmen, hat es von unserer Seite aus eine Ansage gegeben an den Pfarrer, dieses Verhältnis nicht mehr weiterhin zu leben. Das ist dann auch erfolgt, und wir haben dem Pfarrer klare Auflagen gemacht, an die er sich auch gehalten hat – bis vor drei Wochen, wo er nochmal versucht hat, mit dem Jungen Kontakt aufzunehmen und wir ihn erneut darauf hingewiesen haben, dass er das zu unterlassen habe.“ [Hervorhebung von mir.]

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz im NDR, 19.07.2011

Mit anderen Worten: Pfarrer Andreas L. hat

  • ein „freundschaftliches Verhältnis“ zu der Familie des Jungen unterhalten
  • regelmäßig Jugendreisen geleitet
  • zweimal mit dem Jungen in einem Bett geschlafen
  • Das Bistum sah sich genötigt, ein Kontaktverbot auszusprechen.
  • Gegen dieses Kontaktverbot hat Pfarrer L. verstoßen.

Trotz dieser deutlichen Warnzeichen weist Bongartz immer nur darauf hin, dass er nichts von „sexuellen“ Übergriffen gewusst habe – und ignoriert das Thema „Pädophilie“ völlig.

Das Problem hierbei ist, dass offenbar der gefährliche Umkehrschluss gezogen wird: Wenn der Beschuldigte nicht straffällig geworden ist (also kein sexueller Übergriff), dann sei er auch ungefährlich. Oder wie anders ist es zu erklären, dass Pater G. bescheinigt wurde, er könne „langfristig in der Jugendarbeit, selbst ohne Teameinbindung eingesetzt werden“ (s.o.)? Dass Georg K. trotz Ministranten in seiner Privatsauna und aufsehenerregenden Streichelns weiter mit Kindern eingesetzt wurde? Dass Prof. Leygraf „Misstrauen erregende Saunabesuche mit Minderjährigen“ offenbar als Beispiel für einen unbegründeten Verdacht brachte? Dass Andreas L. trotz mehrfachen Schlafens im Bett eines Jungen und Verstoß gegen das Kontaktverbot weiter mit Jugendlichen verreisen durfte? Alles übrigens Fälle nach der Verabschiedung der bischöflichen Leitlinien zum sexuellen Missbrauch 2002, der Salzgitter-Fall sogar nach Verabschiedung der überarbeiteten Leitlinien 2010.

Im aktuellen Fall von Andreas L. sagte dazu der Sprecher des Bistums Hildesheim, Dr. Michael Lukas:

So wirkt es zumindest unglücklich, dass der Pfarrer weiter mit Jugendlichen verreisen durfte. „Was hätten wir tun sollen?“, fragt Lukas, „auf welcher Faktenbasis hätten wir ihm das verbieten sollen?“ [SPIEGEL ONLINE]

Das klang freilich letztes Jahr noch ganz anders, als Prof. Leygraf und Dr. Lütz auf einer Pressekonferenz bei der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe den anwesenden Journalisten erklärten, die Leitlinien müssten „offenbar funktionieren“ (Leygraf). Und weiter:

„Der Umgang der Kirche mit diesen Fällen ist doch sehr sorgfältig und fast schon etwas übervorsichtig“, sagt Leygraf.

Und Dr. Lütz erklärte:

Wenn ein Gutachter zum Ergebnis komme, dass von einem Geistlichen keine Gefahr ausgehe, sei der Bischof damit noch nicht aus der Verantwortung entlassen, betont Lütz. „Der Bischof muss strenger sein als das Gutachten.“ Aber er sagt auch: „Das kommt nicht selten vor.“ [Hervorhebung von mir.]

Also: Als letztes Jahr der Kirche vorgeworfen wurde, sie täte nicht genug, um Missbräuche zu verhindern oder aufzuklären, da hieß es, der Umgang der Kirche mit diesen Fällen sei „doch sehr sorgfältig und geradezu übervorsichtig“, und der Bischof müsse „strenger sein als das Gutachten“ – auch, wenn letzteres die Ungefährlichkeit eines Geistlichen bescheinige. Doch dieses Jahr – nach der Verschärfung der bischöflichen Leitlinien – als mal wieder ein mehrfacher Missbrauchsfall ans Licht kommt, da kriegt man gesagt: „Was hätten wir tun sollen?“ und „Auf welcher Faktenbasis hätten wir ihm das verbieten sollen?“ – Seitdem ist eine Woche vergangen, ohne dass die deutschen Bischöfe dem Hildesheimer Bistumssprecher widersprochen hätten.

Die Bischöfe gefährden mit diesem systematischen Wegschauen nicht nur die ihnen anvertrauten Kinder – sie verletzen m.E. auch die Fürsorgepflicht gegenüber den Priestern. Wenn pädophile Priester wissen, dass sie praktisch gefahrlos

  • Kinder unter der Kleidung streicheln,
  • mit Messdienern in die Pfarrhaussauna gehen und
  • mit Kindern im selben Bett schlafen können,

dann ist das so, als würde man einen Alkoholiker als Barkeeper anstellen und ihm sagen, er solle beim Trinken „seine Grenzen kennen“.


Was nun, Erzbischof Zollitsch?

3. August 2010

Die Badische Zeitung meldet heute, dass der pädokriminelle Pater, der in Birnau (Deutschland) und Mehrerau (Österreich) in den 60er Jahren Kinder sexuell missbraucht hat, noch an einem weiteren Ort tätig war, der zuvor verschwiegen wurde: nämlich im Zisterzienserkloster Himmerod in der Eifel bei Trier. Dort soll er auch die Pfarrei Gransdorf betreut haben, die laut Website „schon immer sehr eng mit der Abtei Himmerod verbunden“ gewesen ist. Offenbar eine ganz ähnliche Situation wie in Birnau, wo die dortige Gemeinde seit 1946 ebenfalls von den Patres des Zisterzienser-Priorats betreut wird – in Auftrag des Erzbischofs von Freiburg.

Die Badische Zeitung schreibt:

1971 wurde er mit der Auflage, libidodämpfende Medikamente zu nehmen, in die Schweiz versetzt. Das Bistum Basel hat bestätigt, dass es damals wusste, „dass er die vorherigen Einsatzorte in Deutschland und Österreich wegen unerlaubter sexueller Handlungen hatte verlassen müssen“. Wird der Aufenthalt in Himmerod verschwiegen, weil es auch dort Probleme gab?

Was die Badische Zeitung nicht schreibt: Dieser Aufenthalt passt perfekt in die „Lücken“, die die Erklärungen des Ordinariats Freiburg bisher immer wieder gelassen haben: So wurde erst vor zwei Wochen (anlässlich der Einstellung der Ermittlungsverfahrens gegen Zollitsch) wieder erklärt, das Zollitsch damals nichts von „Vorwürfen aus den 60er Jahren“ gewusst habe – seit Wochen stelle ich hier die Frage: Was ist mit der Zeit danach?

Den Rest des Beitrags lesen »


SPIEGEL: Missbrauchsfall im Zuständigkeitsbereich von Erzbischof Zollitsch wirft Fragen auf

1. August 2010

Dem SPIEGEL (31/2010, S. 37-38) ist aufgefallen, dass der Missbrauchsfall in Birnau im Erzbistum Freiburg Fragen aufwirft, nämlich u.a. diese: „Hat Erzbischof Zollitsch alles für die Aufklärung getan?“ – Skydaddy hat die Antwort auf diese Frage.

Den Rest des Beitrags lesen »


Fragen an die Staatsanwaltschaft Konstanz

22. Juli 2010

Die folgende E-Mail habe ich heute (22.07.2010 07:07 Uhr MESZ) an die Staatsanwaltschaft Konstanz geschickt:

Sehr […] geehrte Damen und Herren,

wie Ihnen bekannt ist, habe ich in den vergangenen Wochen für mein Blog in der Angelegenheit Birnau recherchiert und dabei der Staatsanwaltschaft – auf Anregung von Dr. [H.] – auch meine Rechercheergebnisse und die Stellungnahmen von Thomas P. Doyle zukommen lassen.

Ich hoffe, daher, dass Sie mir folgende Fragen beantworten, die sich auf Ihre gestrige Pressemitteilung zur Einstellung des Erfahrens gegen Erzbischof Dr. Robert Zollitsch beziehen:

1. Ist die Staatsanwaltschaft in irgendeiner Weise „aktiv“ geworden, um den Sachverhalt zu klären?

Den Rest des Beitrags lesen »


Kirchenrechtler widerruft Zollitsch entlastende Erklärung

21. Juli 2010

Die Badische Zeitung online bringt heute zwei ausführliche Artikel (Vorabmeldung, Artikel) zum Thema Zollitsch und Birnau. (Es wird auch ein gewisser „Skydaddy“ erwähnt…)

Ich hatte mehrfach erwähnt, dass gleich nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Erzbischof Zollitsch Anfang Juni zwei Kirchenrechtler aus der Kirchenprovinz Freiburg entlastende Stellungnahmen zugunsten von Zollitsch abgegeben hatten: Prof. Georg Bier (Freiburg) und Prof. Richard Puza (Tübingen).

Nachdem ich letzte Woche das Gutachten des US-Kirchenrechts- und Missbrauchsexperten Thomas P. Doyle erhalten hatte, hatte ich auch zum ersten Mal erwähnt, dass Prof. Bier mir bereits vor vier Wochen auf Anfrage mitgeteilt hatte, meine Rechercheergebnisse seien „nicht leicht zu vereinbaren“ mit seiner damaligen Erklärung, Zollitsch sei für die Seelsorge in der Kloster- und Wallfahrtskirche Birnau „niemals zuständig gewesen, weder als Personalreferent noch als Erzbischof“. Prof. Bier hatte mir damals in seiner Antwort angekündigt, er „werde der Frage daher jetzt noch einmal genauer nachgehen und die Sachlage eingehender prüfen.“ Leider erhielt ich später auch auf Nachfragen hin keine Antwort mehr von ihm.

Er ist der Sache aber tatsächlich nachgegangen, denn heute berichtet die Badische Zeitung:

Der Kirchenrechtler Georg Bier, Professor an der Freiburger Universität, ist im Frühjahr von der Katholischen Nachrichtenagentur KNA und vom Bistum zum Fall zitiert worden. Nach den Recherchen der BZ korrigierte er sich:

„Die Wallfahrtskirche St. Mariä Himmelfahrt liegt im Gebiet der Erzdiözese Freiburg“, auch wenn sie Eigentum des Ordens sei. Zur Seelsorgeeinheit heißt es: „Die Pfarrkuratie gehört zur Erzdiözese Freiburg (. . .), ihr Gebiet ist Teil des Territoriums der Erzdiözese Freiburg. (. . .) Die Seelsorge für die Pfarrkuratie wurde seit der Errichtung im Jahr 1946 den Zisterziensern der Abtei Wettingen-Mehrerau übertragen. Diese Übertragung ist nach can. 520 CIC Sache des zuständigen Erzbischofs, hier also des Erzbischofs von Freiburg. (. . .). Zuständiger Oberhirte für die Gläubigen bleibt der Erzbischof von Freiburg.“

Über den Hintergrund erfährt man in dem anderen BZ-Artikel:

„Anfang Juni habe ich (. . .) die Auskunft gegeben, die Pfarrkuratie Birnau gehöre zur Territorialabtei Wettingen-Mehrerau. Ich habe diese Auskunft auf Grundlage der mir damals vorliegenden Informationen und meines damaligen Kenntnisstandes gegeben. Sie hält einer eingehenden Überprüfung nicht stand. Ich korrigiere sie hiermit“

Hut ab vor Prof. Bier, dass er sich öffentlich selbst korrigiert! Noch dazu, wo er direkt in der „Höhle des Löwen“ (in Freiburg) sitzt!

Ich muss gleich mal Prof. Puza fragen, ob der auch irgendwelchen Korrekturbedarf sieht. Puza hatte zusätzlich noch darauf verwiesen, dass die Zisterzienser ein Orden päpstlichen Rechts seien („Nicht der Bischof vor Ort, sondern der Papst in Rom sei dafür zuständig.“) – was aber nur ordensrechtliche Bedeutung hat und an Zollitschs seelsorgerlicher Zuständigkeit als Diözesanbischof nichts ändert.


Neues zur Kathpress-Meldung (war: „Verleumde nur dreist, etwas bleibt immer hängen“)

26. Juni 2010

Meine in den letzten Tagen hier geäußerte Vermutung, dass die diffamierende Kathpress-Meldung in ihrer ursprünglichen Form von der Abtei Mehrerau (bzw. Abt Anselm oder Harald Schiffl) an die Presse geschickt wurde, ist offenbar falsch.

In den letzten Tagen hatte ich über eine diffamierende Pressemeldung von Kathpress berichtet und darüber, dass diese Meldung zunächst geändert, dann zurückgezogen wurde.

Ich weiß, dass das Opfer massiv interveniert hat – zugleich hat wohl auch die Abtei Mehrerau auf eine Korrektur hingewirkt, möglicherweise auch auf die Löschung. 

Die Löschung der Meldung ändert natürlich nichts daran, dass irgend jemand die diffamierenden Aussagen in die Welt gesetzt hat – entweder in Mehrerau oder bei Kathpress!

Den Rest des Beitrags lesen »


Missbrauch in Mehrerau: Kathpress-Meldung diffamiert Opfer

24. Juni 2010

 

In einer Meldung der österreichischen katholischen Nachrichtenagentur Kathpress wurde offensichtlich versucht, das Opfer dutzender Missbräuche durch einen Pater aus der österreichischen Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau als unkooperativ und uneinsichtig darzustellen und gleichzeitig durch irreführende Formulierungen den ehemaligen Abt zu entlasten. Nachdem die Abtei drei Jahre lang untätig geblieben war, hatte das Opfer schließlich selbst eine Kirchenrechtsklage bei der Glaubenskongregation in Rom eingeleitet. Kathpress hat die Meldung mittlerweile zurückgezogen.

Anmerkung: Zu den damaligen Zuständen in der Mehrerau siehe auch den SPIEGEL-Artikel vom 03.03.2010: „Kindheit in der Klosterschule: Hölle, lebenslang“.

Den Rest des Beitrags lesen »


Freiburger Echo-Kammer

6. Juni 2010

Das Erzbistum Freiburg bringt auf seiner Website jetzt einen Artikel mit der Überschrift „Medien: Vorwurf gegen Erzbischof ist ‚Luftnummer‘“:

Der Vorwurf der „Beihilfe zum Missbrauch“ gegen Erzbischof Robert Zollitsch ist eine „Luftnummer“. Das schreiben inzwischen auch Journalisten, die gewissenhaft arbeiten und sich nicht instrumentalisieren lassen […]

Dabei betont Abt Anselm, dass Erzbischof Zollitsch mit Entscheidungen und Vorgängen im Priorat Birnau „sicher nichts zu hatte“.

Gewissenhaft arbeitenden Journalisten ist dies bei sorgfältiger Recherche inzwischen deutlich geworden. So schreibt die Badische Zeitung: „Der Vorwurf der Beihilfe zum Missbrauch ist eine Luftnummer (…). Selten wurde eine Anschuldigung so schnell aus der Welt geschafft wie die, der frühere Personalreferent Robert Zollitsch habe 1987 veranlasst, dass ein pädophiler Zisterzienserpater in Birnau ein zweites Mal angestellt wurde: Eine solche Anstellung hat es nicht gegeben. Die Erzdiözese war für das Birnauer Kloster auch gar nicht zuständig.“ Ähnlich kommentiert die Südwestpresse: „Es klingt wie eine Sensation: Gegen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, wird wegen Beihilfe zum sexuellem Missbrauch von Kindern ermittelt. Doch es ist eine Luftnummer. Dem Freiburger Erzbischof werden Personalentscheidungen zur Last gelegt, die schon formal nicht in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen sind.“

Mal abgesehen davon, dass die Badische Zeitung als überregionale Zeitung mit christlicher Grundlage gegründet wurde und sich als unabhängige, überparteiliche Tageszeitung mit christlicher Grundhaltung versteht:

Beide Artikel geben in dieser Hinsicht lediglich die Informationen wieder, die sich auf der Bistums-Website befinden. (Sogenannte „Echo-Kammer“: Beide Seiten reflektieren jeweils lediglich die Informationen von der anderen Seite.) Dabei haben die dem Erzbistum Freiburg zufolge „gewissenhaft arbeitenden Journalisten“ die kirchliche Darstellung allerdings offenbar unkritisch übernommen:

Erstens: Wie ich gestern dargestellt habe (Zollitschs laxer Umgang mit der Wahrheit), kommt es durchaus vor, dass Institutionen, die nicht in den offiziellen Verantwortungsbereich eines Bistums fallen, sich mit dem Bistum beim Personaleinsatz abstimmen.

Zweitens: Die Badische Zeitung hatte selbst am 22. April 2010 in dem Artikel einer anderen Journalistin (Missbrauchskandal: Die Rückkehr des Paters) berichtet, dass das Opfer vom Bistum Freiburg am 23.03.2010 zunächst die Auskunft erhielt:

„Pater Gregor M. hat die Abtei Birnau 1968 verlassen und hielt sich seither nicht mehr in der Erzdiözese Freiburg und nicht mehr in Deutschland auf“

Diese Aussage klingt nicht so, als ob das Erzbistum Freiburg im Unklaren über das in Birnau eingesetzte Personal sei. Erst als das Opfer antwortete, dass es die Aussage eines Freundes habe, derzufolge der fragliche Pater 1988 dessen Kind in der Wallfahrtskirche Birnau getauft habe, kam vom Zollitschs Erzbistum folgende Antwort:

„In der Akte Birnau ist Pater Gregor für die von Ihnen benannten Jahre nicht nachweisbar. (…) In den Personalschematismen der Jahre 1989 bis 1995 ist Pater G. aufgeführt. Meine Aussage war also falsch. Die falsche Aussage entsprang nicht meiner Absicht, sondern den Angaben der Registratur. Die falsche Aussage bedauere ich, und ich bitte um Entschuldigung.“

Das klingt, als ob es in der Registratur des Erzbistums tatsächlich eine „Akte Birnau“ (s.o.) gibt. Außerdem war Pater Gregor von 1989 bis 1995 offenbar in den kirchlichen Personalverzeichnissen (Schematismen) aufgeführt. Die Darstellung des Erzbistums versucht aber gerade mit dem Hinweis auf die fehlende offizielle Zuständigkeit den Eindruck zu erwecken, Zollitsch könne von den Vorwürfen und dem Einsatz des Paters nichts gewusst haben.

Aus meiner Sicht lässt es journalistische Sorgfalt vermissen, wenn angesichts dieser Umstände einfach die Darstellung des Erzbistums inhaltlich übernommen wird und gemeldet wird:

„Selten wurde eine Anschuldigung so schnell aus der Welt geschafft wie die, der frühere Personalreferent Robert Zollitsch habe 1987 veranlasst, dass ein pädophiler Zisterzienserpater in Birnau ein zweites Mal angestellt wurde: Eine solche Anstellung hat es nicht gegeben. Die Erzdiözese war für das Birnauer Kloster auch gar nicht zuständig.“

Wie dargestellt, steht – durch das Erzbistum Freiburg bestätigt – fest, dass der betreffende Pater wieder in Birnau tätig war. Gemeint ist, dass – nach Darstellung des Erzbistums – der Pater während dieser Zeit nicht im kirchenrechtlichen Verantwortungsbereich des Erzbistums, sondern des Zisterzienserordens eingesetzt war. Richtig ist, dass Zollitsch diese Anstellung kaum „veranlasst“ haben dürfte, und fraglich ist, ob Zollitsch während seiner Zeit als Personalreferent des Erzbistums vom Einsatz des Paters und dessen pädophilen Neigungen wusste. (Der Vorwurf des Opfers geht auch eher dahin, dass Zollitsch davon hätte wissen können und müssen.) Beim Nachbarbistum Basel waren die Vorwürfe gegen Pater Gregor jedenfalls dokumentiert:

In seinem Archiv hat das Schweizer Bistum Basel Teile der Vorgeschichte des Paters gefunden, der unter anderem im Vorarlberger Kloster Mehrerau Minderjährige sexuell missbraucht haben soll. Die Verantwortlichen im Bistum waren demnach informiert über die Missbrauchsvorwürfe aus Deutschland und Österreich – und stellten ihn trotzdem an.

Und der Pater tauchte auch schon während Zollitschs Zeit als Personalreferent (1983-2003) jahrelang in den Personalverzeichnissen auf und hat offenbar Taufen (mindestens eine) vorgenommen.

Es verwundert, dass Journalisten die Verteidigung „nicht zuständig“ immer noch so leicht akzeptieren. Schließlich ist es gerade mal zwei Monate her, dass Bischof Mixa im Interview mit der BILD-Zeitung erklärte:

„Ich war von 1975 bis 1996 Stadtpfarrer von Schrobenhausen und war nie als Erzieher für das Kinderheim zuständig.“


Bistum Freiburg: „Der Wunsch des Opfers“…

5. Juni 2010

Der Generalvikar des Bistums Freiburg erklärte am 22. März dieses Jahres, das Erzbistum habe 2006 „den Wunsch des Opfers respektiert, nicht die Staatsanwaltschaft einzuschalten“. Das Opfer stellt die Sache etwas anders dar.

Zu dem Missbrauchsfall Birnau („Fall“ meint hier: ein Opfer, aber mindestens 30 bis 50 Missbräuche) erklärte der Generalvikar der Erzdiözese Freiburg, Dr. Fridolin Keck, am 22.03.2010:

„Uns ist in Birnau nur ein Missbrauchsfall bekannt: Ende 2006 hat uns darüber ein Mann informiert. […] Wir haben Hilfe und Gespräche angeboten. […] Wir haben den Wunsch des Opfers respektiert, nicht die Staatsanwaltschaft einzuschalten.“

Mittlerweile habe ich im Internet die Website des Opfers gefunden, und dort hört sich der Sachverhalt ganz anders an (Hervorhebung von mir):

12/2006: Ich informierte die Erzdiözese Freiburg und die Abtei Mehrerau von den Übergriffen auf mich. Ich wies schon damals darauf hin, dass ich den Verdacht habe, dass weitere Kinder/Ministranten Opfer dieses Pädophilen sein könnten.

Ausser diesem Telefongespräch wurde ich nicht über den Ausgang der Ermittlungen informiert und bekam keine konkreten persönlichen Hilfsangebote. Den Verzicht auf eine staatsanwaltschaftliche Anzeige erreichte man, indem man mich „über den Tisch zog“ und mir vorgaukelte, dass man Nachforschungen anstellen würde und man mir verschwieg, dass

a) der Kirche bereits weitere Übergriffe des Täters bekannt und dokumentiert waren

b) der Täter ein weiteres Mal in Deutschland, zudem in Birnau aktiv war – und das zu einer Zeit, die noch nicht verjährt war.

Inwieweit sich die beiden letzten Punkte auch gegen das Erzbistum Freiburg richten, kann ich nicht sagen. Der Abtei müssten aber weitere Missbrauchsfälle bekannt gewesen sein:

In seinem Archiv hat das Schweizer Bistum Basel Teile der Vorgeschichte des Paters gefunden, der unter anderem im Vorarlberger Kloster Mehrerau Minderjährige sexuell missbraucht haben soll. Die Verantwortlichen im Bistum waren demnach informiert über die Missbrauchsvorwürfe aus Deutschland und Österreich – und stellten ihn trotzdem an.

Der Pater war von 1971 bis 1987 im Bistum Basel tätig. […] Als der Pater in ihren Dienst übernommen wurde, „wussten die Verantwortlichen des Bistums Basel offenbar, dass er die vorherigen Einsatzorte wegen unerlaubter sexueller Handlungen hatte verlassen müssen“, teilte das Bistum am Freitag mit. [Vorarlberg Online, 19.03.2010]

Da Missbrauchsvorwürfe aus Deutschland und Österreich erwähnt werden, muss es also (neben Birnau, Deutschland) mindestens einen weiteren Fall gegeben haben. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass die Abtei, der der Pater angehörte, davon nichts gewusst haben soll. Der jetzige Abt (der erst seit einem Jahr im Amt ist und damit für die Vorgänge 2006 nicht verantwortlich) hat ja bereits eingestanden, dass „auch in unserer Gemeinschaft in der Vergangenheit leider ein nicht adäquater Umgang mit Tätern und Opfern sexuellen Missbrauchs gepflegt wurde“.

Ob man sich beim Erzbistum Freiburg darüber im Klaren war, dass ein pädosexueller Pater wieder in dem Kloster eingesetzt war (für welches der Erzbischof kirchenrechtlich nicht zuständig ist, wie wir ja während der letzten Tage hinreichend oft hören und lesen durften), vermag ich nicht zu sagen. Mittlerweile hat das erzbischöfliche Ordinariat ja Personalverzeichnisse (sog. Schematismen) gefunden, aus denen hervorgehen soll, dass Pater G. von 1989 bis 1995 wieder im Einzugsgebiet des Erzbistums (wenn auch nicht in dessen Auftrag) tätig war. Ob dies dem Bistum bereits 2006 bekannt war, ist fraglich – die Abtei, die das Opfer 2006 ja ebenfalls kontaktiert hat,  müsste allerdings über den damaligen Einsatz ihres Paters in Birnau Kenntnis gehabt haben.

Mag sein, dass die Vorwürfe in erster Linie die Abtei treffen und nicht das Erzbistum. Aber mal angenommen, die Darstellung des Opfers ist korrekt – und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln: Ist es dann wirklich vertretbar, zu erklären, man habe damals „den Wunsch des Opfers respektiert, nicht die Staatsanwaltschaft einzuschalten“?

Man hat eher den Eindruck, dass es der Wunsch des Bistums bzw. der Abtei war, die Staatsanwaltschaft nicht einzuschalten, und dass das Opfer durch Versprechungen von einer Anzeige abgebracht wurde.

Der pädophile Pater kann übrigens nicht befragt werden: Er ist untergetaucht. (Stand: 28.03.2010)


Leitlinien: Warnzeichen ernst nehmen!

27. April 2010

Die deutschen Bischöfe lassen derzeit eine Neufassung der Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch erarbeiten (DBK). Während eine Selbstverständlichkeit wie die Klarstellung, dass sich auch die Kirche an staatliches Recht zu halten hat, bereits als „Verschärfung“ der Richtlinien bezeichnet wird, hat ein anderer, bemerkenswerter Aspekt bisher keine öffentliche Beachtung gefunden.

2004 soll Pfarrer Georg K. aus dem Bistum Aachen einen Jungen auf einer Feier derart intensiv gestreichelt haben, dass sich einige Teilnehmer über ihn beschwerten. K. soll auch Ministranten in seine Pfarrhaus-Sauna eingeladen haben. Seit letztem Jahr wird K. in Südafrika der Prozess gemacht, weil er sich auf einer Freizeit Kommunionkindern unsittlich genähert haben soll. [Aachener Nachrichten]

2007 beschwerten sich einige Schüler des Klosters Ettal über Pater G., weil er einen von ihnen unter dem T-Shirt gestreichelt und massiert hatte, als dieser weinte. Vor ein paar Wochen wurde bekannt, dass Pater G. auch vorgeworfen wird, zwei Schüler unter der Unterhose an den Genitalien berührt zu haben. [FAZ]

Beide Fälle spielten sich nach der Verabschiedung der bischöflichen Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2002 ab. Was jedoch überraschen mag ist, dass die jeweiligen Warnzeichen – das Streicheln eines Kindes unter dem T-Shirt und Saunagänge mit Ministranten – gar nicht unter die Leitlinien fallen.

Den Rest des Beitrags lesen »


%d Bloggern gefällt das: