Klarstellung zur finanziellen Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Bistümer und ihren Finanzierungsquellen

Auf der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) fragte ein anwesender Journalist nach der Finanzierung der “Entschädigungszahlungen” an Missbrauchsopfer (die die Bischöfe nicht “Entschädigungen” nennen wollen), speziell nach der Kirchensteuer. (Video der Pressekonferenz, ab Minute 46:41) In seiner Antwort erklärte der neue DBK-Vorsitzende Georg Bätzing:

»Das ist für einzelne Diözesen ganz schwierig. Es gibt Diözesen, die haben keinerlei andere Quellen, gerade im Osten unseres Landes, als die Kirchensteuern.«

(Video der Pressekonferenz ab Minute 49:49)

Das sind zwei Unwahrheiten in zwei Sätzen. Alle Bistümer erhalten außer der Kirchensteuer auch Staatsleistungen, darüber hinaus verfügen sie über Finanzerträge, z.B. aus Wertpapieren, Beteiligungen oder Zinsen. Diese Zahlen sind auch aus den Jahresabschlüssen der Bistümer bekannt. (Außer in Erfurt, wo die Staatsleistungen im Jahresabschluss nicht ausgewiesen werden.)

Schaut man sich diese Zahlen an, muss man sich fragen, für welches ostdeutsche Bistum die Zahlung der in Aussicht gestellten Beträge von 5.000 bis 50.000 Euro „schwierig“ werden soll:

Erzbistum Berlin

Das Erzbistum Berlin wies im Jahresabschluss für 2017 Staatsleistungen in Höhe von 4,9 Mio. Euro aus, dazu Finanzerträge von 11,4 Mio. Selbst, wenn man von der avisierten Bandbreite der Zahlungen (5.000 bis 50.000 Euro) den oberen Betrag ansetzt, könnten allein aus den jährlichen Staatsleistungen jedes Jahr 98 Opfer entschädigt werden, aus den Finanzerträgen zusätzlich 228. Daneben sei erwähnt, dass das Erzbistum Berlin in den letzten Jahren im Durchschnitt Jahresüberschüsse von 28 Mio. Euro erwirtschaftet hat. Ein Jahresüberschuss würde also für 568 Opfer reichen.

Legt man die Zahl der Opfer aus der MHG-Studie zugrunde (3.677) und verteilt sie proportional zur Katholikenzahl auf die Bistümer, so entfallen auf das Erzbistum Berlin 65 Opfer.

Bistum Dresden-Meißen

Das Bistum Dresden-Meißen wies für 2017 Staatsleistungen in Höhe von 0,8 Mio. Euro aus, dazu Finanzerträge von 17,4 Mio. Die Staatsleistungen würden für 17 Opfer (á 50.000 Euro) reichen, die Finanzerträge für 348 Opfer. Das Bistum Dresden-Meißen hat in den letzten Jahren im Durchschnitt Jahresüberschüsse von 20 Mio. Euro erwirtschaftet. Ein Jahresüberschuss würde für 407 Opfer (á 50.000 Euro) reichen.

Im Zuge der MHG-Studie wurden im Bistum Dresden-Meißen 28 Opfer gezählt.

Bistum Erfurt

Das Bistum Erfurt weist in seinen Jahresabschlüssen nicht aus, wie hoch die Staatsleistungen sind, die es erhält. Immerhin weist es Finanzerträge aus – im letzten Jahresabschluss für 2016 waren das 1,8 Mio. Euro. Das würde für 36 Opfer reichen. Das Bistum Erfurt hat in den letzten Jahren im Durchschnitt Jahresüberschüsse von 23 Mio. Euro erwirtschaftet. Das würde jedes Jahr für 468 Opfer (á 50.000) reichen.

Gemäß einer Aufstellung von September 2018 hatten sich im Bistum Erfurt damals 18 Opfer gemeldet.

Bistum Görlitz

Das Bistum Görlitz wies für 2018 Staatsleistungen in Höhe von 0,6 Mio. Euro aus, dazu Finanzerträge von 0,5 Mio. Die Staatsleistungen würden für 13 Opfer (á 50.000 Euro) reichen, die Finanzerträge für 9 Opfer. Das Bistum Görlitz hat in den letzten Jahren im Durchschnitt einen Jahresüberschuss von 0,3 Mio. Euro erwirtschaftet. Das würde jedes Jahr für 5 Opfer (á 50.000 Euro) reichen.

Das Bistum Görlitz ist allerdings auch das kleinste Bistum (gemessen an der Katholikenzahl), was sich auch in der Opferzahl niederschlägt. Gemäß der Aufstellung vom September 2018 hatte sich damals 1 betroffene Person beim Bistum gemeldet. Verteilt man die Zahl der Opfer aus der MHG-Studie (3.677) proportional zur Zahl der Katholiken auf die Bistümer, so entfallen auf das Bistum Görlitz 5 Opfer.

Bistum Magdeburg

Das Bistum Magdeburg wies für 2017 Staatsleistungen in Höhe von 5,9 Mio. Euro aus, dazu Finanzerträge von 2,2 Mio. Die Staatsleistungen würden für 118 Opfer (á 50.000 Euro) reichen, die Finanzerträge für 45 Opfer. Das Bistum Magdeburg hat in den letzten Jahren im Durchschnitt einen Jahresüberschuss von 4,8 Mio. Euro erwirtschaftet. Das würde jedes Jahr für 96 Opfer (á 50.000 Euro) reichen.

Gemäß der Aufstellung vom September 2018 hatten damals im Bistum Magdeburg 18 Personen Anträge auf Anerkennungszahlungen gestellt.

Fazit

Es ist erbärmlich, dass der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing in Anbetracht der vergleichsweise lächerlichen Beträge, um die es hier geht, meint, er müsse so tun, als ob diese Zahlungen für manche Bistümer „ganz schwierig“ würden.

1 Responses to Klarstellung zur finanziellen Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Bistümer und ihren Finanzierungsquellen

  1. awmrkl sagt:

    Am heftigsten an dem Ganzen stößt mir auf, daß dabei eine kriminellen Vereinigung (für die ich die organisierten, institutionalisierten Kirchen halte (siehe Kirchenrepublik D, Kriminalgeschichte des Christuntums(!), uvm)) die Bewertung von zu leistenden Entschädigungszahlungen quasi selbstverständlich überläßt!
    Eine Mafia zB würde doch auch nicht gefragt, wieviel sie an Entschädigungszahlungen für begangene Verbrechen bereit sind zu zahlen – sie würden von Justiz/Gerichten dazu verurteilt! Auch wenn sie das überfordert, und sie dabei pleite gehen!

    OK, die Entschädigungen sind wohl -meist wg Verjährung- nicht mehr streng juristisch einklagbar; aber wg der hochgehaltenen moralischen Selbstansprüche der Kirchen dann doch wieder!

    Aber die Justiz ist ja eh (mE in strafbarer Weise) völlig untätig und ignorant. DAS ist doch die NOCH größere Sauerei!

    Ich bin SO sauer!

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