Fundamentalismus-Vorwurf: Evangelische Lukas-Schule in München in der Kritik (Transkript)

11. November 2012

Die Sendung „Religion und Kirche“ auf BR5 aktuell brachte am Sonntag, de, 28. Oktober 2012 einen vierminütigen Beitrag von Julie Metzdorf über die evangelikale Lukas-Schule in München (ab Minute 15). Ein Beitrag, von dem ich hoffe, dass er Beachtung findet.

Leider ist die Sendung ist nur als Podcast verfügbar, aber nicht als Transkript. Ich habe deshalb die Sendung transkribiert, um die Inhalte leichter auffindbar zu machen:

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Meck-Pomm: Bildungsministerium fördert Bibelverteilung an Schulen

3. Mai 2011
‚Wertvolles Kulturgut‘: Gideon-Informationsblatt für Schulleiterinnen und Schulleiter

Hier eine E-Mail, die ich soeben an das Missions- Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern geschickt habe. Einer Meldung zufolge hatte es dem christlich-missionarischen Gideonbund erlaubt, Bibeln an Schulen zu verteilen. Das Ministerium hatte breits in der Vergangenheit mehrfach missionarische Aktivitäten unterstützt, siehe:

Wikipedia zufolge „bekannten“ sich 2004 in Mecklenburg-Vorpommern knapp 22% der Bevölkerung zur evangelischen oder katholischen Kirche, der überwiegende Teil der Bevölkerung ist konfessionslos. Bildungsminister ist Henry Tesch, CDU.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Matthias Krause, ich blogge zum Thema Kirche und Religion, mit besonderem Augenmerk auf das Verhältnis von Staat und Kirche.

Mit einem gewissen Erstaunen las ich gestern, dass das Kultusministerium dem christlich-missionarischen Gideonbund die Verteilung von Bibeln und Schulen genehmigt hat.

Auf seiner deutschen Website beschreibt der Gideonbund sein „fest umrissenes Missionsprogramm“ so:

Unser Ziel:

Menschen mit Jesus Christus bekannt zu machen durch

  • gemeinsamen Dienst
  • persönliches Zeugnis
  • Auslegen und Weitergabe von Gottes Wort – der Bibel

[…]

Was wir glauben:

Wir glauben an Jesus Christus als den ewigen Sohn Gottes, haben Ihn als persönlichen Erlöser angenommen, erkennen die Bibel als inspiriertes Wort Gottes an und möchten in unserem täglichen Leben Jesus Christus folgen.

Auf der deutschen Website der Gideons gibt es auch ein Informationsblatt für Schulleiterinnen und Schulleiter. Dort ist freilich von „Missionierung“ keine Rede, sondern die Bibel wird als „wertvolles Kulturgut“ dargestellt, die „Vermittlung von Werten [biete] die beste Voraussetzung für erfolgreiches Lernen und teambefähigtes Arbeiten“.

Dem Informationsblatt zufolge entscheidet grundsätzlich die Schulleitung darüber, ob Bibeln an die Schülerinnen und Schüler abgegeben werden. „Auch, wenn die Kultusministerien die Weitergabe der Bibeln begrüßen“.

Dem Informationsblatt zufolge geschieht die Weitergabe der Bibeln wie folgt:

1.)       Wenn von der Schulleitung gewünscht, finden sich die Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse für max. 10 Minuten für eine kurze Ansprache mit anschließender Verteilung in der Aula ein.

2.)       Bewährt hat sich auch die Übergabe im Unterricht (max. 5 Minuten) oder

3.)       auf dem Schulhof/Schulgelände z. B. zu Unterrichtsbeginn oder in der großen Pause. Ideal wäre es, wenn die Schulleitung über die Aktion durch einen Aushang oder Durchruf informiert.

Hierzu habe ich folgende Fragen:

a)      Weshalb unterstützt das Kultusministerium überhaupt derartige missionarische Aktionen? Wie ist das mit dem Verfassungsgrundsatz der Trennung von Staat und Kirche zu vereinbaren?

b)      In Aufzählungspunkt 1.) ist von einer Veranstaltung in der Aula die Rede. Wären solche Veranstaltungen für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend, oder wäre die Teilnahme freiwillig?

c)       Wie ist die Weitergabe von religiösem Material in Mecklenburg-Vorpommerns Schulen geregelt? Könnten auch der Koran oder Schriften von Scientology verteilt werden? Nach welchem Kriterium wird hier unterschieden?

d)      Ich vermute, das Kultusministerium rechtfertigt die Verteilung der Bibeln mit ihrer kulturellen Bedeutung. Könnten auch andere kulturell  bedeutende Schriften verteilt werden? Ich denke z.B. an Christopher Hitchens „The Portable Atheist, eine kommentierte Textsammlung von Denkern von der Antike bis zur Gegenwart, z.B. Lucretius, Benedict de Spinoza, Charles Darwin, Karl Marx, Mark Twain, George Eliot, Bertrand Russell, Emma Goldman, H. L. Mencken, Albert Einstein, Daniel Dennett, Sam Harris und Richard Dawkins. Oder auch Michael Schmidt-Salomons „Manifest des evolutionären Humanismus. Plädoyer für eine zeitgemäße Leitkultur. Solange haltlose Behauptungen verbreitet werden wie „Ohne Gott ist alles erlaubt“ oder „Werte brauchen Religion“ ist es m.E. unverzichtbar, den Schülerinnen und Schülern zu erläutern, wie eine säkulare Ethik begründet wird. Dies gilt gerade für die neuen Bundesländer und Mecklenburg-Vorpommern, wo nur ein kleiner Teil der Schülerinnen und Schüler religiös ist.

e)      Können auch andere Bibelversionen an Schulen verteilt werden? Ich denke speziell an die Reimbibel von Prof. Dr. Wolfgang Klosterhalfen (www.reimbibel.de). Davon existiert bereits eine CD mit ausgewählten Bibelgeschichten, die sich sicher kostengünstig vervielfältigen und an Schülerinnen und Schüler verteilen ließe. Da die Reimbibel das Alte Testament abdeckt, würde sie nicht nur weltanschaulich, sondern auch  thematisch ideal die Gideonbibel ergänzen, die lediglich die Psalmen, Sprüche und das Neue Testament enthält. Da ich selbst an der Produktion der Reimbibel-CD mitgewirkt habe: Was müssten wir beachten, wenn wir die Reimbibel-CD an Schulen verteilen wollten? Gelten die gleichen Grundsätze wie bei den Gideons, d.h. die Schulleitung entscheidet? Oder benötigen wir eine Genehmigung des Ministeriums?

Die obigen Fragen wurden z.T. bereits in Internetforen wie dem Atheist Media Blog aufgeworfen, bei dem ich mitarbeite. Ich denke daher, dass ein öffentliches Interesse an der Beantwortung dieser Fragen besteht:

  • Für die Mehrheit der nichtreligiösen Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern ist es sicher nicht unerheblich, ob die Regierung mit der Genehmigung derartiger Aktionen gegen die Verfassung verstößt.
  • Schüler müssen wissen, ob die Teilnahme an Bibelverteilungen freiwillig ist.
  • Eltern wollen wissen, ob sie zukünftig mit der Abgabe von Koranen oder Scientology-Material rechnen müssen.
  • Sicher gibt es auch Spender, die die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern gerne durch die Abgabe von weiterem wertvollen Kulturgut unterstützen würden.

Mit freundlichen Grüßen,

Matthias Krause

PS: In dem Artikel wurde erwähnt, dass an offenbar mehreren Schulen zu Auseinandersetzungen mit Schulleitern kam, die die Verteilung der Bibeln nicht zulassen wollten. Da es in dem Artikel heißt, dass die Aktion vom Kultusministerium genehmigt worden war, nehme ich an, dass die Verteilung von Bibeln oder ähnlichem Material ohne Genehmigung unzulässig gewesen wäre? – Auf der Homepage Ihres Kultusministeriums fand ich die Meldung „Landesregierung will Lehrerberuf in M-V attraktiver machen“. Der Attraktivität des Lehrer- oder Schulleiterberufs ist es sich nicht zuträglich, wenn die Schulleiter und Lehrkräfte nicht vorab über solche Genehmigungen informiert werden.


Niedersachsen: GRÜNE fordern Religionsfreiheit auch an Schulen in kirchlicher Trägerschaft

23. Juni 2010

Pressemitteilung vom 20.06.2010:

Landesregierung darf sich nicht aus Verantwortung stehlen

Die schulpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen Ina Korter hat die Landesregierung aufgefordert, die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit auch an kirchlichen Schulen zu gewährleisten. „Auch dort muss die Teilnahme am Religionsunterricht freiwillig sein und als Alternative das Fach Werte und Normen angeboten werden“, forderte die Grünen-Politikerin. Sie bezeichnete es als „unakzeptabel“, dass sich die Landesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage zu diesem Thema als nicht zuständig bezeichnet habe.

„Ab dem Alter von 14 Jahren dürfen Jugendliche selbst über die Teilnahme am Religionsunterricht entscheiden. Dieses Recht leitet sich aus dem Grundrecht auf Religionsfreiheit ab und muss selbstverständlich auch für Jugendliche gelten, die von ihren Eltern an Schulen in kirchlicher Trägerschaft angemeldet wurden“, sagte Korter. Dies gelte ganz besonders dann, wenn die Schule in kirchlicher Trägerschaft die einzige am Ort sei und die Jugendlichen deshalb nicht auf eine Schule in öffentlicher Trägerschaft wechseln könnten. Das sei zum Beispiel bei der Überführung des Gymnasiums Twistringen in kirchliche Trägerschaft und bei der geplanten kirchlichen Gesamtschule in Wunstorf der Fall.

Nicht nachvollziehbar sei die Rechtsauffassung der Landesregierung, wonach es in der Entscheidungsfreiheit der kirchlichen Träger liege, ob sie eine Alternative zum Religionsunterricht anbieten. Korter: „Ich empfehle einen Blick ins Grundgesetz. Dort steht, dass das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates steht. Es ist deshalb die Aufgabe des Staates, die Verwirklichung des Grundrechtes auf Religionsfreiheit in allen Schulen sicherzustellen.“


Verwirrung um „Gebetsraum-Urteil“

21. November 2009

In der Öffentlichkeit scheint eine beträchtliche Verwirrung um das sog. „Gebetsraum-Urteil“ des Berliner Verwaltungsgerichts zu herrschen. Deshalb hier einige Klarstellungen und Anmerkungen:

  1. Der Begriff „Gebetsraum-Urteil“ ist völlig irreführend
  2. Das Urteil ist „wasserdicht“ und alle Einwände der Schulverwaltung sind bereits berücksichtigt
  3. Beispiele für irreführende Berichterstattung
  4. Die Klage des Schülers kann nicht als mangelnde Integrationsbereitschaft diffamiert werden

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Sonderurlaub für religiöse Kaffeefahrten?

20. November 2009

Vor zwei Tagen wies der Humanistische Pressedienst darauf hin, dass in Berlin evangelische Schüler pauschal einen zusätzlichen Tag Unterrichtsbefreiung für den Buß- und Bettag erhalten haben. Andreas Müller kommentierte.

Hintergrund: Schülern, die an religiösen Feierlichkeiten teilnehmen möchten (bzw. sollen, solange die Eltern darüber befinden), ist hierfür schulfrei zu gewähren. Für bestimmte Religionen bzw. Konfessionen sind dazu bereits Pauschalregelungen getroffen: Schülerinnen und Schüler, die der betreffenden Religion angehören, haben an den festgelegten Tagen grundsätzlich frei. In Berlin waren das bis vor kurzem:

  • Evangelen: 1 Tag (Reformationstag)
  • Katholen: 3 Tage (Fest der Erscheinung des Herrn, Fronleichnam, Allerheiligen)
  • Juden: 11 Tage (Neujahr, Versöhnungstag, Laubhüttenfest, Schlussfest, Passahfest, Wochenfest, jeweils bis zu 4 Tage)
  • Muslime: 2 Tage (Ramadanfest, Opferfest)

Auf Betreiben der Evangelischen Kirche erhalten die evangelischen Schülerinnen und Schüler seit diesem Jahr zusätzlich auch am Buß- und Bettag schulfrei.

An dieser Regelung gibt es meines Erachtens wenig auszusetzen. Natürlich wurmt es mich aus meiner persönlichen Sicht, dass hier offenbar Einbildung Vorfahrt hat vor Bildung. Aber die Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, und die Schulpflicht bzw. das Recht auf Bildung wird zunächst einmal nicht ernsthaft beeinträchtigt, wenn Schüler 2 oder drei Tage nicht am Unterricht teilnehmen. Wie das in der Praxis gehandhabt werden soll, wenn z.B. die Hälfte der Schüler einer Klasse zum Buß- und Bettag dem Unterricht fernbleibt, sei hier mal dahingestellt.

Es fällt auf, dass für die Kinder jüdischer Eltern deutlich mehr schulfreie Tage vorgesehen sind (11) als für die anderen Religionen. Das liegt aber daran, dass an den übrigen wesentlichen christlichen Feiertagen sowieso schulfrei ist. In Berlin sind nämlich 6 christliche Feiertage gesetzliche Feiertage: Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 1. und 2. Weihnachtstag. In anderen Bundesländern kommen z.T. noch weitere gesetzliche christliche Feiertage hinzu, z.B. in Bayern:  Heilige Drei Könige, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen. Von den Oster- Pfingst- und Weihnachtsferien will ich hier gar nicht reden. De facto gibt es also etwa gleichviele schulfreie christliche Tage wie jüdische, und ironischerweise rührt der Umstand, dass Kinder jüdischer Eltern 11 Tage öfter frei haben, gerade aus der Bevorzugung der christlichen Feiertage (die nämlich für alle frei sind). 

Aus meiner Sicht ist eine andere Regelung viel ärgerlicher, weil sie eine ungerechtfertigte Privilegierung der Religion darstellt, und zwar die Schulbefreiung für religiöse „Rüstzeiten“. So heißt es z.B. in einem Erlass des Hessischen Kultusministeriums:

Zur Teilnahme an Rüstzeiten der Kirchen oder Religionsgemeinschaften (z. B. für Konfirmanden, Firmlinge, Schulabgänger) sind Schülerinnen und Schüler von Klasse 5 an zweimal bis zu drei Unterrichtstagen zu beurlauben, sofern die Eltern oder die volljährigen Schülerinnen und Schüler dies beantragen.“ [Hervorhebung von mir.]

Im Unterschied zu den Feiertagen, deren Termine nun einmal feststehen, lassen sich die Termine für derartige Rüstzeiten ja durchaus planen, und es kann wohl erwartet werden, dass solche Veranstaltungen nicht auf Unterrichtstage gelegt werden. Viele Rüstzeiten wirken auf den Außenstehenden wie „religiöse Kaffeefahrten“, d.h. es wird ein im Prinzip attraktives, preiswertes Angebot gemacht – z.B. ein Skiurlaub – in das dann gezielte religiöse Beeinflussung eingebaut wird. (Beispiel eines Rüstzeitberichts.)

Besonders krass ist allerdings die Ausnutzung von Rüstzeiten bei der Bundeswehr. (Beim Zivildienst, der Polizei und dem Grenzschutz dürfte es ganz ähnlich sein.) Für Rüstzeiten ist großzügig Sonderurlaub zu gewähren, und für manchen Soldaten dürfte die bloße Aussicht, einmal für ein paar Tage dem militärischen Alltag zu entkommen, bereits Grund genug für die Teilnahme sein. (Ich erinnere mich noch an meine eigene Bundeswehrzeit, als nach einer Woche harter Ausbildung für den Rest von uns, pünktlich zum Freitag Mittag, die Teilnehmer einer Rüstzeit des Militärpfarrers zurück kamen und uns feixend erzählten: Wir waren jeden Tag im Schwimmbad, haben uns gut erholt – und wie war eure Woche?)

Hier ein aktuelles Beispiel: Eine Kanufreizeit der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (EAS) vom 7. bis 10 Juli 2009 (Dienstag bis Freitag – also ohne „Gefährdung“ des Wochenendes). Am Ende des Programms heißt es: „Für die Rüstzeit kann Sonderurlaub gemäß ZDv 14/5 gewährt werden.“ Teilnahmebeitrag für Grundwehrdienstleistende: 25 Euro.

Man ahnt zwar anhand der Beschreibung, dass die Flussfahrt während der Kanufreizeit auch als Metapher für das Leben Verwendung finden wird, allerdings ist ein religiöser Charakter in der Beschreibung (abgesehen von dem Hinweis auf „eine kurze Andacht“ vor Beginn) praktisch nicht erkennbar – ebensowenig wie bei der Werbung für Kaffefahrten die „Teilnahmemöglichkeit an einer Verkaufsveranstaltung“ in den Vordergrund gestellt wird. Man fragt sich: Worin soll hier eigentlich der Rüstzeitcharakter bestehen, und weshalb gibt es dafür Sonderurlaub?

Die Antworten auf diese Frage finden sich nicht in den Programmbeschreibungen, sondern an anderer Stelle. Die Rüstzeiten der Evangelischen Militärseelsorge werden mit dem Bibelspruch begründet „…und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ (Mt 28,20), und ihre „theologische Qualität“ besteht u.a. in „biblischer Grundlage“ und „missionarischer Intention„. Das alles natürlich im „Gewand“ von Erwachsenenbildung.

Der missionarisch-religiöse Aspekt ist aber nicht nur in den Broschüren, sondern auch in den Berichten darüber kaum erkennbar. Obwohl z.B.  dieser Bericht von einem Pfarrhelfer geschrieben wurde, findet sich außer dem Hinweis auf das Pfarramt als Anbieter kein einziger Hinweis auf den religiösen Aspekt. Klar – die Berichte dienen ja wiederum als Werbung für zukünftige Veranstaltungen. Ähnlich auch hier – der einzige Hinweis auf religiöse Komponenten ist die Formulierung „Dieses Motto durchzog auch die Andachten und ihre biblischen Impulse.“

Nun kann man den Kirchen natürlich nicht verbieten, ihre missionarischen Angebote in Kaffeefahrten-Manier zu bewerben, wenn sie sich auf dieses Niveau begeben wollen. Nur sollte es dafür keinen Sonderurlaub geben – weder für Schüler, noch für Soldaten.


Frag den Frosch!

13. November 2009

“Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen.” Daran musste ich denken, als ich heute einen längeren Artikel im Rheinischen Merkur zum Kruzifix-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte las: „Kruzifix: Europa überhebt sich“.

Der Autor, Hans Michael Heinig, hält das Urteil für ein Fehlurteil. Herr Heinig ist allerdings auch der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Der Leser hat somit die Wahl, dem einstimmigen Urteil der sieben Straßburger Richter zu folgen, dem Bundesverfassungsgericht, das 1995 praktisch zu dem selben Urteil gekommen ist – oder einem großkirchlichen Sprachrohr. Gut – wer den Rheinischen Merkur liest, wird möglicherweise letzterem den Vorzug geben. Aber im Ernst: Wer glaubt ernsthaft, vom Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD eine ausgewogene, unvoreingenommen Einschätzung zu erhalten?

Möglicherweise gilt beim („katholischen“) Rheinischen Merkur ein Protestant bereits als „Außenstehender“ und damit als unparteiisch. Erstaunlich ist allerdings, dass Herr Heinig selbst die Stellungnahmen seiner evangelischen Glaubensgeschwister in Italien ignoriert. Dem Adventistischen Pressedienst zufolge hat nämlich der Sprecher der Vereinigung Evangelischer Christen Italiens (FCEI) das Urteil ausdrücklich begrüßt, da es der Religionsfreiheit diene. Auch von den Lutheranern, Baptisten, Adventisten und Waldensern kam Zustimmung.

Die Anbringung von Kruzifixen in Schulen wird also in Italien offenbar nicht einmal von den christlichen Minderheiten als Symbol für Toleranz, Freiheit und Nächstenliebe gedeutet.


Mixa als Militärbischof untragbar!

13. November 2009

Walter Mixa ist nicht nur Bischof von Augsburg, sondern seines Zeichens auch katholischer Militärbischof der deutschen Bundeswehr. Seine Militärgeistlichen sind – zusammen mit ihren evangelischen Kollegen – für den sog. „Lebenskundlichen Unterricht“ (LKU) für die Soldaten zuständig – und zwar für alle Soldaten – es besteht seit diesem Jahr keine Möglichkeit mehr, dem LKU fernzubleiben, da er gemäß Dienstvorschrift (ZDv 10/4) „kein Religionsunterricht und auch keine Form der Religionsausübung im Sinne von § 36 des Soldatengesetzes [ist], sondern eine berufsethische Qualifizierungsmaßnahme und damit verpflichtend. Er wird in der Regel von Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorgern und im Bedarfsfall auch von anderen berufsethisch besonders qualifizierten Lehrkräften erteilt.“

Mit „Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorgern“ sind hier – um es noch einmal ausdrücklich zu sagen – Militärgeistliche gemeint, also meist katholische oder evangelische Militärpfarrer. Die übrigens vom Staat – also aus allgemeinen Steuergeldern – bezahlt werden.

Von jemandem, der für die berufsethische Qualifizierung der deutschen Soldaten zuständig ist, müsste man erwarten, dass er die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – also des Grundgesetzes respektiert. Dazu gehören auch die allgemeinen, universellen Menschenrechte.

Es kann deshalb nicht hingenommen werden, wenn Bischof Mixa – laut einer Schlagzeile bei domradio.de – zu „zivilem Ungehorsam“ gegen die kürzliche Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aufruft, dass obligatorische Kruzifixe in Schulklassen unzulässig sind, und Politikern empfiehlt, das Straßburger Urteil  „schlichtweg zu ignorieren“.

Die Straßburger Richter sind – übrigens einstimmig – praktisch zu dem selben Urteil gelangt wie schon das Bundesverfassungsgericht 1995. Auch in den USA wären Kreuze in öffentlichen Schulen übrigens verfassungswidrig. Wie kann Mixa sich anmaßen, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menscherechte – und damit praktisch auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als „Verachtung der Menschenrechte“ zu bezeichnen?

Nun, in typischer Großkirchenmanier stellt Mixa das, was seiner Kirche nützt, über Grund- und Menschenrechte. Oder, mit den Worten des Atheist Media Blogs: „Bischof Mixa scheißt auf’s Kreuz-Urteil“.

Wem höchstrichterliche Urteile zu Menschenrechten egal sind, wenn sie ihm nicht passen – und wer dann noch öffentlich zu zivilem Ungehorsam aufruft und dazu, diese Urteile zu ignorieren – der darf nicht Militärbischof sein!


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