Alles Gute, Karlheinz Deschner!

23. Mai 2012

Dokumentation: „Die hasserfüllten Augen des Herrn Deschner“ (1998) von Ricarda Hinz und Jaques Tilly.
Hier die Playlist. (Spielt alle 7 Teile hintereinander ab.)

Heute ist der 88. Geburtstag von Karlheinz Deschner. Michael Schmidt-Salomon „sammelte“ gestern Glückwünsche für ihn bei Facebook ein, was mich spontan zu folgender kleinen „Laudatio“ inspirierte:

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Salzgitter: Ein Stück aus dem Lehrbuch

23. Juli 2011

Weihbischof Bongartz: "Es gab keinen Verdacht auf sexuellen Missbrauch." – Warnzeichen für die Pädophilie von Pfarrer Andreas L. aber schon.

In Salzgitter im Bistum Hildesheim kommt derzeit mal wieder ein Fall ans Licht, der das Vorgehen der katholischen Kirche beim Verdacht auf Pädophilie lehrbuchmäßig aufzeigt.

Priester, denen „offiziell“ Pädophilie bestätigt wurde, sind für die katholische Kirche teuer: Sie müssen nämlich weiter bezahlt werden, können aber nicht mehr auf normalen Pfarrstellen eingesetzt werden: (Noch dazu in Zeiten des Priestermangels.) Außerdem muss ggf. noch die Therapie bezahlt werden.

Es besteht also ein Anreiz für die kirchlichen Verantwortlichen, auffällige Priester, soweit irgend möglich, nicht als „pädophil“ einzustufen. In diesem Zusammenhang wurde in der katholischen Kirche bisher so verfahren:

Statt dem Kriterium „Pädophilie“ wird das – enger gefasste! – Kriterium des „sexuellen Missbrauchs“ angelegt. Dieser ist strafbar und macht sich an (eindeutig) sexuellen Handlungen fest. Manfred Lütz, Berater der deutschen Bischöfe in Sachen Missbrauch, hat dies ja letztes Jahr quasi in eigener Sache selbst deutlich gemacht. Folgende Beispielfälle kommen mir sofort in den Sinn:

Pater G. aus Ettal (2005)

2005 hatten sich Schüler im Internat Ettal beschwert, dass Pater G. einen von ihnen unter dem T-Shirt gestreichelt hatte – angeblich, um den weinenden Schüler zu trösten. Auf Lütz‘ Anraten hin erstellte Prof. Friedemann Pfäfflin ein Gutachten, das dem Pater – Lütz zufolge – „Heterosexualität“ bescheinigte. Lütz:

Das Gutachten war eindeutig: Es lag noch nicht einmal der Verdacht auf sexuellen Missbrauch vor, keine Pädophilie, auch sonst keine Diagnose und daher keine Notwendigkeit für eine Therapie. Pater G. habe seine Probleme mit Nähe und Distanz bereits gut reflektiert und könne in der Seelsorge, sogar langfristig in der Jugendarbeit, selbst ohne Teameinbindung eingesetzt werden.

Lütz zitiert Prof. Pfäfflin mit den Worten:

„Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs war damals von keiner Seite erhoben worden. Auch bei der Begutachtung durch mich fanden sich diesbezüglich keine Anhaltspunkte. Das in Ihrem Fax von gestern geschilderte Vorgehen halte ich, um Ihre Frage zu beantworten, für angemessen und in Übereinstimmung mit den Vorschlägen in meinem Gutachten.“

Diesen Januar wurde gegen Pater G. Anklage erhoben:

Die Vorwürfe gegen Pater G. sind inzwischen so verdichtet, dass die Münchner Justiz Anklage gegen den Mönch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern erhob. Wie es heißt, habe er unter anderem einen 13 Jahren alten Schüler in Ettal gestreichelt.

Zu derartigen Vorwürfen hatte Lütz letztes Jahr geschrieben:

[Es] ist neuerdings von zwei Schülern behauptet worden, zwei andere Schüler seien von Pater G. unter der Unterhose an den Genitalien berührt worden. Da der Ermittler zugleich mitteilte, dass Pater G. ausweislich des Gutachtens heterosexuell sei, erscheint allein deshalb die Beschuldigung nicht wahrscheinlich. [Hervorhebung von mir.]

Pfarrer Georg K. aus Willingen bzw. Lobberich (~2004)

Über Pfarrer Georg K. wurde berichtet:

In seinen Gemeinden am Niederrhein war K. diverse Male aufgefallen, weil er allein mit Minderjährigen auf Reisen ging, minderjährige Ministranten in seine private Sauna und zu Festen ins Pfarrhaus geladen oder zum gemeinsamen Duschen aufgefordert hatte. 2004 wäre es beinahe zum öffentlichen Eklat gekommen, als K. sein jugendliches Patenkind während einer Feier derart intensiv gestreichelt hatte, dass einige Teilnehmer der Feier sich über den Pfarrer beschwerten.

Der Pfarrgemeinderat von K.s damaliger Pfarre will sich daran erinnern, die Bistumszentrale in Aachen über die Besuche der Ministranten in der Pfarrhaussauna informiert zu haben. Josef Heinrichs jedoch, Sprecher des Bistums, erklärte am Freitag auf Anfrage dieser Zeitung, in Bezug auf Pfarrer K. habe man lediglich einen anonymen Hinweis erhalten, und zwar 2003. «Aber anonymen Hinweisen kann man nicht nachgehen», erklärte Heinrichs. [Hervorhebungen von mir.]

Georg K. wird mittlerweile in Südafrika wegen Kindesmissbrauch der Prozess gemacht – 2007 hatte er dort die deutsche Gemeinde in Johannesburg übernommen. Auch die Krefelder Staatsanwaltschaft hat kürzlich einen internationalen Haftbefehl gegen K. erwirkt. Sie wirft ihm sexuellen Missbrauch in 37 Fällen vor.

Interessant wäre in diesem Fall, zu erfahren, ob Prof. Norbert Leygraf – der jetzt auch die von den deutschen Bischöfen in Auftrag gegebene Untersuchung „Sexuelle Übergriffe durch Geistliche in der katholischen Kirche Deutschlands – Analyse psychiatrisch-psychologischer Gutachten“ leitet, Georg K. begutachtet hat. Jedenfalls erwähnte Prof. Leygraf letztes Jahr auf einer Pressekonferenz, dass er einen Geistlichen begutachtet hat, bei dem Saunabesuche mit Jugendlichen Misstrauen erregt hatten – und in diesem Fall offenbar keine strafrechtliche Relevanz festgestellt hat. Prof. Leygraf begutachtet seit 2003 auffällig gewordene Priester für die katholische Kirche, und die Pfarrei von Georg K. ist keine Autostunde von Leygrafs Institut entfernt.

Pfarrer Andreas L. aus Salzgitter-Lebenstedt (2006)

Andreas L. hatte zweimal mit einem Jungen zusammen in einem Bett übernachtet. Nachdem sich die Eltern beschwert hatten, verboten seine Vorgesetzten ihm den Kontakt mit dem Jungen. Auch nachdem L. kürzlich gegen das Kontaktverbot verstoßen hatte, sah man beim Bistum Hildesheim offenbar keinen Grund, L. nicht mit einer Jugendgruppe nach Taizé (Frankreich) fahren zu lassen. Weihbischof Bongartz wies in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hin, dass es keine Beschuldigung sexuellen Missbrauchs gegeben habe:

„Zunächst ist es so, dass wir in den vergangenen Jahren im Kontext dieses Vorgangs mit sexuellem Missbrauch in keiner Weise zunächst erst mal konfrontiert worden sind. Die Frage, ob es sich hier um sexuellen Missbrauch handeln könnte, haben wir im Jahre 2010 noch einmal auch mit der Staatsanwaltschaft abgeklärt, und dort ist uns nochmal auch eindeutig und unmissverständlich versichert worden, dass nach den jetzigen Angaben, die wir damals machen konnten, und den Tatsachen, die uns da bekannt waren, es keinen Grund für einen Anfangsverdacht gibt.

[…] In all diesen Kontexten ist dann allerdings, und das muss ich nochmal ausdrücklich betonen, nie von irgendwelchen sexuellen Übergriffen die Rede gewesen. […]

Es ist so, dass in diesem Fall des mutmaßlichen Opfers es bislang auch seitens der Familie immer auch uns gegenüber geheißen hat, von sexuellem Missbrauch redet man nicht.“

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz im NDR, 19.07.2011

„Aber es hat auch bis vor drei Wochen auch in diesem Gespräch mit eben halt dem Pfarrer hier vor Ort keine Gründe gegeben für uns, sexuellen Missbrauch zu phantasieren und ihm vorzuwerfen. […] Um sicher zu sein, ist das was hier eben halt vorliegt, so zu beurteilen, dass es nicht unter sexuellem Missbrauch eben halt auch firmieren kann. Das ist uns von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden, dass das was dort an Vorkommnissen gewesen ist, was ich so in meiner Funktion als Priester nicht billigen würde, aber nicht ausreicht, um einen Verdacht sexuellen Missbrauchs aufzustellen.“

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz im NDR, 19.07.2011

Es ist natürlich das gute Recht von Weihbischof Bongartz, darauf hinzuweisen, dass dem Pfarrer bisher (Bongartz zufolge) kein strafbares Verhalten vorgeworfen wurde. Das Problem des „sexuellen“ Kriteriums, dass in den oben genannten Fällen angelegt wurde, ist vielmehr, dass Pädophile sich gar nicht „sexuell“ betätigen müssen, um sich zu befriedigen:

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht bei der Pädophilie die primäre sexuelle Ausrichtung auf Kinder. Diese ist nicht zwingend koital ausgeprägt; Pädophile können bereits durch Situationen erregt und befriedigt werden, in denen kein Körperkontakt zu einem Kind besteht. Bei Situationen mit Körperkontakt kann bereits das Berühren des Kindes allein als erregend empfunden werden, ohne dass diese Berührungen im Genitalbereich stattfinden müssen. Der Wunsch nach dem Vollzug des Koitus mit dem Kind scheint bei Pädophilen seltener anzutreffen zu sein.[27]

Neben dem sexuellen Interesse ist bei Pädophilen ein Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu Kindern festzustellen. Viele Pädophile verlieben sich in Kinder und wünschen sich echte wechselseitige Liebesbeziehungen zu Kindern.[30][31] […] Überproportional viele Pädophile arbeiten in entsprechenden Berufen, z. B. als Erzieher oder in der Jugendbetreuung, um Umgang mit Kindern zu haben. [Wikipedia, Hervorhebung von mir.]

Es ist daher völlig verfehlt, wenn die katholische Kirche als Kriterium für ihre Personalentscheidungen die Strafbarkeit heranzieht statt der Hinweise auf Pädophilie.

Im Mai wurde in den USA die von der dortigen Bischofskonferenz beauftragte Studie „The Causes and Context of Sexual Abuse of Minors by Catholic Priests in the United States, 1950-2010“ veröffentlicht. Darin heißt es:

It was common for abusive priests to create opportunities to be alone with minors, for example, during retreats. These men often integrated themselves into the families of the victims. [Executive Summary, S. 5]

Auf Deutsch: “Für Priester, die Minderjährige missbraucht haben, war es gängige Praxis, Gelegenheiten zu schaffen, um mit Minderjährigen allein zu sein – beispielsweise auf ‚Einkehrtagen‘. Diese Männer integrierten sich oft in die Familien der Opfer. Auch später in der Studie werden soziale Kontakte zu den Familien der Opfer als Merkmal straffälliger Priester erwähnt (S. 54). Auf S. 74 heißt es:

Einige Priester entwickelten Beziehungen mit bestimmten Familien in der Gemeinde und entwickelten eine persönliche Verbundenheit mit diesen Familien (z.B. verreisten sie mit ihnen, kamen dort zum Essen, übernachteten dort).

Dieses Wissen und dem Umstand vor Augen, dass das Bistum Hildesheim bereits vor einigen Jahren einen „Beraterstab“ zum sexuellen Missbrauch bildete (dessen Mitglied Weihbischof Bongartz ist), erscheinen die folgenden Ausführungen reichlich naiv, die Bongartz noch vor ein paar Tagen machte:

„Also, diese Hinweise, die dort auch noch mal 2010 an die Staatsanwaltschaft gegeben worden sind, haben sich auf ein freundschaftliches Verhältnis des Pfarrers zu dieser Familie bezogen, das vor 2006 lag. Im Jahre 2006, als es in dieser Familie den Wunsch gab, doch ein distanzierteres Verhältnis zu dem Pfarrer einzunehmen, hat es von unserer Seite aus eine Ansage gegeben an den Pfarrer, dieses Verhältnis nicht mehr weiterhin zu leben. Das ist dann auch erfolgt, und wir haben dem Pfarrer klare Auflagen gemacht, an die er sich auch gehalten hat – bis vor drei Wochen, wo er nochmal versucht hat, mit dem Jungen Kontakt aufzunehmen und wir ihn erneut darauf hingewiesen haben, dass er das zu unterlassen habe.“ [Hervorhebung von mir.]

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz im NDR, 19.07.2011

Mit anderen Worten: Pfarrer Andreas L. hat

  • ein „freundschaftliches Verhältnis“ zu der Familie des Jungen unterhalten
  • regelmäßig Jugendreisen geleitet
  • zweimal mit dem Jungen in einem Bett geschlafen
  • Das Bistum sah sich genötigt, ein Kontaktverbot auszusprechen.
  • Gegen dieses Kontaktverbot hat Pfarrer L. verstoßen.

Trotz dieser deutlichen Warnzeichen weist Bongartz immer nur darauf hin, dass er nichts von „sexuellen“ Übergriffen gewusst habe – und ignoriert das Thema „Pädophilie“ völlig.

Das Problem hierbei ist, dass offenbar der gefährliche Umkehrschluss gezogen wird: Wenn der Beschuldigte nicht straffällig geworden ist (also kein sexueller Übergriff), dann sei er auch ungefährlich. Oder wie anders ist es zu erklären, dass Pater G. bescheinigt wurde, er könne „langfristig in der Jugendarbeit, selbst ohne Teameinbindung eingesetzt werden“ (s.o.)? Dass Georg K. trotz Ministranten in seiner Privatsauna und aufsehenerregenden Streichelns weiter mit Kindern eingesetzt wurde? Dass Prof. Leygraf „Misstrauen erregende Saunabesuche mit Minderjährigen“ offenbar als Beispiel für einen unbegründeten Verdacht brachte? Dass Andreas L. trotz mehrfachen Schlafens im Bett eines Jungen und Verstoß gegen das Kontaktverbot weiter mit Jugendlichen verreisen durfte? Alles übrigens Fälle nach der Verabschiedung der bischöflichen Leitlinien zum sexuellen Missbrauch 2002, der Salzgitter-Fall sogar nach Verabschiedung der überarbeiteten Leitlinien 2010.

Im aktuellen Fall von Andreas L. sagte dazu der Sprecher des Bistums Hildesheim, Dr. Michael Lukas:

So wirkt es zumindest unglücklich, dass der Pfarrer weiter mit Jugendlichen verreisen durfte. „Was hätten wir tun sollen?“, fragt Lukas, „auf welcher Faktenbasis hätten wir ihm das verbieten sollen?“ [SPIEGEL ONLINE]

Das klang freilich letztes Jahr noch ganz anders, als Prof. Leygraf und Dr. Lütz auf einer Pressekonferenz bei der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe den anwesenden Journalisten erklärten, die Leitlinien müssten „offenbar funktionieren“ (Leygraf). Und weiter:

„Der Umgang der Kirche mit diesen Fällen ist doch sehr sorgfältig und fast schon etwas übervorsichtig“, sagt Leygraf.

Und Dr. Lütz erklärte:

Wenn ein Gutachter zum Ergebnis komme, dass von einem Geistlichen keine Gefahr ausgehe, sei der Bischof damit noch nicht aus der Verantwortung entlassen, betont Lütz. „Der Bischof muss strenger sein als das Gutachten.“ Aber er sagt auch: „Das kommt nicht selten vor.“ [Hervorhebung von mir.]

Also: Als letztes Jahr der Kirche vorgeworfen wurde, sie täte nicht genug, um Missbräuche zu verhindern oder aufzuklären, da hieß es, der Umgang der Kirche mit diesen Fällen sei „doch sehr sorgfältig und geradezu übervorsichtig“, und der Bischof müsse „strenger sein als das Gutachten“ – auch, wenn letzteres die Ungefährlichkeit eines Geistlichen bescheinige. Doch dieses Jahr – nach der Verschärfung der bischöflichen Leitlinien – als mal wieder ein mehrfacher Missbrauchsfall ans Licht kommt, da kriegt man gesagt: „Was hätten wir tun sollen?“ und „Auf welcher Faktenbasis hätten wir ihm das verbieten sollen?“ – Seitdem ist eine Woche vergangen, ohne dass die deutschen Bischöfe dem Hildesheimer Bistumssprecher widersprochen hätten.

Die Bischöfe gefährden mit diesem systematischen Wegschauen nicht nur die ihnen anvertrauten Kinder – sie verletzen m.E. auch die Fürsorgepflicht gegenüber den Priestern. Wenn pädophile Priester wissen, dass sie praktisch gefahrlos

  • Kinder unter der Kleidung streicheln,
  • mit Messdienern in die Pfarrhaussauna gehen und
  • mit Kindern im selben Bett schlafen können,

dann ist das so, als würde man einen Alkoholiker als Barkeeper anstellen und ihm sagen, er solle beim Trinken „seine Grenzen kennen“.


Leitlinien: Warnzeichen ernst nehmen!

27. April 2010

Die deutschen Bischöfe lassen derzeit eine Neufassung der Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch erarbeiten (DBK). Während eine Selbstverständlichkeit wie die Klarstellung, dass sich auch die Kirche an staatliches Recht zu halten hat, bereits als „Verschärfung“ der Richtlinien bezeichnet wird, hat ein anderer, bemerkenswerter Aspekt bisher keine öffentliche Beachtung gefunden.

2004 soll Pfarrer Georg K. aus dem Bistum Aachen einen Jungen auf einer Feier derart intensiv gestreichelt haben, dass sich einige Teilnehmer über ihn beschwerten. K. soll auch Ministranten in seine Pfarrhaus-Sauna eingeladen haben. Seit letztem Jahr wird K. in Südafrika der Prozess gemacht, weil er sich auf einer Freizeit Kommunionkindern unsittlich genähert haben soll. [Aachener Nachrichten]

2007 beschwerten sich einige Schüler des Klosters Ettal über Pater G., weil er einen von ihnen unter dem T-Shirt gestreichelt und massiert hatte, als dieser weinte. Vor ein paar Wochen wurde bekannt, dass Pater G. auch vorgeworfen wird, zwei Schüler unter der Unterhose an den Genitalien berührt zu haben. [FAZ]

Beide Fälle spielten sich nach der Verabschiedung der bischöflichen Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2002 ab. Was jedoch überraschen mag ist, dass die jeweiligen Warnzeichen – das Streicheln eines Kindes unter dem T-Shirt und Saunagänge mit Ministranten – gar nicht unter die Leitlinien fallen.

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Manfred Lütz: Eine kleine Geschichte des größten Wortklaubers

16. März 2010

Manfred Lütz verteidigte kürzlich in der FAZ den Abt und den Schulleiter des Klosters Ettal, die auf Druck des Erzbistums München und Freising zurücktreten mussten. In Wirklichkeit verteidigt sich Lütz aber selbst – denn er hatte seinerzeit die Geschassten in dem fraglichen Fall beraten.

Update: In der Süddeutschen Zeitung wurde bereits letzte Woche über dieses Thema berichtet – und dort wird nicht nur die Sicht von Manfred Lütz dargestellt, sondern auch die des Bistums. 

Ich hatte neulich bereits darüber berichtet, wie in den Medien die Zahl von „nur“ 300 Pädophilie-Fällen die Runde machte, die allerdings nur deshalb so niedrig waren, weil dabei die strenge Definition von „Pädophilie“ (nämlich vorpubertäre Opfer) angewandt wurde und die um ein Vielfaches größere Zahl der Fälle, in denen die Opfer in der Pubertät waren (sog. „Ephebophilie“), ausgeklammert wurden.

Nun meldete sich neulich in der FAZ aus Rom ManfredHier behandelt der Falsche!“ Lütz zu Wort, der die Katholische Kirche beim Thema Kindesmissbrauch berät.

Es geht um den Fall von Barnabas Bögle, dem Abt der Benediktinerabtei Ettal, der im Februar nach Bekanntwerden der Fälle von Missbrauch und Gewalt im Kloster Ettal auf Druck des Erzbistums München und Freising zurücktreten musste, weil er gegen die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche verstoßen hatte.

In hanebüchener Wortklauberei argumentiert Lütz, bei dem fraglichen Fall habe es sich gar nicht einen Verdachtsfall auf „sexuellen Missbrauch“ gehandelt. (Anmerkung: gem. Wikipedia bezeichnet sexueller Missbrauch von Kindern „willentliche sexuelle Handlungen mit, an oder vor Kindern“.

Es wird tausende Eltern von Kindern an katholischen Einrichtungen ungemein erleichtern zu erfahren, was nach Ansicht von Manfred Lütz, Berater der Deutschen Bischofskonferenz zu Missbrauchsfragen, nicht gemeldet zu werden braucht:

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Christliche Witzfiguren

15. Februar 2010

Die Kirche von England hat eine Erklärung verabschiedet, in der behauptet (nicht belegt!) wird, dass der Glaube an Gott – gemeint ist offensichtlich der „anglikanische“ Gott – und die Naturwissenschaften miteinander kompatibel seien. Die Erklärung richtet sich gegen atheistische Wissenschaftler wie Richard Dawkins, die – das wirft ihnen die Kirche vor – den Glauben als „plumpe Karikatur“ darstellen, der „blind und irrational sei“.

Der Vorwurf, Dawkins würde gegen „Strohmänner“ argumentieren – also Vorstellungen oder Argumente, die Christen heute gar nicht (mehr) so vertreten würden, scheint mir in der Tat einer der häufigsten Vorwürfe gegen Dawkins zu sein.

Aber wenn Dawkins tatsächlich nur gegen „Windmühlen“ ankämpft: Wie kommt es dann, dass – jedenfalls soweit ich das beurteilen kann – seine Gegner ihm immer gerade mit den Argumenten zu kommen scheinen, die er in seinem Buch „Der Gotteswahn“ bereits widerlegt hat? (Hier reicht es sogar aus zu sagen: besprochen hat.) Siehe z.B. Robert Spaemann und Manfred Lütz, bei denen ich schon vor einiger Zeit darauf hinwies, dass ihre exakte Argumentation in „Der Gotteswahn“ bereits behandelt wurde.

Wenn Dawkins‘ Darstellung des christlichen Standpunkts eine „plumpe Karikatur“ sein soll, sich seine Gegner aber gerade der von Dawkins besprochenen Argumente bedienen – dann muss es sich bei Dawkins‘ Kritikern offenbar um Witzfiguren handeln.

Ach so: Und da religiöser Glaube per Definition irrational ist – ansonsten würde man ihn nämlich nicht als Glaube bezeichnen (bei der Evolutions- oder Relativitätstheorie hingegen spricht man nicht von „Glauben“, bzw. tun das nur christliche Apologeten) – und sich die Church of England demgegenüber offensichtlich blind stellt, beweist sie mit ihrer Aktion nur, was sie bestreiten will.

Hinweis: Die Church of England hat hier und hier Hintergrundinformationen zu der Erklärung. Mir kam’s vor wie Geschwafel, aber wer will, kann sich’s ja durchlesen (auf Englisch).


Das perfekte Verbrechen und Veganismus

31. Dezember 2009

Veganer: Gut ohne Gott (Teil 2)

Theologen wie Manfred Lütz thematisieren gerne die Frage „Weshalb sollte man eigentlich gut sein, wenn es keinen Gott gibt?“ Lütz‘ Version dieser Frage lautet „Warum soll ich keine Bank überfallen, wenn ich sicher bin, dass ich nicht erwischt werde?

Lütz nimmt diese Frage zum Ausgangspunkt für die dümmstmögliche Argumentation (siehe Teil 1). Ich bin allerdings der Meinung, die Frage „Weshalb sollte man eigentlich gut sein, wenn es keinen Gott gibt?“ sollte nicht anhand einer völlig unrealistischen Fragestellung wie dem perfekten Banküberfall diskutiert werden.

Vielmehr sollte man Verhaltensweisen untersuchen, wo Menschen sich tatsächlich ohne Strafandrohung ethisch verhalten.

Beim Anschauen eines Interviews mit Peter Singer und Richard Dawkins fiel mir ein, dass Veganer dieses Kriterium erfüllen – also Menschen, die weder Tiere noch tierische Produkte essen bzw. allgemein die Nutzung von Produkten vermeiden, durch die Tiere zu Schaden kommen (z.B. auch durch Tierversuche).

Dieses Verhalten ist offensichtlich nicht durch das Risiko einer Bestrafung verursacht: Der Verzehr von Fleisch und die Nutzung von Tierprodukten ist ja gesellschaftlich akzeptiert. Veganismus hat auch keine religiöse Tradition – zumindest bei den abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Mir wäre nicht bekannt, dass der abrahamitische Gott Strafen für den Konsum von Tierprodukten androht – er erfreut sich vielmehr an Tieropfern (siehe Teil 3).

Demzufolge muss Veganismus eine andere Begründung haben als die Furcht vor Strafe. Bisher sind mir zwei Erklärungen eingefallen: Den Rest des Beitrags lesen »


Manfred Lütz und das perfekte Verbrechen

30. Dezember 2009

Veganer: Gut ohne Gott (Teil 1)

Durch ein Interview mit Peter Singer und Richard Dawkins angeregt, wollte ich hier etwas zu zum perfekten Verbrechen und Veganismus schreiben. Dazu mehr in Teil 2.

Zunächst musste ich feststellen, dass die (sinngemäße) Frage: „Würden Sie ein Verbrechen begehen, wenn Sie genau wüssten, dass sie nicht erwischt werden?“ (perfektes Verbrechen) derzeit vor allem von Manfred Lütz thematisiert wird. Z.B. hier:

Liebe Hörerinnen und Hörer, warum überfallen Sie eigentlich keine Bank, wenn Sie sicher sein können, dass sie nicht erwischt werden?

Warum soll ich keine Bank überfallen, wenn ich sicher bin, dass ich nicht erwischt werde?

„Wenn es keinen Gott gibt und man nicht erwischt wird, gibt es keinen Grund, die Bank nicht zu überfallen.“

Lütz‘ dümmstmögliche Argumentation

Die Frage, ob man das perfekte Verbrechen begehen würde, wenn man die Gelegenheit dazu hätte, ist durchaus interessant. Bei Lütz ist sie allerdings lediglich der Ausgangspunkt für die dümmstmögliche Argumentation, die ich mir vorstellen kann:

Lütz behauptet nämlich mit Verweis auf Kant und Dostojewski, dass es nur dann vernünftig sei, das perfekte Verbrechen nicht zu begehen, wenn es einen Gott gäbe. Diese Argumentation scheitert auf mehreren Ebenen gleichzeitig, daher „dümmstmögliche Argumentation“. Nur drei Punkte dazu:

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