Zum Statement von Erzbischof Zollitsch nach seinem Gespräch mit Papst Benedikt

Pressemitteilung der ökumenischen NetzwerkInitiative Kirche von unten (IKvu)

12.03.2010. Frankfurt/Main

Zum Statement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, nach seinem Gespräch mit Papst Benedikt:

Das Gespräch mit Papst Benedikt lässt keinen grundsätzlichen Wandel im Umgang mit diesem Thema erkennen. Seit vielen Jahren weist die IKvu auf die spezifische Problematik sexueller Gewalt in kirchlichen Räumen hin. Die Aufrichtigkeit von „Bestürzung“ und „Entschuldigung“ muss sich an konkreten Maßnahmen bzgl. Aufklärung, Prävention und Entschädigung messen lassen:

1. „Ehrliche Aufklärung, frei von falscher Rücksichtnahme“ (Zollitsch) kann die Kirche intern nicht leisten. Nur eine unabhängige Kommission wie in Irland und seit dieser Woche in den Niederlanden kann qualifizierte Aufklärung garantieren und die Defizite jeder internen Untersuchung vermeiden.

Das Beharren auf einem allgemeinen „Runden Tisch“, der schon jetzt als Imagerettung der Kirche diskreditiert ist, vertieft das Misstrauen in den Aufklärungswillen der Kirche.

2. Die Mängel der sog. „Leitlinien“ der DBK mahnt die IKvu seit deren Verabschiedung im Herbst 2002 an. Von einer „individuell angepassten menschlichen, therapeutischen und seelsorglichen Hilfe für Opfer und Angehörige“ zu sprechen, geht an der Realität in vielen deutschen Bistümern vorbei. Noch immer werden Betroffene bei Kontaktversuchen unter Druck gesetzt und ihre Angaben in Zweifel gezogen.

3. Ebenfalls bereits seit 2002 fordert die IKvu die Einrichtung eines Runden Tisches „Sexuelle Gewalt in der Kirche“ mit der Aufgabe, verbindliche Richtlinien zu erarbeiten, die auch eine Entschädigung und das strafrechtliche Procedere berücksichtigen. Es ist skandalös, angesichts der jahrezehntelangen Vertuschung jetzt die Kirche als Vorreiter auf diesem Gebiet darzustellen – und zugleich diese sensiblen Punkte gezielt auszusparen.

4. Die Betonung „verschiedener Rechtskreise“ forciert die weitere Verschleierung von Verantwortlichkeiten. Es muss jetzt darum gehen, wer als Täter oder als Mitwisser diese Verbrechen verübt bzw. gedeckt hat und wer nun dafür Verantwortung übernimmt.

5. Verantwortung tragen in den deutschen Bistümern die Personalreferenten, Generalvikare und Diözesanbischöfe der betroffenen Bistümer. An prominenter Stelle war Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising und als Präfekt der Glaubenskongregation seit Jahrzehnten verantwortlich. Die Vorschrift von 2001, in der Verbrechen dieser Art ausdrücklich der Zuständigkeit der Glaubenskongregation zugeordnet werden und Geheimhaltung betont wird, trägt seine Unterschrift.

6. Ignoriert wird nach wie vor eine spezifische Ursache für sexuelle Gewalt in der römisch-katholischen Kirche: ein autoritäres Kirchenbild, das soziale, psychische und auch sexuelle Formen von Gewalt strukturell fördert.

Ein Zeichen, das gegenüber den Opfern und der Gesellschaft glaubwürdig Reue und Umkehr signalisiert, ist überfällig. Die IKvu fordert die deutschen Bischöfe nachdrücklich dazu auf, die bisherige Taktik zu verlassen und mutig auf die Opfer zuzugehen: Auf der Agenda stehen Aufklärung und Entschädigung für die Taten der Vergangenheit und wirksame präventive Maßnahmen für die Gegenwart.

Bernd Hans Göhrig
Bundesgeschäftsführer

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Initiative Kirche von unten (IKvu) ist ein ökumenisches Netzwerk von 38 Basisgemeinden, kirchen- und gesellschaftskritischen Gruppen in der Tradition des politischen Linkskatholizismus und -protestantismus und der Befreiungstheologie.

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