Abt Kassian Lauterer blieb trotz Missbrauchs untätig

Anlässlich zweier Zivilklagen weist Altabt Kassian Lauterer darauf hin, dass er einen Pater seiner Abtei 1982 sofort aus dem Schuldienst entfernt habe, als er von Eltern über sexuellen Missbrauch informiert wurde. Im Fall eines anderen Paters blieb Abt Kassian allerdings jahrzehntelang untätig. Es handelt sich dabei um einen Fall, über den ich 2010 mehrfach berichtet habe.

Die österreichische Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau am Bodensee, die auch ein Internat betreibt, sieht sich Zivilklagen von Missbrauchsopfern gegenüber, die bis März 1982 von einem Pater des Klosters missbraucht worden sein sollen. Der betreffende Pater war bereits 1967 wegen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt worden.

Altabt Kassian Lauterer, der die Abtei von 1968 bis 2009 leitete, hat jetzt zu den Vorwürfen Stellung genommen. In einer Pressemitteilung der Abtei (erstellt von Krisenkomunikationsberater Harald Schiffl von der Agentur preventK)  heißt es:

Vorgänger, Abt Heinrich Groner, gab sein mögliches Wissen nicht weiter

Pater Kassian betont, dass sein 1968 verstorbener Vorgänger sein mögliches Wissen nicht an ihn weitergegeben hat und ihm keinerlei Informationen über eventuelle Verurteilungen von Pater J. hinterlassen hat. Auch in den Personalakten gab es keinerlei Unterlagen oder Hinweise. „Zur damaligen Zeit war es bedauerlicher Weise üblich, dass über derartige Ereignisse einfach geschwiegen wurde.“, so Pater Kassian.

1982 wurde sofort gehandelt

Pater Kassian weist zudem darauf hin, dass er 1982, als er von den Eltern des nunmehrigen Klägers über den sexuellem Missbrauch durch Pater J. informiert wurde, sofort gehandelt hat. Pater J. wurde aus dem Schuldienst entfernt, als Priester suspendiert und versetzt. Die Eltern des Opfers haben deshalb auf eine Anzeige verzichtet.

Die obigen Aussagen beziehen sich freilich nur auf den betreffenden, einen Pater, Johannes B. (Der zwar aus dem Schuldienst entfernt, aber in Tirol weiter eingesetzt wurde. und zwar auch als Pfarrer.) Kassian Lauterer hat aber fast die ganze „Europareise“ von Pater Gregor Müller zu verantworten, einem Zisterzienser, der Ende der 1960er Jahre in Birnau am Bodensee (Erzbistum Freiburg) mehrere Messdiener missbraucht hat. Müller wurde 1968 ins Kloster Oelenberg (Elsass) strafversetzt. Von Februar 1969 bis Ende 1970 war Müller im Kloster Himmerod in der Eifel, 1971 wurde er ins Bistum Basel versetzt – mit der Auflage, libidodämpfende Medikamente zu nehmen. Das dortige Bistum hat bestätigt, dass es damals von „unerlaubten sexuellen Handlungen“ des Paters in Deutschland und Österreich wusste. Schwer vorstellbar, dass Abt Kassian Lauterer davon keine Kenntnis gehabt haben soll. 1987 kam Pater Gregor dann noch einmal nach Birnau – den Ort, wo er zwei Jahrzehnte zuvor mehrere Kinder missbraucht hatte. 1992 wurde Müller nach Schübelbach im Bistum Chur (Schweiz) versetzt.

Ende 2006 informierte eines der Opfer aus Birnau das Bistum Freiburg (Update: und die Abtei Wettingen-Mehrerau, s.u.) über den Missbrauch durch Pater Gregor Müller. Das Bistum will daraufhin noch 2006 sofort den zuständigen Abt [also Kassian Lauterer] im Kloster Mehrerau verständigt [haben] – mit der Aufforderung, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Der Abt hat uns zugesichert, dies zu tun und sofort auch das Bistum Chur verständigen.“

Abt Kassian Lauterer muss demzufolge spätestens seit Ende 2006 gewusst haben, dass Pater Gregor Müller ein Missbrauchstäter ist. (Der Pater hatte den Missbrauch des betreffenden Opfers damals zugegeben.) Trotzdem ließ er Gregor Müller noch jahrelang weiter in Schübelbach – offenbar ohne Auflagen – mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. (Von „Pizza-Parties“ und Video-Abenden war die Rede.) Erst, nachdem das Opfer 2010 im Zuge des Missbrauchsskandals erfuhr, dass sein Peiniger immer noch in Schübelbach tätig war, und schließlich drohte, sonntags in vor der Kirche des Täters mit einem Schild „Hier zelebriert ein Kinderschänder“ zu demonstrieren, wurde Pater Gregor Müller aus Schübelbach abberufen – durch Kassians Nachfolger, Abt Anselm van der Linde.

Kassian Lauterer hat also Gregor Müller, nachdem dieser bereits wegen Missbrauchs strafversetzt worden war und zeitweise libidodämpfende Medikamente nehmen musste, jahrzehntelang weiterhin eingesetzt – z.T. sogar in derselben Pfarrei, wo er schon einmal Kinder missbraucht hatte –, wobei das Bistum Chur nicht einmal über dessen Vorgeschichte informiert wurde. Selbst, nachdem das Erzbistum Freiburg Abt Kassian Ende 2006 über den Missbrauch in Birnau informierte und der Pater diesen Missbrauch zugab, beließ Kassian Lauterer den Täter weiter in der Gemeinde Schübelbach.

Ich wünsche den Missbrauchsopfern viel Erfolg bei ihrer Klage.

Update: Das Opfer aus Birnau hat mir mitgeteilt:

„2006 habe ich neben Freiburg auch die Abtei verständigt! Und erst keine Antwort erhalten. Erst als ich in einem Gästebucheintrag auf der Homepage der Abtei öffentlich nach Pater Gregor suchte, hat der Abt meine Mail an den Täter weiter geleitet.“

Und:

„Bischof Ackermann hatte ich auch im Januar 2010 informiert, dass Pater Gregor Müller noch im Amt ist und habe ihn aufgefordert, etwas zu unternehmen – trotzdem blieb der „Missbrauchsbeauftragte“ untätig.“

2 Responses to Abt Kassian Lauterer blieb trotz Missbrauchs untätig

  1. Barkai sagt:

    schon wieder so eine aneinanderreihung von bedauerlichen Einzelfällen.

    aber wie immer besten Dank an dich, Skydaddy, dass du am Missbrauchsskandal in der RKK dran bleibst.

  2. Günter Stadler sagt:

    Mir ist bis heute kein einziger Fall bekannt, in dem ein rückfälliger
    Geistlicher von zivilen Gerichten zu Sicherungsverwahrung verurteilt wurde. Ein Schelm wer Böses dabei denkt! Für mich ist der deutsche Staat und seine Justiz ein Sympatisant von klerikalem
    Kindesmissbrauch. Ich lasse mir gerne das Gegenteil beweißen!

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