Bistum Hildesheim: Grundsätze ordnungswidriger Buchführung

Entgegen der Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung bilanziert das Bistum Hildesheim systematisch keine Grundstücke und Gebäude – und lässt sich das auch noch von Wirtschaftsprüfern bestätigen.

Von dem kleinen Fauxpas mit dem hundertfachen Missbrauchstäter Andreas L. aus Salzgitter abgesehen, muss man dem Bistum Hildesheim eine exzellente Öffentlichkeitsarbeit bescheinigen. Unredlich, aber erfolgreich: So gelang es Hildesheim, sich als Musterbistum in Sachen Missbrauch zu etablieren, obwohl auch nach der Verabschiedung der Missbrauchsleitlinien 2002 bis zum Missbrauchsskandal 2010 fast ununterbrochen Missbrauchstäter mit Wissen der Bistumsleitung mit Kindern eingesetzt waren. 2010 täuschten Bischof Norbert Trelle und sein Missbrauchsbeauftragter, der jetzige Weihbischof Heinz-Günter Bongartz, ihre Mitarbeiter und die Öffentlichkeit, indem sie so behaupteten, die Ausführungsbestimmungen zum Missbrauch seien schon vor dem Missbrauchsskandal in Kraft gesetzt worden und nicht erst danach.

Auch nun wird das Bistum Hildesheim in den Medien wieder als Musterbeispiel genannt, weil es schon seit Jahren einen Geschäftsbericht „nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften” vorlege, der von einer Wirtschaftsprüfungsfirma bestätigt sei.

Ein Grund für Skydaddy, sich mal kurz den letzten Geschäftsbericht des Bistums Hildesheim anzusehen.

Das Bistum enttäuscht nicht!

Der Zweck der Buchführung besteht üblicherweise darin (und kann nur darin bestehen), „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln“. (Sog. „Generalnorm des Jahresabschlusses“, die auch von den Wirtschaftsprüfern ausdrücklich bestätigt werden muss.)

In der Bilanz des Bistums Hildesheim für 2012 (Geschäftsbericht 2012, S. 34) sind die Grundstücke und Gebäude des Bistums mit 9.000 Euro (in Worten: neuntausend) beziffert.

Das allein macht schon deutlich, dass die Bilanz des Bistums das Vermögen (zumindest das Immobilienvermögen) nicht sinnvoll darstellt.

Noch bemerkenswerter ist allerdings, warum das so ist:

„Das Bistum Hildesheim bilanziert derzeit keine Grundstücke und Gebäude.“ [Aus dem Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfung, S. 51 im Geschäftsbericht 2012]

Nun wäre es vielleicht noch nachvollziehbar, wenn das Bistum Hildesheim sich auf den Standpunkt stellte, dass es alte Grundstücke und Gebäude, die sich seit jeher in seinem Besitz befinden, schlecht bewerten könne.

Das Bistum Hildesheim bilanziert aber auch neu erworbene Grundstücke und Gebäude nicht, obwohl das problemlos möglich wäre. Damit weicht es von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ab.

Das steht auch in den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (S. 40), wenn man sich die Mühe macht, diese zu lesen:

Die Geschäftsvorfälle werden nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung verarbeitet. Abweichend hiervon werden im Bereich des Sachanlagevermögens lediglich Gegenstände der Betriebs- und Geschäftsausstattung mit Anschaffungs- und Herstellungskosten aktiviert und dann über den Zeitraum der betrieblichen Nutzungsdauer abgeschrieben. Grundstücke und Gebäude werden dagegen im Jahr des Zugangs in voller Höhe als Aufwand und damit ergebnismindernd gebucht.

Diese Praxis ist durch nichts zu rechtfertigen. Wie gesagt, dienen Buchführung und Jahresabschluss dazu, ein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln“, und diese Buchführungstechnik lässt das Immobilienvermögen im wahrsten Sinne des Wortes aus der Bilanz verschwinden. Somit vermittelt der Geschäftsbericht ein unzutreffendes Bild der Vermögens- und Ertragslage.

Dies sagen auch die Wirtschaftsprüfer in ihrem Bestätigungsvermerk – allerdings nicht so deutlich. Dort heißt es (Geschäftsbericht S. 51, Hervorhebungen von mir):

Unsere Prüfung hat mit Ausnahme der folgenden Einschränkungen zu keinen Einwendungen geführt:

Das Bistum Hildesheim bilanziert derzeit keine Grundstücke und Gebäude. Käufe und Verkäufe von Objekten wurden im vorliegenden Jahresabschluss als Aufwand bzw. Ertrag berücksichtigt. […]

Mit diesen Einschränkungen entspricht der Jahresabschluss des Bistums Hildesheim, Hildesheim, nach unserer Beurteilung […] den gemäß der „Ordnung für Rechnungslegung und Wirtschaftsplanung des Bistums Hildesheim“ anzuwendenden Vorschriften des Dritten Buches, Erster und Zweiter Abschnitt des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bistums Hildesheim.

Die obige – m.E. durch nichts zu rechtfertigende – Buchungstechnik hat außerdem den Effekt, dass die Jahresüberschüsse des Bistums zu niedrig ausgewiesen werden. Während der Erwerb von Immobilien bei der sonst üblichen Buchungstechnik keinen Einfluss auf das Jahresergebnis hat (weil lediglich Geldvermögen gegen Immobilienvermögen mit dem gleichen Wert ausgetauscht wird), mindert der Erwerb von Grundstücken beim Bistum Hildesheim den Jahresüberschuss, weil das Geld ja dort als „ausgegeben“ verbucht wird.

Den Kirchensteuerzahlern wird auf diese Weise vorgegaukelt, die Kirchensteuern (bzw. sonstigen Erträge des Bistums) wären ausgegeben worden, während sie in Wirklichkeit in das (Immobilien-) Vermögen überführt wurden.

2 Responses to Bistum Hildesheim: Grundsätze ordnungswidriger Buchführung

  1. […] ich vorhin gebloggt habe, weicht das Bistum Hildesheim von den etablierten Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung […]

  2. […] gestern schon gebloggt, weicht das Bistum Hildesheim aber in eklatanter Weise von den Grundsätzen ordnungsgemäßer […]

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