Bundespresseamt steht zu Evangelisationsveranstaltung

31. März 2010

Bezüglich der JesusHouse-Evangelisationsveranstaltung im Bundespresseamt teilte mir selbiges Amt heute mit (Hervorhebung von mir):

Räumlichkeiten des Bundespresseamtes (BPA) werden überwiegend Behörden der Bundesregierung zur Verfügung gestellt und für eigene Veranstaltungen genutzt. Soweit hierüber hinaus Kapazitäten vorhanden sind, können die Räume (je nach Lage des Einzelfalls) an Dritte vergeben werden. Hierbei handelt es sich dann um solche Veranstaltungen, die der Widmung des Amtes nicht widersprechen, wozu beispielsweise auch die von Ihnen angesprochene Veranstaltung „Jesus House“ gehört. Die von Ihnen angeführte weltanschauliche Neutralität des Staates sehe ich hier nicht verletzt. Die Bedeutung der christlichen Organisationen für das Gemeinwesen in Deutschland ist unumstritten. Im Sinne der gesellschaftlichen Stellung der Kirchen und christlichen Organisationen entspricht die Bereitstellung der Räume der Normalität.

Für die Benutzung von Räumlichkeiten im BPA werden grundsätzlich, je nach Umfang und Dauer der Veranstaltung, Entgelte erhoben. Die Höhe entspricht In etwa den Kosten der Anmietung in anderen Häusern.


Evangelisationsveranstaltung im Bundespresseamt

30. März 2010

Am 23. April findet im Bundespresseamt in Berlin die „JesusHouse Preview“ statt – die Auftaktveranstaltung zu JesusHouse 2010/2011. Dabei findet nächstes Jahr Ende März/Anfang April eine zentrale Veranstaltung (JesusHouse zentral) in der Porsche Arena in Stuttgart statt, die per Satellit bzw. den Evangeliumsrundfunk an hunderte Orte in Europa übertragen wird, wo bereits ab September 2010 entsprechende lokale Veranstaltungen (JesusHouse lokal) abgehalten werden. (Meldung beim ERF)

Bei Wikipedia heißt es:

Ziel der Veranstaltung ist es, Jugendlichen den Glauben an Jesus näher zu bringen und ihnen einen Einstieg in das Christentum zu gewähren. Neben den Übertragungen werden persönliche Gespräche mit Christen angeboten, welche am Übertragungsort zugegen sind und die von ihren eigenen Erfahrungen berichten. In der Folge werden an den Veranstaltungsorten Informationskurse über den christlichen Glauben angeboten.

JesusHouse wird verantwortet von ProChrist e.V., einem Verein, der eng mit der Deutschen Evangelischen Allianz verbunden ist.

Beim Bundespresseamt sagte man mir, man könne deren Räumlichkeiten durchaus mieten. Darüber werde im Einzelfall entschieden. Zu den Details habe ich heute eine E-Mail an das Bundespresseamt geschickt. Meines Erachtens stellt es einen Verstoß gegen die Pflicht des Staates zu weltanschaulicher Neutralität dar, wenn das Bundespresseamt zum Ort von Evangelisationsveranstaltungen wird.

Darüber hinaus frage ich mich, weshalb die Bundesregierung gerade evangelikale Missionierungsveranstaltungen fördern sollte. Die beiden jungen Missionarinnen, die letztes Jahr im Jemen ermordet wurden, kamen auch aus dem evangelikalen Lager. Es ist außerdem, gelinde gesagt, nicht untypisch für die Evangelikalen, dass sie sich kritisch zu Homosexualität und Wissenschaft – insb. der Evolutionstheorie – äußern. An all dem kann die Bundesregierung kein Interesse haben.

Oder sie sollte es zumindest nicht.

Update: Carsten Frerk vermutet, dass JesusHouse bei der Berliner Pressekonferenz einen Raum für eine Pressekonferenz im Gebäude des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung gebucht haben, das Ganze jetzt „Preview“ nennen und einen auf dicke Hose machen. (Die Formulierung „dicke Hose“ stammt von mir, nicht von Carsten Frerk.)

Vielleicht antwortet das BPA ja mal auf meine E-Mail. Bei meinem Anruf wusste man jedenfalls von der Veranstaltung und schien sich auch nicht davon distanzieren zu wollen.


Düsseldorf: Justiz kriecht zu Kreuze

15. März 2010

Im neuen Düsseldorfer Justizgebäude soll jetzt doch ein Kreuz hängen – nur nicht mehr in den Gerichtssälen.

Das ergab heute ein Gespräch zwischen Vertretern der beiden großen Kirchen und den Präsidenten von Land-, Amts- und Oberlandesgericht.

DER WESTEN meldet:

Anschließend veröffentlichten sie eine gemeinsame Erklärung. Sie seien sich einig über die zentrale Bedeutung des Christentums für unsere Gesellschaft. Alle akzeptierten auch grundsätzlich die Neutralitätspflicht des Staates, zögen daraus aber verschiedene Schlüsse: Während die Präsidenten auf religiöse Symbole in den Sälen verzichten wollen, verstoßen aus Sicht der Kirche Kreuze in den Sälen nicht gegen die Neutralitätspflicht. Sie seien Ausdruck der Verbundenheit der Justiz mit ihrer Geschichte und dem Menschenbild des Grundgesetzes. Die Entscheidung gegen die Kreuze sehen sie aber nicht als gegen den christlichen Glauben gerichtet.

Zu allem Überfluss soll am 28. April auch noch ein ökumenischer Gottesdienst zur Einweihung des Gebäudes stattfinden.

Superintendent Ulrich Lilie freute sich: Das sei eine Lösung, die „nicht hätte besser ausfallen können.“

Wenn Kirchenvertreter so etwas sagen (oder auch, eine staatskirchenrechtliche Regelung habe sich „bewährt“), kann man stets sicher sein, dass die verfassungsmäßig gebotene weltanschauliche Neutralität des Staates mit Füßen getreten wird.

Die Justiz hat deutlich zu machen, dass sie weltanschaulich neutral ist. Das tut sie nicht, indem sie unnötigerweise Kreuze aufhängt, unnötigerweise Gebäude mit Gottesdiensten einweiht, und völlig unnötigerweise Erklärungen über die angebliche „zentrale Bedeutung des Christentums für unsere Gesellschaft“ abgibt!

Vielleicht sollte man da eine Protestaktion zugunsten weltanschaulicher Neutralität des Staates durchführen! IBKA NRW, übernehmen Sie!


Kreuze in Gerichtssälen: Theologen vs. Juristen

26. Februar 2010

Für die evangelische und die katholische Kirche in Rheine haben Hans Werner Schneider, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Tecklenburg, und Dr. Ludger Kaulig, Dechant des Dekanates Rheine, eine Stellungnahme zu Kreuzen in Gerichtssälen veröffentlicht.

Darin behaupten Sie:

Das Kreuz kann dabei darauf hinweisen, dass die Würde der Person zu achten ist und Verpflichtung zur Wahrheit und Achtung der Würde der Person in der Anwendung der Gesetze auch in der Rechtsprechung zum Zuge kommt. Insofern steht das Symbol des Kreuzes nicht im Gegensatz zu den Grundprinzipien der Rechtsprechung und dem Auftrag der Gerichte im demokratischen Rechtsstaat. [Hervorhebung von mir.]

Diese Auffassung wird z.B. von dem bekannten ehem. Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde und anderen abgelehnt. Ich zitiere aus dem Standardwerk „Religion und Weltanschauung in Gesellschaft und Recht“ (Artikel „Kreuz in Amtsräumen“) von Dr. Gerhard Czermak, selbst langjähriger Verwaltungsrichter:

Der prominente Katholik und langjährige Richter des BVerfG Ernst-Wolfgang Böckenförde hat das in einer 1975 veröffentlichten Abhandlung […] eindrucksvoll dargestellt: Die Rechtspflege ist eine Kernfunktion des Staats. Die Ausstattung der Gerichtssäle hat daher „die Funktion, die staatliche Rechtspflege als die unparteiische, nur Gesetz und Recht verpflichtete, von sachfremden Einflüssen und Einwirkungen unabhängige, die sie nach ihrem Amtsauftrag ist bzw. sein soll, sichtbar zu machen.“ Die Rechtsprechung als Ausdruck der unmittelbar hoheitlichen Staatstätigkeit erfordere distanzierende Neutralität, wozu das Kreuzsymbol im Widerspruch stehe. Es könne nicht den religiös-weltanschaulich neutralen Staat repräsentieren. Da davon auszugehen ist, so Böckenförde, dass die Anbringung von Kreuzen keinen Einfluss auf die Rechtsprechung hat und haben darf, ist der Sinn einer solchen Ausstattung nicht einmal für Christen einzusehen, sie sei nur „leere Form“, „Hervorbringung eines Scheins“. Der Wunsch, einen Eid vor einem Kreuz zu leisten, lässt sich auch ohne Dauerausstattung der Gerichtssäle mit diesem Symbol erfüllen. Eine derartige Ausstattung ist daher als solche „objektiv verfassungswidrig“. Diese Auffassung wird heute von zahlreichen, überwiegend christlich orientierten, Rechtsgelehrten auch offen ausgesprochen, z. T. sogar von harten Gegnern der Schulkreuz-Entscheidung (wie hier im Erg. z. B. A. Debus; M.-E. Geis, S. Huster; S. Korioth, G. Manssen, M. Morlok, S. Muckel, R. Röger, K. Schlaich, L. Renck u. a.).  [Fette Hervorhebung von mir, kursiv im Original.]

Demzufolge erklärte auch die Neue Richtervereinigung (NRV) Nordrhein-Westfalen am 18. Februar in einer Presseerklärung zum Düsseldorfer „Kruzifix-Streit“:

Die Neue Richtervereinigung (NRV) Nordrhein-Westfalen ist über den Düsseldorfer „Kruzifix-Streit“ erstaunt. Die Kritik daran, dass der Landgerichtspräsident in Düsseldorf anlässlich des Umzugs in das neue Gerichtsgebäude nicht erneut Kreuze oder Kruzifixe anbringen lässt, sei nicht nachvollziehbar.

Die NRV weist auf die eindeutige Rechtslage hin. Das Grundgesetz verpflichte den Staat zur Neutralität gegenüber den unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen und gegenüber einem Nicht-Bekenntnis. Durch die Anbringung religiöser Symbole in staatlichen Einrichtungen stelle der Staat seine Bereitschaft zur Einhaltung dieser Neutralität in Frage. Das Bundesverfassungsgericht habe dies in seinem Urteil vom 16. Mai 1995 (1 BvR 1087/91, „Kruzifix-Urteil“ zur Anbringung religiöser Symbole in staatlichen Schulen), seinem Beschluss vom 24. September 2003 (zu einer Kopftuch tragenden Lehramtsbewerberin) und bereits lange zuvor, mit Beschluss vom 17. Juli 1973, 1 BvR 308/69, festgestellt, wonach die Ausstattung eines Gerichtssaals mit einem Kreuz das Grundrecht eines Prozessbeteiligten aus Art. 4 Abs. 1 GG (in Gestalt der negativen Religionsfreiheit) verletzen könne. Schauplatz des letztgenannten Falls sei damals das Verwaltungsgericht Düsseldorf gewesen. In Vollzug der Verfassungsgerichtsentscheidung seien damals, vor nunmehr fast 37 Jahren, in der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit – soweit vorhanden – sämtliche Kreuze und Kruzifixe entfernt worden.

Schon von daher sei es unerklärlich, dass die rechtlich gebotene Entscheidung des Gerichtspräsidenten heute überhaupt Aufsehen erregen könne. Genauso unerklärlich sei unter Anlegung rechtsstaatlicher Grundsätze die Verlautbarung des nordrhein-westfälischen Justizministeriums, das Vorhandensein von Kreuzen in Gerichtssälen beruhe auf einer „überlieferten Übung“. [Hervorhebungen von mir.]


E-Mail an den Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU (Religionsunterricht/Christliche Grundhaltungen)

5. Januar 2010

Betreff: Die LINKE will den Religionsunterricht abschaffen? Der Staat setzt auf christliche Grundhaltungen?

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beziehe mich auf ein Interview in der Rheinischen Post mit dem neuen Vorsitzenden des EAK in Düsseldorf, Frederik Herzberg.

[… Bitte um Weiterleitung an Herzberg …]

In dem Interview behauptet Herr Herzberg, die LINKE wolle den Religionsunterricht abschaffen:

Wir müssen daher auf Parteien wie Die Linke achten, die den Religionsunterricht abschaffen will.

Ein Blick in das Wahlprogramm der Linken NRW für 2010 zeigt, dass der Religionsunterricht keineswegs angetastet werden soll:

Im Landtag NRW und außerhalb der Parlamente setzen wir uns ein:

  • […]
  • Für die Einführung eines gemeinsamen Ethikunterrichts als Pflichtfach. Unterricht in den verschiedenen Religionen wird nach Möglichkeit angeboten, ist jedoch freiwillig.
  • […] [Hervorhebung von mir.]

Bei der Bundesgeschäftsstelle der Linken in Berlin sagte man mir, dass dies auch die Position der Linken in den anderen Bundesländern sei.

Mich würde daher interessieren: Wie wird die Behauptung, die LINKE wolle den Religionsunterricht abschaffen, begründet? Vielleicht gibt es beim EAK dazu ja eine Art „Sprachregelung“.

Weiterhin behauptet Herr Herzberg in dem Interview, der deutsche Staat „setzt auf christliche Grundhaltungen, weil er selbst keine Wertprämissen schaffen kann“.

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