WHO spricht sich gegen Beschneidung von Säuglingen und Kindern aus

27. Dezember 2009

Befürworter der Beschneidung weisen gerne auf eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO hin, die die Beschneidung von Männern als zusätzliche Maßnahme zur Vorbeugung gegen HIV/AIDS in Ländern mit hohen „heterosexuellen“ HIV-Infektionsraten und geringen Beschneidungsraten bei Männern empfiehlt.

Was dabei meines Erachtens nicht ausreichend betont wird ist, dass die WHO sich nur auf die freiwillige Beschneidung erwachsener Männer bezieht:

Countries should ensure that male circumcision is provided with full adherence to medical ethics and human rights principles, including informed consent, confidentiality, and absence of coercion. [Hervorhebungen von mir.]

Mit anderen Worten: Die WHO fordert, dass die Beschneidung von Männern nur nach ausreichender Information, freiwilliger Zustimmung und ohne Zwang durchgeführt wird. Diese Kriterien können bei Säuglingen und Kindern nicht erfüllt sein.

Und um weiteren Missverständnissen vorzubeugen: An anderer Stelle heißt es:

A more rapid public health benefit will be achieved if age groups at highest risk of acquiring HIV are prioritized, although providing male circumcision services to younger age groups will also have public health impact over the longer term. [Hervorhebung von mir.]

Wenn hier von „jüngeren Altersgruppen“ die Rede ist, zielt das nicht auf die Beschneidung von Kindern ab, sondern es geht hier um die Priorisierung von Altersgruppen, um den Effekt von Beschneidungsprogrammen zu maximieren. So berichtet der Spiegel zu diesem Thema, in Manhattan sei in einer Bevölkerungsgruppe jeder fünfte zwischen 40 und 50 Jahren HIV-infiziert. Dementsprechend würde man sich zu Beginn des Beschneidungsprogramms vor allem auf die entsprechende Altersgruppe konzentrieren, um dann im Verlauf des Programms auch jüngere Altersgruppen mit einzubeziehen – damit wäre aber hier „jünger als 40“ oder „jünger als 30“ gemeint. Offensichtlich wäre es Ressourcenverschwendung, im Zuge solcher Programme Säuglinge und Kinder zu beschneiden, die auf absehbare Zeit noch gar keinen Geschlechtsverkehr haben.

Damit spricht sich die WHO implizit gegen die Beschneidung von Säuglingen und Kindern aus: Wenn selbst mit der Begründung der HIV/AIDS-Vorbeugung die Beschneidung nicht ohne informierte Einwilligung und unter Zwang erfolgen darf, dann darf sie dies ohne den Zweck der Aids-Vorbeugung erst recht nicht. Jedenfalls kann die WHO-Empfehlung nicht zur Verteidigung der Säuglings- und Kinderbeschneidung herangezogen werden.

Persönliche Anmerkung: Ich frage mich: Wer bereit ist, sich aus Gründen der AIDS-Vorbeugung beschneiden zu lassen, der müsste doch auch willens und in der Lage sein, ein Kondom zu benutzen. Und ich vermute mal, dass es mit Kondom keine Rolle spielt, ob sich darunter eine Vorhaut befindet oder nicht. Aus präventivmedizinischer Sicht zumindest…

Hintergrund: Gotteswahn

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