Katholische Priester überdurchschnittlich oft pädokriminell?

16. März 2010

Eins vorweg: Ich will hier ganz bestimmt nicht alle katholischen Geistlichen unter Generalverdacht stellen. Die Überschrift ist tatsächlich als Frage gemeint, deren Diskussion ich hier anstoßen will.

Ich sehe ich mich nämlich erneut veranlasst, auf seltsame Äußerungen eines Kriminologen einzugehen – diesmal von einem, von dem es im Internet eine Predigt zum Thema „Verbot von Killerspielen“ gibt:

(domradio.de) Der Kriminologe Christian Pfeiffer […] widersprach [..] dem Eindruck, dass Priester massenhaft Missbrauchstäter seien. Dem stehe die Kriminalitätsstatistik entgegen, die für die vergangenen 15 Jahre nur 0,1 Prozent der Tatverdächtigen als katholische Geistliche ausweise.

Soso, „nur“ 0,1 Prozent der Tatverdächtigen sind katholische Geistliche? So etwas kann der gute Skydaddy nicht lesen, ohne sofort zu prüfen, wie groß denn der Anteil der katholischen Geistlichen an der Gesamtbevölkerung ist. Wenn er kleiner ist als 0,1 Prozent würde das darauf hindeuten, dass katholische Priester überdurchschnittlich häufig in der Statistik zum sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) vertreten sind.

Dem Artikel Priestermangel bei Wikipedia zufolge sank die Zahl der Priester in Deutschland von 1978 bis 2007 von 24.659 auf 15.759. Nimmt man an, dass die Abnahme linear erfolgte, so ergibt sich für die 15 Jahre von 1993 bis 2007 abschätzungsweise eine durchschnittliche Priesterzahl von 17.907.

Als Vergleichsgröße habe ich die Anzahl der Wahlberechtigten bei der Bundestagswahl 2009 (62,2 Mio) gewählt. Es können ja nur Volljährige straffällig werden (glaube ich – als guter Atheist komme ich mit den Strafverfolgungsbehörden nicht so oft in Kontakt), man darf also nicht die komplette Bevölkerung zum Vergleich heranziehen. Ich habe auf die Schnelle keine vergleichbaren Zahlen für die Wahlberechtigten in den letzten 15 Jahren gefunden, aber da die Bevölkerung der Bundesrepublik abnimmt, dürften die Wahlberechtigten 2009 weniger sein als die durchschnittliche Zahl der Wahlberechtigten in den letzten 15 Jahren, was sich in dieser Untersuchung „zugunsten“ der Geistlichen auswirkt.

Setzt man nun die 17.907 Geistlichen ins Verhältnis zu den 62,2 Mio. Wahlberechtigten, so erhält man einen Anteil von 0,029 Prozent. Nun sollte man berücksichtigen, dass vermutlich der ganz überwiegende Teil der Sexualstraftäter männlich ist. Setzt man die Zahl der Priester ins Verhältnis zu den 30 Mio. männlichen Wahlberechtigten, so kommt man auf einen kath. Priesteranteil von 0,06%.

Zugunsten der Priester könnte man jetzt noch anführen, dass diese ja nicht gleich am 18. Geburtstag zum Priester geweiht werden. Eine kurze Stichprobe im Internet zu beliebten Geistlichen ergab, dass deren Priesterweihe meist in den 20ern erfolgte (Walter Kardinal Kasper: mit 24, Ratzinger Josef: mit 24, Ratzinger Schorsch: mit 27, Joachim Kardinal Meisner: mit ca. 29, Bischof Mixa: mit 29). Bei Bischof Müller dauerte es etwas länger, er wurde kurz nach seinem 30. Geburtstag zum Priester geweiht.

Wenn man aus der Statistik der Wahlberechtigten alle Männer unter 30 herausnimmt (was hier unrealistisch günstig für die Priester ist), kommt man auf 24,8 Mio. Daran haben die 17.907 Priester einen Anteil von 0,072 Prozent.

In der Kriminalstatistik dürften allerdings auch Nicht-Wahlberechtigte auftauchen, das könnten z.B. kriminelle Ausländer sein. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung soll bei ca. 8,8 Prozent liegen. (Wobei die Ausländer unter den jüngeren Jahrgängen stärker vertreten sein dürften während die Priester unter den älteren Jahrgängen stärker vertreten sein dürften, das kann ich hier aber nicht berücksichtigen.)

Korrigiert man jetzt die Wahlberechtigten um den Ausländeranteil von 8,8%, so ergibt sich eine Vergleichgruppe von 27.192.982 Männern ab 30. Die 17.907 Priester haben daran einen Anteil von 0,066 Prozent.

Nun kann Pfeiffers Angabe von 0,1 Prozent alles bedeuten von 0,05 bis 1,49 Prozent. Nachdem uns Prof. Pfeiffer allerdings mit dieser Statistik beglückt hat stellt sich aber doch die Frage, ob katholische Geistliche nicht in der Statistik überrepräsentiert sind.

Das Problem ist nämlich: Einerseits könnten die 0,1 Prozent mehr oder weniger die aufgerundeten 0,066 Prozent sein. (Ich halte das aber für unwahrscheinlich, denn Pfeiffer wollte die Priester ja entlasten und hätte vermutlich den niedrigeren Wert benutzt, wenn er deutlich von den 0,1 Prozent nach unten abweichen würde.)

Andererseits: Wenn meine Abschätzung stimmt und außerdem die Priester tatsächlich zu 0,1 Prozent in der Kriminalstatistik zum sexuellen Kindesmissbrauch auftauchen, dann hieße das, dass Priester 50% häufiger verdächtigt werden, als man es aufgrund ihres Anteils an der Bevölkerung erwarten würde. Es soll Untersuchungen in den USA geben, denen zufolge Priester doppelt so häufig auffällig werden wie der Bevölkerungsdurchschnitt. (Ich habe das noch nicht konkret geprüft, es heißt auch, es gäbe keine belastbaren Untersuchungen.) Das könnte derselbe Effekt sein, der sich auch hier zeigt.

Kennt jemand die Original-Statistik? Es wäre interessant, die Dezimalstelle nach den 0,1 Prozent zu erfahren. Habe ich bei meiner Abschätzung etwas unberücksichtigt gelassen?

Update: Dank Condorcets Hinweis (unten) und etwas Googeln bin ich auf eine Meldung von Radio Vatikan gestoßen, derzufolge der Vatikan-Verantwortliche für Priester, Kardinal Claudio Hummes, sagte, etwa vier Prozent der Priester weltweit seien pädophil. (Ob damit lediglich die Veranlagung gemeint ist oder die Praxis, erfährt man leider nicht.)


Missbrauchsstatistik: „Experte“ arbeitet für die Kirche

25. Februar 2010

Update: Prof. Kröber hat mir eine Stellungnahme mit zusätzlichen Informationen zukommen lassen.

Kriminalpsychiater springt der Kirche zur Seite

Als der SPIEGEL (6/2010) vorletzte Woche groß über den Missbrauchsskandal in katholischen Einrichtungen berichtete, sprang der Kirche noch vor der Veröffentlichung des Heftes der Kriminalpsychiater Hans-Ludwig Kröber zur Seite. Nichtzölibatär lebende Männer würden mit einer 36mal höheren Wahrscheinlichkeit zu Missbrauchstätern als katholische Priester, sagte Kröber der Katholischen Nachrichtenagentur KNA, wie domradio.de meldete. [Update: Hier noch ein längerer Artikel bei domradio.de.]

So berichtete dann z.B. RP ONLINE:

Das Magazin „Spiegel“ berichtet über das Ergebnis einer Recherche bei den 27 deutschen Diözesen. Nach Auskunft von 24 Diözesen (diejenigen von Limburg, Regensburg und Dresden-Meißen verweigerten Auskünfte) wurde seit 1995 gegen 94 Priester und kirchliche Laien wegen sexueller Übergriffe gegen Schutzbefohlene ermittelt. Aktuell stünden mindestens zehn Kirchenleute unter Verdacht. Dazu sagte der Kriminalpsychiater Hans-Ludwig Kröber, diese Zahlen belegten, dass sexueller Missbrauch bei Geistlichen der katholischen Kirche sehr viel seltener vorkomme als bei anderen erwachsenen Männern. Kröber, der als Professor für Forensische Psychiatrie an der Berliner Klinik Charité wirkt, ergänzte, dass nicht-zölibatär lebende Männer mit einer 36fach höheren Wahrscheinlichkeit zu Missbrauchstätern würden als katholische Priester. Seit 1995 habe es in Deutschland insgesamt rund 210 000 polizeilich erfasste Fälle von Kindesmissbrauch gegeben. Es bestehe die Gefahr, dass die Kirche Selbstgeißelung betreibe und aus Angst vor neuem Unrecht an vermeintlichen Opfern alle Anschuldigungen ungeprüft akzeptiere.

kathnews erwähnte außerdem, dass Kröber auch Mitherausgeber des Standardwerkes „Handbuch der Forensischen Psychiatrie“ ist.

Und die ZEIT meldete:

[D]ie hauseigene katholische Nachrichtenagentur [verbreitete] die Aussage des Kriminalpsychiaters Hans-Ludwig Kröber von der Berliner Charité: „Es ist geradezu auffällig, wie wenig Fälle von sexuellem Missbrauch es im Bereich der Kirche gibt“ – verglichen mit der Gesamtgesellschaft. [Hervorhebung von mir.]

„Tendenziöse Meldung“

In einer Stellungnahme („Gipfel der Scheinheiligkeit“) zum Missbrauchsskandal kritisierte der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung gestern (24. Februar 2010) auch die obige Argumentation scharf, der sich in der Folge auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, bedient hatte:

Besonders scharf kritisierte der gbs-Sprecher den Versuch des Freiburger Erzbischofs, „die Missbrauchsfälle in katholischen Institutionen herunterzuspielen.“ Wie die ‚Taz’ am Montag berichtete, hatte Zollitsch behauptet, dass das Risiko, sexuell missbraucht zu werden, in Familien „36 mal größer“ sei als beim Kontakt mit einem katholischen Priester, weshalb es „völlig falsch“ sei, der katholischen Kirche ein „strukturelles Problem“ zu unterstellen. „Mit dieser Aussage erklimmt Zollitsch gewissermaßen den Gipfel der Scheinheiligkeit! “, sagte Schmidt-Salomon. „Man sollte in diesem Zusammenhang wissen, dass der bischöfliche Vergleich nicht auf einer seriösen, wissenschaftlichen Untersuchung beruht, sondern auf einer tendenziösen Meldung des Domradios. Dort wurden die 94 kircheninternen Missbrauchsfälle, über die ‚Der Spiegel’ vor kurzem berichtete, einfach mit der Gesamtstatistik der polizeilich erfassten Missbrauchsfälle verrechnet. Abgesehen davon, dass die zugrunde liegende Datenlage höchst problematisch ist, führt ein solcher Vergleich schon allein deshalb zu verzerrten Ergebnissen, weil viele Kirchenbedienstete im Unterschied zur Gesamtbevölkerung keinen regelmäßigen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben.

Schmidt-Salomon zufolge hätten für einen Vergleich mit Familien nur jene Zölibatäre herangezogen werden dürfen, die etwa in kirchlichen Internaten und Heimen permanenten Zugang zu Kindern haben: „Dadurch wäre sofort sichtbar geworden, dass die Kirche sehr wohl mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat! Denn über Jahrzehnte hinweg war das Risiko sexueller Gewalterfahrungen für Kinder und Jugendliche, die in christlichen Heimen lebten, um ein Vielfaches höher als das Risiko derer, die in Familien aufwuchsen! Nicht ohne Grund sind die Kirchen heute mit den Forderungen vieler Tausend ehemaliger Heimkinder konfrontiert, die endlich eine Entschädigung für die Verbrechen verlangen, die an ihnen begangen wurden!“ [Hervorhebung von mir.]

Kriminalpsychiater – für die Katholische Kirche!

Heute erfahre ich nun aus der Badischen Zeitung, dass Kröber gar kein unabhängiger* Experte ist, wie man es anhand der Meldungen z.B. bei domradio.de glauben könnte. Kröber ist einer von fünf Gutachtern, die für die Katholische Kirche Priester begutachten, die des Missbrauchs verdächtig sind:

In Deutschland gibt es zwei Lehrstühle zur forensischen Psychiatrie: Neben Norbert Leygraf arbeitet auch Hans-Ludwig Kröber für die Kirche. Kröber ist Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin. Außerdem prüfen Max Steller und Renate Volbert (beide FU Berlin) sowie Friedemann Pfäfflin vom Universitätsklinikum Ulm katholische Geistliche. Ausgewählt hat sie der Kölner Theologe und Psychiater Manfred Lütz.

Das hätte man m.E. auch gleich melden können. Aber die Verantwortlichen werden schon wissen, weshalb sie diese Information unterschlagen haben.

Anmerkungen:

* Mit „unabhängig“ meine ich oben, dass er keine geschäftlichen oder ähnliche Beziehungen zur Kirche pflegt. Also quasi „ohne Verbindungen zur Kirche“.

Um das klarzustellen: Prof. Kröber arbeitet natürlich auch nicht hauptberuflich für die Katholische Kirche. Kröber ist – wie man in dem obigen Zitat lesen kann – Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin. Und ja: Es gibt tatsächlich noch andere psychopathische Kriminelle als katholische Priester 😉 Mit ersteren befasst er sich hauptsächlich. Wie mir Prof. Kröber mitteilte, hat er in 6 Jahren nur 3 Fälle für die Kirche begutachtet.

 


Spürbarer Einfluss der „Neuen Atheisten“?

29. November 2009

Als ich mir neulich die Kirchenaustrittsstatistiken ansah, fiel mir folgendes auf: Seit Anfang der 1990er Jahre sind die Kirchenaustritte bis 2006 ziemlich kontinuierlich zurückgegangen. 2007 stiegen die Austrittszahlen dann wieder an (um ca. 9%), und 2008 schossen sie dann quasi noch einmal um weitere 25% in die Höhe. Wie ist das zu erklären?

Nun, 2007 könnte die Erhöhung der Mehrwertsteuer für manchen ein Anlass gewesen sein, aus der Kirche auszutreten, um wenigstens bei der Kirchensteuer zu sparen. Was aber erklärt den starken Anstieg in 2008? (2009 dürften die Austrittszahlen auf einem ähnlichen Niveau liegen, d.h. kein weiterer Anstieg.)

Die einzige Erklärung, die mir bisher dazu in den Sinn kam, ist der Umstand, dass Ende 2007 die Bücher der drei bekanntesten „Neuen Atheisten“ auf den deutschen Markt kamen: Im September „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins und „Das Ende des Glaubens“ von Sam Harris, und im Oktober „Der Herr ist kein Hirte“ von Christopher Hitchens. Diesen wurde ja beachtliche Aufmerksamkeit zuteil, die sich u.a. in zahllosen „Gegen-Büchern“, aber auch Fernsehdiskussionen niederschlug, vom Internet ganz zu schweigen.

Papst Benedikt XVI. ist ja auch immer gut darin, Anlässe für Kirchenaustritte zu liefern, aber seine Entscheidung bzgl. der Pius-Brüder schlug erst dieses Jahr Wellen – also 2009.

Damit besteht meine einzige Erklärung für den deutlichen Anstieg der Kirchenaustritte ab 2008 in der Diskussion um die „Neuen Atheisten“. Damit meine ich nicht nur die Bücher, sondern natürlich auch die Diskussion darum, Internet-Aktivitäten, nicht zuletzt auch Arbeit der Giordano-Bruno-Stiftung. Es würde auch erklären, weshalb der „Hauptgegner“ der Kirchen nunmehr der Atheismus zu sein scheint, während dieser noch vor zehn, zwanzig Jahren kaum beachtet wurde und stattdessen „Sekten“ von den Kirchen als „Buhmann“ aufgebaut wurden.

Kennt jemand eine andere Erklärung für den Anstieg der Kirchenaustritte in 2008?


Kircheneintritte: Kein Grund zum Jubel

27. November 2009

In einem Umfeld beständig sinkender Mitgliederzahlen, einbrechender Kirchensteuereinnahmen und Kirchenschließungen hat die EKD diese Woche einen Aufwärtstrend bei den Eintritten verkündet. Heute will die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hierzu eine Studie mit dem Titel „Schön, dass Sie (wieder) da sind!“ vorstellen.

Erfreulicherweise haben nicht alle Medien die Jubelschlagzeile „Evangelische Kirche verzeichnet 60.000 Eintritte neuer Mitglieder“ des Evangelischen Pressedienstes epd übernommen. Sie ist zwar technisch richtig, aber dennoch irreführend, denn die Gesamtmitgliederzahl der beiden Großkirchen sinkt bekanntermaßen stetig. So titelte z.B. Der Westen: „Für jeden Kircheneintritt treten zwei andere Mitglieder aus„. Das kommt der Wahrheit schon näher.

Wiedereintritt per „Rasterfahndung“?

Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die gemeldeten 60.000 „neuen Mitglieder“ pro Jahr etwa 5.000 (also fast 10%) „Zwangs-Wiedereingegliederte“ beinhalten dürften, die mit Hilfe einer „Rasterfahndung“ ermittelt wurden und keinen Nachweis über ihren Kirchenaustritt mehr erbringen konnten. Der HVD hat erst letzte Woche wieder einen Verzicht auf diese Praktik gefordert. Wahrlich kein Grund für die EKD, stolz zu sein.

Die 60.000 beinhalten zudem diejenigen, die in die Kirche eintreten, weil sie eine Anstellung bei einer evangelischen Einrichtung anstreben oder haben.

Wiedereintritt „auf Zeit“ zwecks Eheschließung

Auch Formulierungen bzw. Interpretationen wie „Danach kehrt fast jeder zweite Protestant nach einem Austritt in die Kirche zurück“ sind mit äußerster Vorsicht zu genießen. Es ist nämlich keineswegs immer so, dass der Eintritt auf den Austritt folgt. Es gibt durchaus Menschen, die „zeitweise“ wieder Kirchenmitglied werden, z.B. um kirchlich zu heiraten. Und dann wieder austreten. Das „bläht“ die Statistik auf mit je einem Ein- und einem Austritt, ohne dass sich an der Nettozahl etwas ändert.

Im Übrigen ist eine Selbstverständlichkeit, dass, je mehr Leute aus der Kirche ausgetreten sind, auch mehr Leute wieder eintreten. Das „Win-back-Potential“ ist ja größer. 

Ein sicheres Mittel zur Senkung der Kirchenaustritte: Verzicht auf die Säuglingstaufe

Margot Käßmann hat angekündigt, die Problematik der Kirchenaustritte zu einem Schwerpunkt ihrer Amtszeit machen. Ein sehr einfaches Mittel zur Senkung der Kirchenaustritte dürfte der Verzicht auf die ungefragte Zwangsmitgliedschaft per Säuglingstaufe sein. Wer gar nicht erst ungefragt zum Mitglied gemacht wird, der braucht später auch nicht auszutreten. Umgekehrt gilt: Wer die Menschen ungefragt zu Mitgliedern macht, der darf sich über hohe Austrittszahlen nicht wundern. Das ist aber nicht Käßmanns Strategie: Sie setzt auf Kindertagesstätten, Eltern, die christlich erziehen, und auf evangelische Schulen.


Der Westen wird religionsfrei

15. November 2009

Andreas Müller verschönt mir den Sonntag mit diesem Artikel:

Die Säkularisierungshypothese hat sich allen Unkenrufen zum Trotz als wahr erwiesen. Mit zunehmender wirtschaftlicher Sicherheit und allgemein zugänglicher Bildung sinkt in allen modernen Staaten die Religiosität. Die USA wird moderat christlich – eine Übergangsphase – und Europa wird atheistisch.

Mehr bei Aufklärung 2.0.


Ein Drittel Konfessionslose im Bundestag?

14. November 2009

Tammox wies vor einiger Zeit in Olylys Blog auf eine Meldung des Hamburger Abendblattes zur Zusammensetzung des neu gewählten Bundestags hin. Zitat:

Gestiegen ist der Anteil der konfessionslosen Abgeordneten. Im Bundestag sitzen jetzt 247 statt bisher 182 Abgeordnete ohne Konfessionszugehörigkeit. Die Zahl der evangelischen Abgeordneten sinkt von 242 auf 193. Der katholischen Kirche gehören 176 Abgeordnete an. Im vorigen Bundestag waren es 182. Es gibt außerdem sechs Muslime, zwei mehr, als es bisher waren. [Hervorhebung von mir.]

Heißt das, dass 247 von 622 Bundestagsabgebordneten konfessionslos sind? Das hieße ja, dass wir entsprechend unserem Anteil an der Bevölkerung repräsentiert wären!

Das erschien mir dann doch zu schön um wahr zu sein. Immerhin sind selbst die Ministerpräsidentin und -präsidenten in den neuen Bundesländern (wo der Anteil der Konfessionslosen überall mindestens zwei Drittel beträgt) durchweg Christen.

Die Lösung liegt darin, dass die Mitglieder des Bundestags natürlich keine Angabe zur Religion machen müssen. Eine Aufschlüsselung zum vorherigen Deutschen Bundestag verrät: damals haben 26 Abgeordnete zur Konfession „konfessionslos“ angegeben, 189 machten keine Angabe. Der Anteil der „bekennenden“ Konfessionslosen war also nur etwa 4 Prozent! Daran dürfte sich auch beim neuen Bundestag wenig geändert haben.

Unter den Abgeordneten ohne Angabe dürften durchaus auch Kirchenmitglieder sein. Gerade christliche Politiker in den überwiegend „konfessionslosen“ Bundesländern, aber auch z.B. evangelische Politiker in katholischen Gegenden könnten es vorziehen, keine Angabe zu machen. Als ich kürzlich versuchte, die Religions- bzw. Konfessionszugehörigkeit der Regierungschefs in den Bundesländern zu bestimmen, gestaltete sich dies teilweise durchaus schwierig, weil diese Angabe – ich beanstande dies nicht! – auf offiziellen Seiten nicht zu finden war.


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