Bischof Müller: Aussage „vor laufender Kamera“

15. März 2010

Bischof Müller, der wandelnden Nebelkerze, geht wahrscheinlich schon der Stift wegen der Berichte, er habe die Bundesjustizministerin als Mitglied „einer Vereinigung nach Art der Freimaurer, die Pädophilie als eine normale Sache darstellt, die straffrei zu stellen ist“ bezeichnet.

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union, die mit diesen Vorwürfen gemeint war, hat Müller dazu aufgefordert, diese Vorwürfe – wenn er sie denn gemacht hat – zurückzuziehen, da sie natürlich nicht wahr sind.

Das Bistum hatte zunächst mitteilen lassen, Müller habe kein Interview mit der italienischen Zeitung „La Stampa“ autorisiert.

Die WELT weist aber darauf hin, dass es in dem betreffenden Artikel heißt, der Bischof habe seine Aussage „vor laufender Kamera“ [und mehreren Journalisten, wie ich höre]  getroffen.

Dass Müller die Aussage tatsächlich so gemacht hat, davon darf man wohl ausgehen – andernfalls hätte er sicher die Äußerung selbst dementiert und nicht nur mitteilen lassen, dass er kein Interview autorisiert hat.

Müller offenbarte bereits in der Vergangenheit oft ein solides Halbwissen, das er gerne dazu benutzte, seine Gegner zu diffamieren. So hatte Müller seinerzeit in einer Predigt den Eindruck erweckt, Michael Schmidt-Salomon und Helge Nyncke ließen in ihrem religionskritischen Kinderbuch „Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel“ Geistliche in Gestalt von Schweinen auftreten, und Schmidt-Salomon rechtfertige Kindestötungen mit dem Hinweis auf Berggorillas.

Erst kürzlich hatte Müller erklärt, Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels habe “in seiner berühmt-berüchtigten Rede aus dem Jahr 1937 im Sportpalast” den katholischen Klerus wegen sexuellem Kindesmissbrauch angegriffen.

Die „Sportpalastrede“ hielt Goebbels aber 1943, und sie ist deshalb „berühmt-berüchtigt“, weil der Propagandaminister darin zum „totalen Krieg“ aufrief. Es spricht nicht für Müller, wenn er diese Rede auf 1937 datiert, denn der Krieg begann erst zwei Jahre später.

Update: Auch seine Vernebelungskünste hat Müller in der Vergangenheit bereits unter Beweis gestellt. Neben dem obigen Beispiel („Kein Interview autorisiert“) hatte er bereits vor zwei Jahren im Zusammenhang mit dem Wiedereinsatz eines wegen sexuellem Kindesmissbrauchs verurteilten Pfarrers in der Jugendarbeit – wo der Geistliche erneut straffällig wurde – erklärt:

Nach einer ersten Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Juli 2000 hätten die Richter das Bistum vor Ablauf der Bewährungsfrist vor dem pädophilen Geistlichen warnen müssen, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Stattdessen habe das Gericht damals erklärt, dass es für den Verurteilten keine Einschränkungen für einen allgemeinen pastoralen Einsatz gebe. Das Bistum Regensburg habe „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt, erklärte der Bischof. [SPIEGEL]

Später erfährt man aber aus dem SPIEGEL-Artikel,

der Pfarrer habe bereits 2001 voll die Seelsorge in Riekofen übernommen und Ministrantenausflüge organisiert. Seine Bewährungsfrist – mit der Auflage, keinesfalls mit Kindern zu arbeiten – dauerte aber bis 2003.


Moral predigen, Missbrauch dulden? Wer stoppt die Scheinheiligen?

12. März 2010

Die gestrige Maybrit Illner Sendung ist jetzt hier online abrufbar.

Gäste:

Update: Diese Besprechung bein FOCUS ONLINE bringt es auf den Punkt: Katholische Ausweichmanöver.

Besprechung der Sendung hier bei WELT ONLINE. Die Besprechung ist m.E. allerdings grottenschlecht und enthält Fehler, so kann man bspw. meiner Erinnerung nach nicht fair schreiben, Bischof Ackermann „poche auf die Unabhängigkeit der Kirche mit ihrem eigenen Rechtssystem“ – er hat das erläutert, aber nicht „darauf gepocht“, und Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat sich ausdrücklich gegen die Formulierung von Moderatorin Illner verwehrt, Ihr Tisch sei als wichtiger zu bezeichnen, während es in dem WELT-Artikel heißt sie habe gesagt, „Mein Tisch ist wichtiger“. (Tatsächlich sagte sie: „Ich sage nicht er ist der wichtigere“.)

Und hier hat ein freundlicher Blogger schon etwas zu dem Buch Sacro Pop geschrieben. Darin hatte Abrantes Ostrowski schon 2002 die Zustände am Bad Godesberger Aloisiuskolleg beschrieben.


Die Bischöfe reagieren nur auf öffentlichen Druck

6. März 2010

Der Verein ehemaliger Heimkinder hat bereits vor einigen Tagen eine sehr nachdenkenswerte Erklärung zu der Reaktion der katholischen Deutschen Bischofskonferenz auf die Missbrauchsfälle herausgegeben, die offenbar von der Medien fast völlig ignoriert oder nur häppchenweise erwähnt wurde:

[Alle Hervorhebungen im Fließtext stammen von mir.]

Erklärung der Bischofskonferenz zu Missbrauchsfällen unzulänglich

Einer Kritik an der Erklärung der Bischofskonferenz muss vorangestellt werden, dass sehr wohl anerkannt wird, dass die Kirche einen neuen Umgang auch mit der Vergangenheit einzuleiten wünscht. Es werden massgebliche Schritte zu Aufarbeitung und Prävention gesetzt. Schuldeingeständnisse und eine nicht zu unterschätzende Entschuldigung werden abgegeben. Leider erfolgte dies nicht als Antwort auf Forderungen, die seit Jahren aus dem Kreis der Opfer gestellt wurden, sondern erst als eine Antwort auf Grund des massiven öffentlichen Druckes unausweichlich wurde. Seit Jahren fordert der Verein ehemaliger Heimkinder e.V., fordern Opfer dies nun unter öffentlichen Druck abgegebenen Erklärungen. Dies wurde noch in 2009 auf arrogante Art und Weise abgetan.

Die Erkenntnis des Wandels erfolgt also nicht aus Einsicht , sondern mehr aus Unvermeidbarkeit.

Mag die Erklärung der Bischofskonferenz für die zu beschwichtigende Öffentlichkeit ausreichend sein, für den Kreis der Opfer und Betroffenen sind weiterhin massive Defizite erkennbar:

  1. Nicht in einem Punkt wird anerkannt, dass eine materielle Entschädigung bei den durch Missbrauch und Gewalt zerütteten Existenzen eine Selbstverständlichkeit sein sollte, geschweige werden anständige Schadensersatzzahlungen zugesichert. In den USA wurden immerhin siebenstellige Beträge an die Opfer bezahlt – in der Bundesrepublik Deutschland wird sich weiterhin darauf verlassen, dass die Solidargemeinschaft die entstandenen Schäden „irgendwie“ auffängt: Die Krankenkassen bei Erkrankungen und Therapiebedarf, die Rentenkasse bei früher Verrentung, Arbeitsamt und Sozialamt bei Arbeitsunfähigkeit.
     
  2. Nicht mit einem Wort folgt man dem gerade von der Kirche zu erwartenden Anstand und erklärt Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Der überwiegenden Mehrzahl der Opferansprüche wird deshalb kaum entsprochen werden – geschweige denn, dass die Täter jemals bestraft werden. Eine unverantwortliche Einstellung, nachdem man das Versagen eingesteht. Es wird gefordert, dass auf Einrede der Verjährung verzichtet wird und bei Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte des Missbrauchs eine Beweislastumkehr akzeptiert wird.
     
  3. Als hochproblematisches Vorgehen sehen wir, dass es keine Ausschreibung für Therapieangebote und den Aufbau eines kirchenunabhängigen Therapeutennetzes gibt, sondern eine eigene Auswahl von Therapeuten benannt werden soll.
     
  4. Als mindestens ebenso problematisch wird die Einrichtung einer Hotline unter der Regie der Kirche eingeschätzt. Eine Hotline muss von Opfervertretern betrieben werden, da die Gefahr zu groß ist, dass eine kircheneigenen Hotline wieder in alte Strukturen zurückfällt, die da wären Strafvereitelung, Geld- oder Sachgeschenke gegen Schweigen etc.
     
  5. Beinahe schon als Affront zu betrachten ist der Hinweis, dass das Thema nun mit dem Papst zu besprechen sei. Schließlich bitten Missbrauchsopfer seit Jahren den Papst und die deutschen Bischöfe, sich ihnen zuzuwenden. Wie es scheint, führt auch hier der Druck der Öffentlichkeit und nicht etwa das Leid der Opfer zum Ziel. Wieder ist ein Blick in die USA angebracht: Dort wurden die Opfer weitaus früher von Bischöfen und (deutschem!) Papst beachtet – allerdings muss man dazu sagen, dass in den USA empfindliche finanzielle Entschädigungen für sexuellen Missbrauch an der Tagesordnung sind.
     
  6. Auch nach der „Auseinandersetzung“ zwischen dem Erzbischof Zollitsch und der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zum Punkt der rückhaltlosen Aufklärung und Zusammenarbeit mit den Justizbehörden, erklärte der Erzbischof noch einmal eindeutig, dass die Kirche sich auch weiterhin nicht bei jedem Verdachtsfalle an die Staatsanwaltschaft wenden würde, da oftmals auch Unschuldige verdächtigt würden.
     
  7. Die Deutsche Bischofskonferenz hat die geforderte Einrichtung eines Runden Tisches abgelehnt.

Zusammenfassend ist zu sagen:

Wenn wir auch, wie eingangs erwähnt, durchaus die Bemühungen der katholischen Kirche um einen neuen Umgang mit der eigenen Vergangenheit sehen und anerkennen, muss doch gesagt werden, dass einige wichtige, der Öffentlichkeit nicht so bekannte Forderungen der Opfer völlig unbeachtet bleiben und somit wieder eine Chance vertan wird, wirklich auf die Opfer zuzugehen und sich nicht nur dem Druck zu beugen!

So muss sich das Eingeständnis des Versagens darauf erstrecken, dass am Runden Tisch Heimerziehung das Thema des Missbrauchs längst bekannt war und dort trotz Aufforderung durch Opfer nichts eingestanden wurde. Im Gegenteil, vor dem Kammergericht Berlin drohte die Kirche noch, die gesamte Aufarbeitung abzubrechen, falls die Opfer am Runden Tisch der Missbrauchsopfer eine gewichtige Stimme bekämen. Das war in 2009, als Wissenschaftler auch der Kirche den Umfang der Verfehlungen bereits kannten. Allerdings war zu der Zeit kein Druck durch die Öffentlichkeit zu befürchten.

Wir fordern, dass diese und andere aufgezeigte Lücken unverzüglich geschlossen werden. Und wir fordern Sie auf, diese Forderung ernster zu nehmen als die letzten Jahre, in denen wir immer wieder angeboten haben, ohne große Öffentlichkeit zu arbeiten. Nach dem Zwischenbericht des Runden Tisches Heimerziehung mussten wir handeln. Das Ergebnis spürten Sie seit Wochen.

Ferner kritisiert der VEH e.V. die Einsetzung eines Sonderermittlers bezüglich der genannten Vorkommnisse. Sowohl die Ablehnung eines Runden Tisches, als auch die Einsetzung eines Sonderermittlers lassen die Tendenz erkennen, Straftaten und Verfehlungen ohne Einbeziehung der Opfer und ihrer Interessen aufzuklären. Dies muss den Verdacht nähren, dass seitens der Kirche eine an den kirchlichen Interessen ausgerichtete Aufklärung erfolgen soll und keine ergebnisoffene.

Der VEH fordert daher die Einsetzung eines Sonderermittlers, der neben einer ergebnisoffenen Aufklärung zur Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden verpflichtet ist. Bei der Auswahl des Sonderermittlers ist die Opferseite zu beteiligen. Der Sonderermittler hat einem einzurichtenden Runden Tisch umfassend Bericht zu erstatten.

Darüber hinaus fordert der VEH vom Gesetzgeber, dass eine Pflicht zur Anzeige von Taten eingeführt wird – jedenfalls bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wenn die Tat unter Ausnutzung eines Abhängigkeits- oder besonderen Gewaltverhältnisses (also z.B. auch bei Heimkindern, Strafgefangenen, Menschen mit Behinderungen) geschieht.

Wir hoffen trotz allem auf eine konstruktive Zusammenarbeit, so wie wir sie bereits seit 2006 anbieten.

Verein ehemaliger Heimkinder e.V.

Anmerkung: Leider ist der Pressemitteilung kein Datum zu entnehmen. Bei den Evolutionären Humanisten Berlin-Brandenburg war der obige Text bereits am 2. März 2010 zu lesen. [Bzw. als Kommentar bereits am 1. März, siehe Nics Kommentar unten.]


Gottes Bodenpersonal in Not (Satire)

3. März 2010

Dieser Beitrag stammt allerdings nicht aus der Redaktion „Religion und Kirche„, nehme ich an.


Selbstverschuldete Ahnungslosigkeit

25. Februar 2010

Politiker wie Stephan Mayer (CSU) erschweren eine bessere Bekämpfung von Kindesmissbrauch, weil sie irreführender bischöflicher Propaganda unkritisch Glauben schenken, anstatt sich sachkundig zu machen.

In dem SPIEGEL-Artikel „Unionspolitiker verurteilen Leutheusser-Schnarrenbergers Kirchen-Kritik“ lesen wir heute:

Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer, warf der FDP-Politikerin Respektlosigkeit vor. Mayer sagte der „Süddeutschen Zeitung“, […] ihre Unterstellung, der Kirche liege nichts an der Aufklärung schwerster Straftaten, gehe „völlig an der Wirklichkeit vorbei“. Anders als von ihr dargestellt habe die Bischofskonferenz mit ihren Leitlinien im Jahr 2002 ihre „rückhaltlose Bereitschaft“ gezeigt, „Missbrauchsfälle schnell und umfassend aufzuklären“.

Mayer betonte, er sei überzeugt davon, dass „in jedem Fall, in dem sich Verdachtsmomente eines sexuellen Missbrauchs erhärten, eine konstruktive Kooperation der katholischen Kirche mit den jeweils zuständigen Ermittlungsbehörden erfolgen wird“. [Hervorhebung von mir.]

Einmal mehr ein selbstverschuldet Ahnungsloser, der kirchliche Propaganda ungeprüft nachplappert. Und damit die Bekämpfung von Kindesmissbrauch erschwert!

In den Leitlinien steht nämlich genau drin, was zu geschehen hat, wenn sich der Verdacht auf sexuellen Missbrauch erhärtet – und konstruktive Kooperation mit den Ermittlungsbehörden wird dabei weder ausdrücklich genannt noch impliziert:

5. Bei Erhärtung des Verdachts wird eine kirchenrechtliche Voruntersuchung eingeleitet. […]

6. Bestätigt die Voruntersuchung den Verdacht sexuellen Missbrauchs, wird der Apostolische Stuhl befasst. […]

7. In erwiesenen Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger wird dem Verdächtigten zur Selbstanzeige geraten und ggf. das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft gesucht [… alle Hervorhebungen von mir.]

Bei Erhärtung des Verdachts kommt es also nur zu einer kirchlichen Voruntersuchung – und nicht zu einer „konstruktiven Kooperation mit den jeweils zuständigen Ermittlungsbehörden“, wie der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe phantasiert.

Dass die kirchliche Voruntersuchung ggf. auf eine Selbstanzeige hinausläuft kann nur bedeuten, dass vor dem Beweis keine Hinweise an die Strafverfolgungsbehörden gegeben werden.

Und was zu geschehen hat, wenn ein erwiesener Täter sich nicht selbst anzeigt – dazu schweigen die bischöflichen Leitlinien!

Aber um das zu wissen, hätte der Bundestagsabgeordnete und CSU-Landesgruppensprecher die Leitlinien zunächst einmal lesen müssen, bevor er sich dazu äußerte. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat dies übrigens offensichtlich getan: Sie wusste, wovon sie redete.

Politiker wie Herr Mayer erschweren eine bessere Bekämpfung von Kindesmissbrauch, weil sie irreführender bischöflicher Propaganda (Verweis auf die Leitlinien) unkritisch Glauben schenken, anstatt sich sachkundig zu machen!


Ultimative Unverschämtheit

24. Februar 2010

In einem beispiellosen Vorgang hat der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein Ultimatum von 24 Stunden gestellt, Behauptungen über eine mangelnde Kooperation der Katholischen Kirche mit den Strafverfolgungsbehörden beim Verdacht auf Missbrauchsfälle zurückzunehmen.

Die Bundesjustizministerin hatte am Montag Abend (22.02.2010) in den Tagesthemen gesagt, es sei bisher nicht der Eindruck da, dass die Verantwortlichen der Katholischen Kirche auch bei Verdachtsfällen konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Ein aktives Interesse an rückhaltloser und lückenloser Aufklärung sei bisher leider nicht ersichtlich. Sie erwarte, dass die Verantwortlichen der Katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mit aufklären.

„Maßlose Polemik“? „Undifferenziert und emotional“?

Zollitsch nannte die Äußerungen „undifferenziert und emotional“. Er erwarte, dass Leutheusser-Schnarrenberger sie innerhalb von 24 Stunden zurücknehme. [sueddeutsche.de]

Aus Kreisen der in Freiburg tagenden Vollversammlung der katholischen Bischöfe hieß es dazu, die Fristsetzung sei ein notwendiger Schritt, um eventuell mit einer Unterlassungsklage dafür zu sorgen, dass die Ministerin ihre Behauptungen aus dem Tagesthemen-Interview vom Montagabend nicht mehr wiederhole. [domradio.de]

Er könne sich keiner schlimmeren Attacke eines Mitglieds einer Bundesregierung gegen die katholische Kirche entsinnen, sagte Zollitsch bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Freiburg. „Sie hat maßlos gegen unsere katholische Kirche polemisiert.“ [FAZ.NET]

Er wolle seinen Protest am Dienstag auch in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausdrücken. [kath.net]

„Wahrheitswidrig“?

Zollitsch kritisierte die Ministerin scharf, weil diese der Kirche wahrheitswidrig vorhalte, bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen nicht mit der staatlichen Justiz zusammenzuarbeiten. „Die Ministerin behauptet, bisher habe sie nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche auch nur beim Verdacht auf sexuellen Missbrauchs konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten wollten“, so Zollitsch. Dies sei rundweg falsch. Auch gebe es seit mehreren Jahren kirchliche Leitlinien, die eine Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft vorsähen. [kath.net]

Es ist allerdings Zollitsch, der hier die Unwahrheit sagt. In dem entscheidenden Satz der bischöflichen Leitlinien heißt es nämlich:

In erwiesenen Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger wird dem Verdächtigten zur Selbstanzeige geraten und ggf. das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft gesucht.

Mit anderen Worten: Solange es sich nur um einen unbewiesenen Verdacht handelt, wird die Staatsanwaltschaft nicht informiert – anders macht der Hinweis auf die Selbstanzeige keinen Sinn.

Dies war auch genau das, was die Ministerin kritisiert hat, als sie davon sprach, dass nicht erkennbar sei, dass die Verantwortlichen der Katholischen Kirche auch bei Verdacht auf Missbrauch konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Konkret zu den Richtlinien sagte sie:

Kindesmissbrauch ist ein Offizialdelikt. Und da können nicht andere drüber entscheiden, ob dieses Delikt verfolgt wird oder nicht. Und dann muss es eben andere Richtlinien geben. Ich glaube, es ist vorbei, zu versuchen, solche Richtlinien zu rechtfertigen. Über 120 Missbrauchsfälle allein in den letzten wenigen Wochen – und es ist ja wohl zu befürchten, dass es immer mehr werden –, und deshalb muss natürlich sofort die Staatsanwaltschaft informiert werden, und es muss aufgeklärt werden – im Interesse der Katholischen Kirche.

Die Moderatorin hatte gefragt:

Nach den bisherigen Leitlinien der Katholischen Kirche wird immer erst eine kirchenrechtliche Voruntersuchung eingeleitet, und dann gegebenenfalls die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Müsste das nicht sofort in jedem Verdachtsfall geschehen?

Was, bitteschön, hatte die Justizministerin anders darauf antworten sollen?

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