Auf Pferderennbahnen oder beim Roulette werden Zuschauer dann und wann von Leuten angesprochen, die einen „todsicheren“ Tipp versprechen – gegen Geld, versteht sich. Trotzdem geht derjenige, der sich darauf einlässt, kein Risiko ein, denn das Geld muss erst dann bezahlt werden, wenn die Vorhersage auch eingetroffen ist.
Tatsächlich sprechen die Tippgeber natürlich viele Leute an und erzählen allen etwas anderes. Wenn sie genügend Dumme finden, gewinnen sie immer – einer ihrer „todsicheren“ Tipps wird schließlich immer eintreffen.
Das große „Gebetsexperiment„, bei dem der evangelikale Verein ProChrist derzeit Menschen aufruft, einen „Wunsch an Gott“ einzusenden, für den dann von Christen gebetet werden soll, kommt der oben beschriebenen Betrugsmasche deutlich näher als einem Experiment.
2.000 Menschen stehen laut ProChrist als Beter bereit, das heißt, man richtet sich offenbar auf Tausende von Gebetswünschen ein. Bei einer 50 zu 50-Chance, dass der Wunsch durch bloßen Zufall eintritt, würde so die Hälfte derer, die sich überhaupt auf so ein „Experiment“ einlassen, in ihrem Glauben an die Wirksamkeit von Gebeten bestärkt. Natürlich dürfte die tatsächliche „Ausbeute“ etwas geringer ausfallen, aber selbst bei völliger Unwirksamkeit von Gebeten wird ProChrist rein aufgrund der statistischen Wahrscheinlichkeit, dass etliche dieser Wünsche durch bloßen Zufall erfüllt werden, massenhaft Leichtgläubige für den Glauben gewinnen.
Hinter die Überschrift – die sich übrigens an der Überschrift in Richard Dawkins‘ Buch „Der Gotteswahn“ zu der legendär gescheiterten Templeton-Gebetsstudie orientiert – habe ich ein Fragezeichen gesetzt. Ich will den Leuten von ProChrist und den Betern nicht pauschal bösen Willen unterstellen – ebenso wenig, wie davon ausgegangen werden kann, dass die meisten der Beteiligten den obigen Zusammenhang überhaupt durchschauen. (Der Grund, weshalb ich überhaupt etwas dazu schreibe ist, dass im Internet ofenbar noch niemand auf diesen Zusammenhang hingewiesen hat, also auch kein Atheist.) Zum Betrugsvorwurf würde vermutlich bereits die Absicht fehlen, den Getäuschten materiell zu schädigen.
Das ändert aber nichts daran, dass die Masche mit dem Gebetsexperiment nach genau dem selben Schema funktioniert wie der Betrug beim Pferderennen oder beim Roulette.
Diesen Punkt wollte ich machen, und ob man das als Betrug auffasst, kann ja jeder selber entscheiden.