Der Papst spinnt!

22. Dezember 2009

In diesem Artikel geht es nicht so sehr um den Geisteszustand von Benedikt XVI., sondern darum, wie er seiner „Verurteilung der Nazi-Verbrechen“ einen interessanten „Spin“ verpasst hat:

Benedikt behauptete nämlich, die Nazis hätten letztlich versucht, „Gott von der Erde zu verjagen, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, den Gott von Jesus Christus“. Diese Aussage impliziert, dass die Nazis auch den Christengott hätten verjagen wollen – und damit, dass die Nazis eben keine Christen waren!

Dabei haben sich die Nazis selbst als Christen gesehendie NSDAP bekannte sich in ihrem Parteiprogramm zu einem „positiven Christentum“, die Nazi-Soldaten hatten „Gott mit uns“ auf dem Koppelschloss, die Juden wurden als „Christusmörder“ beschimpft und dies mit Jesus- und Lutherzitaten belegt.

In einem anderen Artikel habe ich dargestellt, dass die Nazis durchaus zwischen dem „Judengott“ Jahwe des Alten Testaments und dem Christengott unterschieden. Dieser sollte ein gerechter, barmherziger, milder Gott sein, jener eine Erfindung der Juden.

Es ist daher unsinnig, zu behaupten, die Nazis hätten den Gott der Juden verjagen wollen – an diesen Gott haben die Nazis ja gar nicht geglaubt. Die Nazis haben die Juden bekämpft, nicht deren Gott!

Benedikts seltsame Formulierung, die Nazis hätten den abrahamitischen Gott von der Erde verjagen wollen, kann daher m.E. nur den Zweck haben, selbst die Verurteilung der Nazi-Verbrechen noch im Sinne einer Verteidigung der Kirche während des Dritten Reiches zu „spinnen“.

Benedikt ist also ganz und gar kein Spinner – er ist ein ausgefuchster Spin-Doctor. In seinem Fachgebiet haben Spin-Doktoren sogar einen offiziell anerkannten Doktortitel: Doktor der Theologie.


Die Abschaffung der Kirchensteuer finanziert sich von selbst

19. November 2009

In dem Interview „Christen sind keine besseren Menschen“ nimmt Klaus Sturm, Geschäftsführer der Württembergischen Bibelgesellschaft, auch Stellung zu der Frage:

Welche Folgen hätte eine Abschaffung der Kirchensteuer?

Ich habe da keine Bedenken. Unsere Gesellschaft muss sich nur überlegen, ob sie sich so etwas leisten kann. Die beiden großen Kirchen bieten eine Million Menschen Arbeit. Ohne Kirchensteuer wären es vielleicht noch 100.000. Das könnte nicht ohne größte Konflikte abgehen. Der Sozialbereich würde in staatliche Hand übergehen und gnadenlos unterfinanziert sein. Und das Engagement der kirchlichen Mitarbeiter gäbe es auch nicht mehr.

Ja, überlegen wir doch mal, ob sich die Gesellschaft das leisten kann! Zunächst eine kleine Plausibilitätsprüfung: Nehmen wir großzügig an, dass das jährliche Kirchensteueraufkommen der beiden großen Kirchen 10 Milliarden Euro beträgt. Würde die Kirchensteuer komplett für die Bezahlung der 1 Million Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgegeben, wären das 10.000 Euro pro Person und Jahr. Selbst wenn man berücksichtigt, dass unter die Million auch die Teilzeitstellen fallen, ist das nicht viel: Es entspräche durchschnittlich 833 Euro monatlich – brutto! Und es wird ja tatsächlich nur ein Bruchteil der Kirchensteuer für soziale Zwecke  (darum geht es hier ja wohl) ausgegeben.

Irgendwie scheint sich das nicht zu rechnen – man ahnt schon, dass die besagten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar in kirchlichen Betrieben angestellt sind – weshalb sie z.B. nicht streiken dürfen und bei „falschem“ Lebenswandel (z.B. Wiederheirat nach Scheidung) die Kündigung fürchten müssen – aber weitgehend aus anderen Quellen als der Kirchensteuer bezahlt werden.

Was würde nun aber passieren, wenn die Kirchensteuer wegfallen würde? Immerhin geben die Kirchen jährlich ca. 1 Milliarde Euro (ca. 10% der Kirchensteuer) für gemeinnützige Zwecke aus.

Um die Folgen einer Abschaffung der Kirchensteuer abzuschätzen muss man wissen, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer die Allgemeinheit jährlich ca. 3 Milliarden Euro kostet. Das heißt, bei einer Abschaffung stünden dem Wegfall der „kirchlichen“ Milliarde 3 Milliarden an Steuer-Mehreinnahmen gegenüber, weil die Kirchensteuer nun nicht mehr das zu versteuernde Einkommen der Kirchenmitglieder schmälern würde.

Sicher würde der Sozialbereich in staatliche Hand übergehen – von einer „gnadenlosen Unterfinanzierung“ kann aber gar keine Rede sein! Es stünde dem Staat ja durch die Abschaffung der Kirchensteuer dreimal mehr Geld zur Verfügung als die Kirchen bisher für diese Zwecke ausgeben. Abgesehen von den positiven Folgen für die dort Beschäftigten.

Das gleiche gilt für dem Kirchenaustritt – jedenfalls, solange bisher Kirchensteuer gezahlt wird: Von 100 Euro Kirchensteuer werden rechnerisch ca. 10 Euro für gemeinnützige Zwecke ausgegeben – gleichzeitig werden der Allgemeinheit aber durch die steuerliche Abzugsfähigkeit im Schnitt 30 Euro (je nach persönlichem Grenzsteuersatz) entzogen. Das heißt, Kirchenaustritte nützen der Allgemeinheit! Die Behauptung, Kirchenaustritte seien unsolidarisch, entbehrt jeder Grundlage.

Könnte sich die Gesellschaft eine Abschaffung der Kirchensteuer leisten? Die Antwort auf diese Frage lautet: Die Abschaffung der Kirchensteuer finanziert sich von selbst!


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