Christliche Arroganz

4. Dezember 2009

Die Präses der EKD-Synode, Grünen-Politikerin und Vize-Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt, hat den Sonntag als „ein Geschenk der Christen an die Gesellschaft“ bezeichnet, und der Sprecher der Unions-Innenminister, Volker Bouffier (evangelisch), hat Muslime zur Zurückhaltung beim Bau von von Moscheen aufgefordert. Dominante Bauwerke in könnten Ängste vor einer Islamisierung schüren. Die Muslime sollten darauf achten, die deutsche Bevölkerung nicht zu überfordern.

Was für eine Arroganz!

Erstens, Frau Göring-Eckardt, wird die Annahme von Geschenken üblicherweise nicht per Gerichtsentscheid durchgesetzt.

Zweitens: Wenn schon, dann ist der Sonntag ein Geschenk der Juden, von denen stammt schließlich die Idee, am siebenten Tage keine Arbeit zu tun (2. Mose 20,10). Das wäre mal eine Gelegenheit gewesen, die judäo-christliche Tradition zu beschwören, auf die wird doch sonst so gerne verwiesen. Selbst das Bundesverfassungsgericht zitiert in seinem Urteil, dass der „Rhythmus von Arbeit und Ruhe“ ein „zentraler Rhythmus der christlich-jüdischen Kultur“ sei (Randnummer 143). Und nichts zu danken, Frau Göring-Eckardt, für die Geschenke der Aufklärung – wie Freiheit, Emanzipation, Demokratie. Keine Ursache!

Drittens, Herr Bouffier, haben die beiden christlichen Großkirchen selbst niemals Zurückhaltung an den Tag gelegt – ganz im Gegenteil! Sie fordern regelmäßig nicht nur das, was ihnen tatsächlich oder vermeintlich zusteht, sondern dreist noch darüber hinaus – und leider wird ihnen das von christlichen Politikern, Herr Bouffier, meistens auch noch gewährt.

Kleines Beispiel gefällig? Im Grundgesetz heißt es, die Staatsleistungen an die Kirchen sollen abgelöst werden. In Landesverfassungen steht dann aber oft drin, dass die Staatsleistungen beibehalten werden. In den Staat-Kirche-Verträgen wird dann festgelegt, dass die Leistungen mit der Zeit ansteigen, und dass diese Regelungen nur in gegenseitigem Einvernehmen geändert werden können.

Anderes Beispiel: Im Grundgesetz heißt es, soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge beim Militär besteht, sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen. Im Militärseelsorgevertrag wurde dann festgelegt, dass der Staat u.a. pro 1.500 Soldaten der jeweiligen Konfession – natürlich nur evangelische oder katholische – einen Militärgeistlichen (plus Pfarrhelfer) aus allgemeinen Steuergeldern bezahlt. Und das, obwohl die Soldaten Kirchensteuer zahlen wie andere Kirchenmitglieder auch. Das geht über die im Grundgesetz vorgesehene „Zulassung“ weit hinaus. Damit aber noch nicht genug: Gegenwärtig gibt es etwa doppelt so viele Militärgeistliche, wie im Vertrag vorgesehen – etwa einen pro 750 Soldaten der jeweiligen Konfession.

Herr Bouffier, die christlichen Großkirchen überfordern die Bevölkerung – sprich: den Steuerzahler – seit Jahrzehnten!

Aber was rede ich von solchen weitgehend unbekannten Dingen – wir brauchen uns ja bloß an die „Pro Reli“-Kampagne dieses Jahr zu erinnern. Weitgehend staatlich bezahlter Religionsunterricht war den Kirchen natürlich nicht gut genug, nein, der Besuch des Religionsunterrichtes sollte darüber hinaus auch noch „zeitneutral“ vom Besuch des Ethikunterrichtes entbinden.

Nein, Herr Bouffier – von Angehörigen der christlichen Großkirchen brauchen sich die Muslime in Deutschland fürwahr keine Zurückhaltung nahelegen zu lassen. Da sollten Sie lieber selbst mit gutem Beispiel vorangehen! Und solange noch Judensäue an etlichen deutschen Kirchen sind, erzählen Sie bitte nichts von Ängsten, die durch Moscheen geschürt werden.


Judenfeindliche Darstellungen an und in deutschen Kirchen

13. November 2009

Anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht 1938 hat Bischof Mixa am 9. November in der Augsburger Synagoge eine Gedenkansprache gehalten.

Dabei sprach er laut Redemanuskript von „den atheistischen Gewalttätern“ und behauptete, der Hass der Nazis „gegen den Gott der Väter, sein Antisemitismus hatte seine Wurzeln außerhalb der christlichen Kultur und des christlichen Glaubens.“

Nachdem Michael Schmidt-Salomon bereits bei früherer Gelegenheit darauf hingewiesen hat, dass Atheisten in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und der SS unerwünscht waren, möchte ich auf zwei Beispiele christlicher Kultur hinweisen, die noch weniger bekannt sind.

Es handelt sich um antisemitische Darstellungen, von denen sich immer noch nicht wenige an und in deutschen Kirchen (!) befinden: Judensäue und „Synagoga“-Darstellungen.

Aus dem Wikipedia-Artikel „Judensau“:

Das mittelalterliche Bild einer „Judensau“ stellt Menschen und Schweine in intimem Kontakt dar. Die menschlichen Figuren zeigen die typischen Kennzeichen jüdischer Kleidung – etwa den damaligen „Judenhut“ oder den Gelben Ring. In der häufigsten Variante saugen diese als Juden kenntlich gemachten Figuren wie Ferkel an den Zitzen einer Sau. In anderen Darstellungen reiten sie verkehrt herum auf einem Schwein: das Gesicht dem After zugewandt, aus dem Urin spritzt. Auf wieder anderen Darstellungen umarmen oder küssen sie Schweine.

Judensäue finden sich z.B. am oder im Kölner Dom, dem Regensburger Dom, dem Xantener Dom, dem Erfurter Dom und der Stadtkirche zu Wittenberg.

Eine andere judenfeindliche Darstellung ist die der „Synagoga“ – einer Frauenfigur, die das Judentum symbolisiert und typischerweise in Verbindung mit einer zweiten Figur dargestellt wird – nämlich der „Ecclesia“, die für das Christentum steht.

Aus dem Wikipedia-Artikel „Synagoga“:

Die Ecclesia wird meist mit einer Krone auf dem Haupt, sowie einem Banner und einem Abendmahlskelch dargestellt.

Im Kontrast dazu wird die Synagoga meist mit herunterfallender Krone, als Symbol der damals proklamierten Überwindung des Judentums durch das Christentum, sowie mit einer Binde über den Augen dargestellt; dies soll andeuten, dass die Synagoga, also das symbolisierte Judentum, Christus als den „wahren Messias“ nicht erkennt. Darüber hinaus besitzt die Synagoga oft weitere Attribute, wie eine zerbrochene Lanze oder einen Ziegenkopf. Oft ist ihr Gesicht abgewandt und manchmal wird sie gemeinsam mit dem Teufel abgebildet.

Bekannt ist beispielsweise die Darstellung von Ecclesia und Synagoga im Bamberger Dom.

Wie gesagt: Bis heute sind solche widerwärtigen Darstellungen an und in deutschen Kirchen zu sehen, und dennoch erdreistet sich Bischof Mixa zu behaupten, der Antisemitismus der Nazis hätte seine Wurzeln außerhalb der christlichen Kultur und des christlichen Glaubens.

Außer den Wikipedia-Artikeln gibt es hier und hier noch Informationen zur „Synagoga“-Darstellung.

Update: Olyly wies mich noch auf diesen Beitrag von Vilmoskörte hin. Die Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin… Lasst Euch überraschen…


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