Vernichtung von Missbrauchsakten: Bischofskonferenz komplett unglaubwürdig!

10. Januar 2013

Das katholische Kirchenrecht schreibt vor, dass Akten, die Strafverfahren in Sittlichkeitsverfahren betreffen, nach dem Tod des Angeklagten, spätestens aber 10 Jahre nach der Verurteilung, zu vernichten sind:

Can. 489 – § 2:

Jährlich sind die Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind, zu vernichten; ein kurzer Tatbestandsbericht mit dem Wortlaut des Endurteils ist aufzubewahren.

Dies ist zweifellos die Vorschrift, auf die sich Prof. Pfeiffer bezieht:

Am schwersten wiegt aber Pfeiffers Vorwurf, dass nach seinen Informationen Akten vernichtet worden sein sollen. Es gebe eine Vorschrift, wonach zehn Jahre nach der Verurteilung eines Priesters die Akten zu beseitigen seien. Eine entsprechende Anfrage an die Kirche vom Oktober sei vom VDD nie beantwortet worden. Dadurch aber könne sein Institut den Auftrag nicht erfüllen, die Missbrauchsfälle seit 1945 zu erforschen.

Dazu der Geschäftsführer des VDD, desVerbands der Diözesen Deutschlands, Dr. Hans Langendörfer:

„Für eine Vernichtung von Täterakten habe ich keinerlei Anhaltspunkte“.

Und der Sprecher des Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp:

„Abweichend vom staatlichen Recht sieht das Kirchenrecht jedoch vor, dass bei Sittlichkeitsfragen – in den Fällen, die strafrechtlich anhängig waren – ein Tatbestandsbericht und der Wortlaut des Endurteils auf Dauer aufbewahrt werden.“ Es ließen sich insofern keine Straftaten vertuschen. „Es ist falsch und irreführend, den Eindruck zu erwecken, es gebe eine vom kirchlichen Recht her geforderte Aktenvernichtung, die das Forschungsprojekt behindern würde.“

Das ist wieder eine typisches, irreführendes Statement eines Kirchensprechers: Natürlich gibt es eine vom kirchlichen Recht geforderte Aktenvernichtung – Herr Kopp fügt bloß noch schnell eine scheinbare Ergänzung an („die das Forschungsprojekt behindern würde“). Die meisten Leute dürften Kopp allerdings so verstehen, als gäbe es überhaupt keine Vorschrift zur Aktenvernichtung. Zudem ist schwer nachzuvollziehen, wie die Vernichtung sämtlicher Akten bis auf den Wortlaut des Urteils und einen kurzen Tatbestandsbericht die Forschung nicht behindern soll.

UPDATE: In dem Forschungskonzept vom 13.7.2011, das Bestandteil des Forschungsvertrages ist, heißt es:

In einem von der jeweiligen Diözesanverwaltung zur Verfügung gestellten Raum sollen aus den einschlägigen Personalakten sowie Kirchengerichtsakten, Handakten und etwaigen Strafverfahrensakten sämtliche relevanten Fakten erfasst werden. Die für die Datenerhebung zuständigen Juristen werden ferner gebeten, zu jedem Fall eine kurze Beschreibung des Sachverhalts zu erarbeiten (Tatgeschehen, Tatort, Vorgehensweise des Täters, besondere Merkmale des Täters und des Opfers, Verhalten der Kirche bzw. der Kirche gegenüber Täter und Opfer).

Und das soll nicht behindert werden, wenn die besagten Akten bis auf einen kurzen Tatbestandsbericht und den Urteilstext vernichtet werden?

Und Kopps folgende Behauptung dürfte bereits als Unwahrheit zu bezeichnen sein (Video ab 2:15):

Frage: „Was ist mit den Vorwürfen, dass zum Teil Akten vernichtet oder verweigert wurden?“

[Schnitt im Video]

Kopp: „Ich verwehre mich gegen diese Äußerung von Herrn Pfeiffer, sie ist sachlich falsch! Und wenn Herr Pfeiffer seine eigenen Akten durchschauen würde, wüsste er auch, dass wir schriftlichen Kontakt dazu hatten. Es gibt nach unserer Kenntnis keine Aktenvernichtung. Das kirchliche Gesetzbuch sieht vor, dass bei strafrechtlich relevanten Delikten, gerade im sittlichen Bereich, Akten nicht gänzlich vernichtet werden müssen, sondern, wenn sie strafrechtlich verfolgt wurden, entsprechende Protokolle aufbewahrt werden müssen; wir sind also noch deutlicher als das Zivilstrafrecht.

Herr Kopp täuscht hier, ohne („technisch“) zu lügen: „Akten müssen nicht gänzlich vernichtet werden“ klingt, als könnte auch alles aufgehoben werden. Das Gegenteil ist aber der Fall: Tatsächlich muss alles vernichtet werden, bis auf den kurzen Tatbestand und den Urteilstext. „Protokolle“ ist dafür schon eine äußerst großzügige Bezeichnung.

Noch einmal:

Kirchenrecht: Einschlägige Akten sind nach dem Tod des Angeklagten zu vernichten – bis auf den Vermerk und den Wortlaut des Urteils.

Kopp: „Es gibt nach unserer Kenntnis keine Aktenvernichtung.“

Auch Kopps „Und wenn Herr Pfeiffer seine eigenen Akten durchschauen würde, wüsste er auch, dass wir schriftlichen Kontakt dazu hatten“ ist völlig nichtssagend, reine Show: Es ist ja noch nicht einmal deutlich, von wem der „Kontakt“ ausging. Und auch Korrespondenz heißt nicht automatisch, dass eine gestellte Frage beantwortet wurde.

Es kann – und sollte! – sich hier jeder selbst ein Urteil darüber bilden, wer hier irreführende Behauptungen in die Welt setzt.


Wie Zollitsch und sein Ordinariat die Öffentlichkeit täuschen

20. Juli 2010

An dem gestrigen Beitrag von Report  MainzDie katholische Kirche und die Wahrheit“ wurde wieder sehr schön deutlich, wie das Bistum Freiburg mit ausgeklügelten Formulierungen die Öffentlichkeit täuscht.

In dem Beitrag heißt es: „Erst 1995 habe die Erzdiözese von einem Missbrauchsopfer erfahren“.

Diesen Eindruck haben Erzbischof Zollitsch und sein Ordinariat zwar erweckt – sie haben das aber nie tatsächlich so gesagt. Das Ordinariat Freiburg weiß nämlich (aus Erfahrung), dass – wenn es nur geschickt genug formuliert – es gar nicht selbst zu lügen braucht: Solange die Medien nämlich die Formulierungen des Ordinariats in dem beabsichtigten Sinn missverstehen und dann ihrerseits – unwissend – die Unwahrheit als Tatsachendarstellung verbreiten.

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