Nicht nur beim Militär, auch bei der Polizei besteht eine bedenkliche Verflechtung von Staat und Kirche. Dabei macht man sich die relative Abgeschiedenheit dieser Bereiche zunutze und den Umstand, dass kaum ein karrierebewusster Soldat oder Polizist gegen (mögliche) Verstöße gegen die Religionsfreiheit protestieren wird, die von der Führung angeordnet wurden. Dabei müssten gerade die Staatsorgane Militär und Polizei Prüfsteine für die Trennung von Staat und Kirche sein.
Rekruten: 20% Christen, 100% beim Gottesdienst
17. Dezember 2010Vor diesem Hintergrund wirft es schwerwiegende Fragen im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Teilnahme am Gottesdienst auf, dass es offenbar in manchen Gegenden üblich ist, dass die Rekrutinnen und Rekruten vor dem Gelöbnis „geschlossen“ an einem Gottesdienst teilnehmen, wie mir seitens zweier Verantwortlicher bei der Bundeswehr bestätigt wurde.
Darauf gekommen bin ich, als ich gestern in einem Artikel des Militärseelsorge-Newsletters las [Hervorhebungen von mir]:
Fast 600 Frauen und Männer des Logistikbataillons 131 aus Bad Frankenhausen, des Aufklärungsbataillons 13 aus Gotha und des Führungsunterstützungsbataillons aus Erfurt waren am Vormittag des 02. Dezember 2010 in den Dom gekommen. Auch Eltern und weitere Angehörige der jungen Wehrpflichtigen kamen schon zum Gottesdienst, obwohl erst am Nachmittag das feierliche Gelöbnis in der Henne Kaserne in Erfurt stattfinden sollte.
Na, dachte ich, in Thüringen wird das wohl nur ein Bruchteil der Rekruten sein. Um die Gesamtzahl der Gelöbnisteilnehmer in Erfahrung zu bringen, googelte ich schnell und musste zu meiner Verwunderung lesen:
Fast 600 Rekruten, die ihre Allgemeine Grundausbildung im Aufklärungsbataillon 13, Gotha im Logistikbataillon 131, Bad Frankenhausen und im Führungsunterstützungsbataillon 383, Erfurt durchlaufen, legten am Donnerstag, dem 2. Dezember, bei Fackelschein und eisigen Temperaturen das Feierliche Gelöbnis in der Henne-Kaserne zu Erfurt ab.
Ich rief bei der Bundeswehr an und fragte, wer mir dazu Auskünfte geben könne.
Telefonat 1:
Skydaddy: Es sieht so aus, als ob die Rekruten praktisch komplett zum Gottesdienst gegangen sind…
Verantwortlicher 1: Ja, soweit ich weiß, kommen die geschlossen.
Skydaddy: Aber den Rekruten kann doch nicht befohlen werden, zum Gottesdienst zu gehen…
Verantwortlicher 1: Wie das in den Kompanien geregelt ist, weiß ich nicht. Fragen Sie doch mal Verantwortlichen 2.
Telefonat 2:
Skydaddy: Wie kommt es, dass die Rekruten [in Erfurt] geschlossen zum Gelöbnisgottesdienst gehen?
Verantwortlicher 2: Das ist schon so Usus, das kenn‘ ich sogar noch aus meiner Zeit als Rekrut. Beim Gelöbnisverbund Nordthüringen ist es generell so, dass die Rekruten geschlossen in den Dom gehen und beim Bischof den Gelöbnisgottesdienst durchführen.
Skydaddy: Und wenn einer nicht will?
Verantwortlicher 2: Dann muss er sich an den Chef wenden und der entscheidet dann.
Skydaddy: Was gibt es denn da zu entscheiden?
Verantwortlicher 2: Na, Ja oder Nein.
Skydaddy: Aber es muss doch keiner zum Gottesdienst gehen.
Verantwortlicher 2: Das ist beim Gelöbnisgottesdienst noch mal was anderes. Fragen Sie bitte noch einmal schriftlich an. Also, wir zwingen niemanden dazu – so von wegen Disziplinarmaßnahme oder so. Aber bis jetzt gab es diese Frage nicht.
Es war also mal wieder eine E-Mail fällig:
Verteidigungsministerium lässt Gebäude segnen
31. Dezember 2009Nachfolgend eine E-Mail, die ich am 31.10.2009 – also vor zwei Monaten – an die Pressestelle des Bundesverteidigungsministeriums (BMVgPresse@BMVg.Bund.De) geschickt habe. Bis heute habe ich keine Antwort, noch nicht mal eine Eingangsbestätigung erhalten. Trotz Nachfrage über die Kontaktseite des BMVg.
Segnung von BMVg-Gebäude
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit etwas Verblüffung las ich heute im Newsletter der Katholischen Militärseelsorge, dass kürzlich ein Abfertigungsgebäude der Flugbereitschaft des BMVg, sowie „einige Kreuze, die in den Räumlichkeiten verteilt werden sollen“, von einem Militärgeistlichen gesegnet wurden, und zwar offenbar „im Verlauf der Zeremonie [der Gebäudeübergabe] und Schlüsselübergabe“.