Diese Woche fand sich ein weiteres Paradebeispiel, wie die katholische Kirche beim Thema „Missbrauch“ weiter die Öffentlichkeit täuscht. Und ausgerechnet der Missbrauchsbeauftragte der deutschen Bischöfe, Stephan Ackermann (Trier), ist dafür verantwortlich. Den Rest des Beitrags lesen »
Abt Kassian Lauterer blieb trotz Missbrauchs untätig
20. März 2012Anlässlich zweier Zivilklagen weist Altabt Kassian Lauterer darauf hin, dass er einen Pater seiner Abtei 1982 sofort aus dem Schuldienst entfernt habe, als er von Eltern über sexuellen Missbrauch informiert wurde. Im Fall eines anderen Paters blieb Abt Kassian allerdings jahrzehntelang untätig. Es handelt sich dabei um einen Fall, über den ich 2010 mehrfach berichtet habe.
Die österreichische Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau am Bodensee, die auch ein Internat betreibt, sieht sich Zivilklagen von Missbrauchsopfern gegenüber, die bis März 1982 von einem Pater des Klosters missbraucht worden sein sollen. Der betreffende Pater war bereits 1967 wegen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt worden.
Altabt Kassian Lauterer, der die Abtei von 1968 bis 2009 leitete, hat jetzt zu den Vorwürfen Stellung genommen. In einer Pressemitteilung der Abtei (erstellt von Krisenkomunikationsberater Harald Schiffl von der Agentur preventK) heißt es:
Vorgänger, Abt Heinrich Groner, gab sein mögliches Wissen nicht weiter
Pater Kassian betont, dass sein 1968 verstorbener Vorgänger sein mögliches Wissen nicht an ihn weitergegeben hat und ihm keinerlei Informationen über eventuelle Verurteilungen von Pater J. hinterlassen hat. Auch in den Personalakten gab es keinerlei Unterlagen oder Hinweise. „Zur damaligen Zeit war es bedauerlicher Weise üblich, dass über derartige Ereignisse einfach geschwiegen wurde.“, so Pater Kassian.
1982 wurde sofort gehandelt
Pater Kassian weist zudem darauf hin, dass er 1982, als er von den Eltern des nunmehrigen Klägers über den sexuellem Missbrauch durch Pater J. informiert wurde, sofort gehandelt hat. Pater J. wurde aus dem Schuldienst entfernt, als Priester suspendiert und versetzt. Die Eltern des Opfers haben deshalb auf eine Anzeige verzichtet.
Die obigen Aussagen beziehen sich freilich nur auf den betreffenden, einen Pater, Johannes B. (Der zwar aus dem Schuldienst entfernt, aber in Tirol weiter eingesetzt wurde. und zwar auch als Pfarrer.) Kassian Lauterer hat aber fast die ganze „Europareise“ von Pater Gregor Müller zu verantworten, einem Zisterzienser, der Ende der 1960er Jahre in Birnau am Bodensee (Erzbistum Freiburg) mehrere Messdiener missbraucht hat. Müller wurde 1968 ins Kloster Oelenberg (Elsass) strafversetzt. Von Februar 1969 bis Ende 1970 war Müller im Kloster Himmerod in der Eifel, 1971 wurde er ins Bistum Basel versetzt – mit der Auflage, libidodämpfende Medikamente zu nehmen. Das dortige Bistum hat bestätigt, dass es damals von „unerlaubten sexuellen Handlungen“ des Paters in Deutschland und Österreich wusste. Schwer vorstellbar, dass Abt Kassian Lauterer davon keine Kenntnis gehabt haben soll. 1987 kam Pater Gregor dann noch einmal nach Birnau – den Ort, wo er zwei Jahrzehnte zuvor mehrere Kinder missbraucht hatte. 1992 wurde Müller nach Schübelbach im Bistum Chur (Schweiz) versetzt.
Ende 2006 informierte eines der Opfer aus Birnau das Bistum Freiburg (Update: und die Abtei Wettingen-Mehrerau, s.u.) über den Missbrauch durch Pater Gregor Müller. Das Bistum will daraufhin noch „2006 sofort den zuständigen Abt [also Kassian Lauterer] im Kloster Mehrerau verständigt [haben] – mit der Aufforderung, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Der Abt hat uns zugesichert, dies zu tun und sofort auch das Bistum Chur verständigen.“
Abt Kassian Lauterer muss demzufolge spätestens seit Ende 2006 gewusst haben, dass Pater Gregor Müller ein Missbrauchstäter ist. (Der Pater hatte den Missbrauch des betreffenden Opfers damals zugegeben.) Trotzdem ließ er Gregor Müller noch jahrelang weiter in Schübelbach – offenbar ohne Auflagen – mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. (Von „Pizza-Parties“ und Video-Abenden war die Rede.) Erst, nachdem das Opfer 2010 im Zuge des Missbrauchsskandals erfuhr, dass sein Peiniger immer noch in Schübelbach tätig war, und schließlich drohte, sonntags in vor der Kirche des Täters mit einem Schild „Hier zelebriert ein Kinderschänder“ zu demonstrieren, wurde Pater Gregor Müller aus Schübelbach abberufen – durch Kassians Nachfolger, Abt Anselm van der Linde.
Kassian Lauterer hat also Gregor Müller, nachdem dieser bereits wegen Missbrauchs strafversetzt worden war und zeitweise libidodämpfende Medikamente nehmen musste, jahrzehntelang weiterhin eingesetzt – z.T. sogar in derselben Pfarrei, wo er schon einmal Kinder missbraucht hatte –, wobei das Bistum Chur nicht einmal über dessen Vorgeschichte informiert wurde. Selbst, nachdem das Erzbistum Freiburg Abt Kassian Ende 2006 über den Missbrauch in Birnau informierte und der Pater diesen Missbrauch zugab, beließ Kassian Lauterer den Täter weiter in der Gemeinde Schübelbach.
Ich wünsche den Missbrauchsopfern viel Erfolg bei ihrer Klage.
Update: Das Opfer aus Birnau hat mir mitgeteilt:
„2006 habe ich neben Freiburg auch die Abtei verständigt! Und erst keine Antwort erhalten. Erst als ich in einem Gästebucheintrag auf der Homepage der Abtei öffentlich nach Pater Gregor suchte, hat der Abt meine Mail an den Täter weiter geleitet.“
Und:
„Bischof Ackermann hatte ich auch im Januar 2010 informiert, dass Pater Gregor Müller noch im Amt ist und habe ihn aufgefordert, etwas zu unternehmen – trotzdem blieb der „Missbrauchsbeauftragte“ untätig.“
Bistum Trier: Merkwürdige Prioritäten bei Missbrauch
31. Januar 2012Obwohl die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz dies vorsehen, hat der Trierer Bischof Ackermann einem Priester, gegen den wegen Missbrauchs eines Messdieners ermittelt wurde, nicht den weiteren Umgang mit Minderjährigen verboten. Stattdessen wurde der Priester auch noch in einem Wohnheim für geistig und psychisch Kranke eingesetzt. Das Kirchenrecht stellt diese in Bezug auf sexuellen Missbrauch Minderjährigen gleich.
Gestern berichtete ich darüber, dass im Bistum Trier ein Priester, gegen den ein kirchliches Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs läuft, in einem Wohnstift für geistig und psychisch Kranke tätig war. Er sollte dort Messen zelebrieren und war auch an einer Adventsfeier mit Kindern beteiligt.
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass dem betreffenden Priester, Michael V., lediglich das öffentliche Zelebrieren von Messen untersagt war. Eine Auflage, nicht mehr mit Kindern zu arbeiten, gab es offenbar nicht.
So schrieb der bischöfliche Generalvikar des Bistums Trier, Prälat Dr. Georg Holkenbrink, im März 2011:
Die Staatsanwaltschaft Trier (ermittelt) wegen des Verdachtes des sexuellen Missbrauchs eines minderjährigen Schutzbefohlenen während seiner Zeit als Vikar in Gerolstein. Dort soll er eine sexuelle Beziehung mit einem Messdiener gehabt haben. […]
Die vorläufige Beurlaubung bedeutet das Verbot der Ausübung seiner Aufgaben als Pfarrer dieser Pfarrei. Ferner ist ihm die öffentliche Zelebration untersagt.
Der Trierer Bischof, Stephan Ackermann, hält es offenbar für angebracht, einem Pfarrer, dem der sexuelle Missbrauch eines Messdieners vorgeworfen wird, das öffentliche Zelebrieren von Messen zu verbieten – nicht aber den Umgang mit Kindern!
Dementsprechend stellte das Bistum Trier jetzt auch lediglich fest, dass der Priester gegen das öffentliche Zelebrationsverbot verstoßen hat – mit der Beteiligung an der Adventsfeier mit Kindern scheint er hingegen nicht gegen irgendeine Auflage verstoßen zu haben.
Dabei hätte Bischof Ackermann – der auch der Missbrauchsbeauftragte der deutschen Bischöfe ist – gemäß den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz von 2010 durchaus ein Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen verhängen können. Darin heißt es nämlich ausdrücklich:
Maßnahmen bis zur Aufklärung des Falls
31. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen vor, entscheidet der Diözesanbischof über das weitere Vorgehen. Soweit es die Sachlage erfordert, stellt der Diözesanbischof die beschuldigte Person vom Dienst frei und hält sie von allen Tätigkeiten fern, bei denen Minderjährige gefährdet werden könnten (vgl. Art. 19 der „Normae de gravioribus delictis“).
Die Frage ist hier lediglich, ob die Sachlage dies erforderte. Hierzu ist festzustellen: Selbst, wenn aufgrund der Entpflichtung von Michael V. als Pfarrer und dem Einsatz im Puricelli-Stift ein Kontakt zu Kindern vielleicht nicht gerade zwangläufig zu erwarten war, hätte ein Kontaktverbot zu Minderjährigen entsprechend der Leitlinien zumindest nicht geschadet. Im Gegenteil: Dieser Fall zeigt, dass ein solches Verbot immer ausgesprochen werden sollte, um später nicht feststellen zu müssen, dass es „aus Versehen“ zum (unvorhersehbaren?) Kontakt mit Kindern kam.
In vorliegenden Fall kommt aber noch folgendes hinzu: Gemäß der in der Leitlinien erwähnten „Normae de gravioribus delictis“ ist in Bezug auf sexuellen Missbrauch („Straftat gegen das sechste Gebot mit einem Minderjährigen”) dem Minderjährigen „eine Person gleichgestellt, deren Vernunftgebrauch habituell eingeschränkt ist“.
Es ist deshalb, gelinde gesagt, makaber, dass Michael V. ausgerechnet in einem Heim für geistig und psychisch Kranke eingesetzt wurde.
Missbrauch: Bischof Ackermann hat erneut versagt
30. Januar 2012
Diesen Artikel mit dem Foto der Flöte spielenden Mädchen entfernte das Puricelli-Stift kürzlich von seiner Website. Er ist aber noch im Google Cache. Bei dieser Feier wirkte auch Michael V. mit, gegen den ein kirchenrechtliches Verfahren wegen Missbrauchs läuft.
Die Rhein-Zeitung berichtete am Samstag (28. Januar 2012) über einen Priester im Bistum Trier, gegen den ein kirchliches Verfahren wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch läuft, und der trotz Verbot öffentlich Messen zelebriert haben soll. Was aus dem Artikel leider nicht deutlich wurde, ist, dass der betreffende Priester offenbar auch als Seelsorger in einem Wohnstift für geistig und psychisch Kranke tätig war.
Die Verantwortung dafür trägt ausgerechnet der „Missbrauchsbeauftragte“ der deutschen Bischöfe, der Trierer Bischof Stephan Ackermann.
Privatleute deckten den Fall auf
Dass der Verstoß gegen die Auflage aufgedeckt wurde ist allerdings offenbar nicht dem Bistum zu verdanken, sondern einigen privaten „Einzelkämpfern“ aus dem Bistum Trier. Jedenfalls hatte das Blog MissBiT – Missbrauch im Bistum Trier in Zusammenarbeit mit Schafsbrief.de (Anspielung auf „Hirtenbrief“) drauf hingewiesen, dass der betreffende Priester im Puricelli-Stift in Rheinböllen tätig war. Obwohl er die Auflage hatte, keine öffentlichen Messen mehr zu zelebrieren, wurde im Pfarrbrief der Pfarreiengemeinschaft Rheinböllen für November 2011 angekündigt:
NEUE GOTTESDIENSTORDNUNG IN DER MARIENKAPELLE IM PURICELLI-STIFT
Zum 1. November 2011 beginnen wir mit einer neuen Gottesdienstordnung in der Marienkapelle. Pfarrer Michael [V.], der vom Bistum zum Studium freigestellt ist [Anmerkung: Er ist wegen des kirchlichen Missbrauchsverfahrens beurlaubt!], hat den Auftrag, in den Einrichtungen der Franziskanerbrüder seinen priesterlichen Dienst vor allen in der Feier der Liturgie auszuüben. Pfarrer [V.] wird jeden Mittwoch um 10.00 Uhr in der Marienkapelle die Heilige Messe feiern, die Freitagsmesse findet nach wie vor im wöchentlichen Wechsel mit der Pfarrkirche jeweils um 9.00 Uhr statt. Wir heißen Pfarrer [V.] in unserer Mitte herzlich willkommen und wünschen ihm gute Begegnungen und segensreiches Wirken im Puricelli-Stift.
Einsatz bei geistig und psychisch Kranken
„Das Puricelli-Stift Rheinböllen bietet Erwachsenen ab 40 Jahren, die infolge einer geistigen oder psychischen Erkrankung in besonderem Maße auf die Hilfe von Fachkräften angewiesen sind, ein Zuhause in Gemeinschaft. Träger des Puricelli-Stifts ist die Franziskanerbrüder Betriebs- und Beschäftigungs- gGmbH.“ [Quelle: Website des Puricelli-Stifts.] Der Priester, dem vorgeworfen wurde, einen Messdiener missbraucht zu haben (der dann später seinerseits Messdiener missbraucht haben soll – in seinem Prozess kamen die Vorwürfe gegen V. ans Licht), sollte also offenbar ausgerechnet in einer Einrichtung „wirken“ (vgl. Pfarrbrief), in der besonders schutzbedürftige Menschen untergebracht sind. Wie problematisch der – offenbar recht häufig praktizierte – Einsatz sexuell übergriffiger Priester in solchen Einrichtungen ist, hat die Berliner Therapeutin Angelika Oetken in einem lesenswerten Artikel dargestellt.
Kontakt mit Kindern – Puricelli-Stift entfernt Artikel
Bei seinem Wirken im Puricelli-Stift hatte Pfarrer V. offenbar auch Kontakt zu Kindern. Einen entsprechenden Artikel auf seiner Website hat das Puricelli-Stift vor kurzem entfernt, deshalb hier der Text:
Bei einem von Pfr. [M.] und Pfr. [V.] gestalteten ökumenischen Gottesdienst in der Marienkapelle gedachten die Bewohner, Mitarbeiter und Gäste des Puricelli Stifts der Hl. Jungfrau Maria als ihre Patronin. Musikalisch umrahmt wurde die Andacht auch in diesem Jahr wieder vom Ellerner Frauenchor diesmal in Begleitung von Pfr. [V.] an der Orgel.
Auf der sich anschließenden Adventsfeier sorgten nicht nur die musikalische Darbietungen, bspw. das Flötenspiel von Yasemin und Chantal, bei den Bewohner und dessen Angehörigen und Betreuern für eine vorweihnachtliche Stimmung.
Auch Pfr. [V.] zeigte ungeahnte Talente und verblüffte die Anwesenden mit Einblicke in die hohe Kunst der Illusionen, die weit über manch bekannte Taschenspielertricks hinausragte.
Der Artikel (siehe Bild oben) war mit einem Foto illustriert, dass die Mädchen Yasemin und Chantal beim Flötenspiel zeigte – es waren also bei dieser Veranstaltung mit Pfarrer V. offenbar mindestens zwei Kinder anwesend.
Bischof Ackermann ist verantwortlich
Verantwortlich hierfür ist der Trierer Bischof und Missbrauchsbeauftragte der deutschen Bischöfe, Stephan Ackermann. Denn in den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum sexuellen Missbrauch von 2010 heißt es:
45. Es obliegt dem Diözesanbischof, dafür Sorge zu tragen, dass die von ihm verfügten Beschränkungen oder Auflagen eingehalten werden. Das gilt bei Klerikern auch für die Zeit des Ruhestands.
Die Räte der Pfarreiengemeinschaft Rheinböllen haben bekräftigt, „dass weder die Hauptamtlichen noch die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Pfarreiengemeinschaft über das Zelebrationsverbot von Pfarrer M. V. informiert worden seien.“
Fragen zu dieser Angelegenheit wollte mir das Bistum Trier ausdrücklich nicht beantworten.
Update: Das Seelsorgeteam und Gremien der Pfarreiengemeinschaft Rheinböllen erheben Vorwürfe gegen die Bistumsleitung. „Wir fühlten und fühlen uns seitens der verantwortlichen Stellen nicht ausreichend informiert und fordern als Vertreter der Pfarreiengemeinschaft, die die Verantwortung vor Ort tragen müssen, zukünftig bei solchen Konflikten im Vorfeld informiert und eingebunden zu werden, um entsprechend reagieren zu können“, sagte der Pfarreienratsvorsitzende Christian Klein gegenüber der Rhein-Zeitung.
Gewerkschaft der Polizei: „Ermittler in Priesterrobe“ ersetzen nicht die Polizei
18. März 2010Passend zur vorigen Meldung hier eine Pressemitteilung der Gewerkschaft der Polizei (GdP):
Berlin, 17. März 2010
Aufklärung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche:
GdP: „Ermittler in Priesterrobe“ ersetzen nicht die Polizei
Berlin. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die katholische Kirche aufgefordert, die Ermittlungen bei Missbrauchsfällen in kirchlichen Einrichtungen nicht auf eigene Faust durchzuführen, sondern den staatlichen Verfolgungsbehörden zu überlassen. GdP-Vorsitzender Konrad Freiberg: „Die Aufklärung von Straftaten ist Sache derer, die gesetzlich legitimiert sind, dafür ausgebildet wurden und über große Fachkenntnis durch Hunderttausende von Ermittlungs- und Gerichtsverfahren verfügen: Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte. Bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester oder kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen muss unverzüglich Anzeige bei der Polizei erstattet werden.“
In der April-Ausgabe ihres Fachorgans DEUTSCHE POLIZEI setzt sich die GdP kritisch mit den für die innerkirchlichen Ermittlungen maßgeblichen „Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche im Bereich der deutschen Bischofskonferenz“ auseinander, die im Jahre 2002 nach einer Welle von Mißbrauchsfällen in den USA von der Bischofskonferenz erlassen wurden.
Autor Peter Jamin: „Geradezu als Herrscher über Recht und Gesetz positionieren sich die Bischöfe, wenn sie in ihrem Papier bestimmen, wann ein Fall als erwiesen gilt, dem Verdächtigen zu Selbstanzeige geraten und gegebenenfalls das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft gesucht wird.“ GdP-Vorsitzender Freiberg: „Hier ersetzt Kirchen-Justiz die des Staates.“
Nach Auffassung der GdP wird durch die Vorgehensweise der Kirche der Opferschutz missachtet. Freiberg: „Bei Opferhelfern, Polizei und Justiz besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass vor allem minderjährige Opfer-Zeugen mit größtmöglicher Behutsamkeit, nicht mehrmals und auf keinen Fall von Laien zum Geschehen befragt werden dürfen. Davon ist in den Leitlinien keine Rede.“
Die Leitlinien der deutschen Bischofskonferenz, so Freiberg, bergen die Gefahr der Vertuschung und Verschleierung. Freiberg: „Die katholische Kirche täte gut daran sich durch ein sofortiges Einschalten der Strafverfolgungsbehörden in solchen Fällen nicht dieses Verdachtes auszusetzen.“