Die Auswirkungen der hier besprochenen Meldung werden sich zwar stark in Grenzen halten – sie ist allerdings einmal mehr ein Beispiel dafür, wie unkritisch und inkompetent der Bayerische Rundfunk über Kirchenthemen berichtet. Ein betont sachlicher Kommentar von mir dazu wurde nicht freigeschaltet. Den Rest des Beitrags lesen »
Kirchenfinanzen: Der Trick mit dem Bilanzgewinn
31. Oktober 2019Das Erzbistum Paderborn, so ist derzeit überall (siehe „Presseschau“ weiter unten) zu lesen, hat im Jahr 2018 einen „Gewinn“ (WDR) bzw. einen „Jahresüberschuss“ (Domradio) von 15 Millionen Euro erzielt. „Das entspricht dem Vorjahresergebnis“, so Finanzdirektor Dirk Wummel laut Domradio, und der Betrag „fließe zu 100 Prozent an die Kirchengemeinden“.
Tatsächlich hat das Erzbistum Paderborn 2018 einen Jahresüberschuss von knapp 52 Mio. Euro (also mehr als das Dreifache) erwirtschaftet (Ergebnisrechnung für 2018, Zeile „Jahresüberschuss“, Finanzbericht S. 59). Die von den Medien erwähnten 15 Mio. sind lediglich der Teil des Überschusses, über dessen Verwendung der Kirchensteuerrat entscheiden durfte – der sog. „Bilanzgewinn“. Den Rest des Beitrags lesen »
Unverantwortliche Darstellung der Beschneidung beim KinderKanal (KiKa)
17. Januar 2014Der Ankündigung nach handelt es sich bei der Sendung „Tahsins Beschneidungsfest“ um eine unverantwortliche, unausgewogene Darstellung, die soziale Manipulationsmechanismen und archaische Vorstellungen als legitime Entscheidungskriterien präsentiert, und somit die zuschauenden Kinder in ihrer Entwicklung zu eigenständigen, verantwortungsvollen Persönlichkeiten behindert und den Nährboden für religiösen Fundamentalismus bereitet.
ARD-Kontraste: Wie Kirche sich arm rechnet
26. Oktober 2013Ich hatte ja bereits letzten Donnerstag darauf hingewiesen, dass es sich bei den Vermögenswerten, die einige katholische Bistümer kürzlich im Zuge ihrer „Transparenzoffensive“ veröffentlicht haben, gemäß den deutschen Buchführungsvorschriften um historische Werte handelt, die das tatsächliche Vermögen nicht sinnvoll widerspiegeln.
Erfreulicherweise wurde dies jetzt auch durch die ARD-Sendung „Kontraste“ thematisiert. Ein sehr empfehlenswerter Beitrag, der sowohl als Video als auch als Transkript (Text) zur Verfügung steht.
Darin heißt es:
Die Kirche redet von Millionenbeträgen – Kritiker hingegen sprechen von Milliarden. Woher kommt diese Diskrepanz? Ein großer Teil des Kirchenvermögens steckt in Immobilien.
Wie man sich in diesem Bereich arm rechnen kann, weiß Professor Schwintowski, Wirtschaftsjurist an der Humboldt-Universität Berlin. Die Bistümer geben in ihren Bilanzen einfach einen häufig jahrzehnte alten Buchwert an. Über die konkreten Summen kann der Experte so nur spekulieren.
Prof. Hans-Peter Schwintowski
Wirtschaftsrechtler, Humboldt-Universität zu Berlin
„Also die deutsche Kirche ist wirklich sehr, sehr reich. Nach echten Verkehrswerten ist sie sicherlich das Hundertfache reicher als das was in den Büchern steht.“
Nur mal so größenordnungsmäßig: Bei dem von Prof. Schwintowski genannten Faktor 100 ergäbe sich für den bischöflichen Stuhl zu Würzburg ein Wert von 27 Milliarden Euro, für den erzbischöflichen Stuhl zu Köln ein Wert von 16 Milliarden Euro!
Und dabei handelt es sich nur um das Vermögen der bischöflichen Stühle – daneben existiert ja noch das Vermögen der Diözesen, und dies kann wiederum ein Mehrfaches des Vermögens des bischöflichen Stuhls ausmachen.
Kirchenfinanzen: Dichtung und Wahrheit
25. August 2013Die Süddeutsche Zeitung (SZ) lässt sich von kirchlichen Darstellungen blenden. Und der Haushalt des Erzbistums München und Freising belegt: Die Kirchensteuer entlastet den Staat nicht, sie belastet ihn.
Wie die Kirchen ihre Anteile für Bildung und Caritas aufblähen – mit staatlichen Geldern
Anstatt ihren Mitgliedern mitzuteilen, wie viel Geld von der Kirchensteuer für gemeinnützige Zwecke wie Bildung oder Caritas ausgegeben wird, veröffentlichen die Kirchen lieber ihre Haushalte. Diese umfassen allerdings nicht nur die Einnahmen aus der Kirchensteuer, sondern auch die staatlichen Zuschüsse und alle anderen Einnahmen (z.B. Schulgeld, Gebühren, Pfründe-, Pacht- und Zinseinnahmen, Spenden). Da die staatlichen Zuschüsse im Wesentlichen in die gemeinnützigen Tätigkeitsbereiche gehen, erhöhen sie dort die Haushaltsansätze (s.u.) – und damit den Anteil der gemeinnützigen Bereiche am Haushaltsvolumen. Die Prozentangaben, wie viel anteilig für gemeinnützige Zwecke ausgegeben wird, sind daher für den kirchlichen Haushalt immer viel größer, als wenn der Prozentsatz angegeben würde, der von der Kirchensteuer für gemeinnützige Zwecke ausgegeben wird (s.u.).
Nun ist zwar nichts dagegen einzuwenden und es ist absolut sinnvoll, dass die Kirchen ihre Haushalte veröffentlichen. Ein für die Kirchen angenehmer Nebeneffekt ist allerdings, dass die Öffentlichkeit durch die überhöhten Prozentangaben einen falschen Eindruck von der Verwendung der Kirchensteuer bekommt. Das Erzbistum München und Freising, um das es im Folgenden geht, verweist sogar in seiner Broschüre „Informationen zur Kirchensteuer 2013“ als Antwort auf die selbstgestellte Frage (S. 13) „Wofür wird die Kirchensteuer im Erzbistum München und Freising verwendet?“ auf die Haushaltsangaben – anstatt die Anteile an der Kirchensteuer auszuweisen, wie ich es unten tue.
… und die SZ fällt darauf rein
Mutter Teresa, die Katholische Kirche und das Leid
8. März 2013Die Glorifizierung des Leidens war keine Marotte von Mutter Teresa, sondern ist offizielle katholische Lehre.
Die Medien berichten derzeit über eine kritische Studie kanadischer Wissenschaftler über Mutter Teresa, z.B. hier:
Mutter Teresa betete, statt zu helfen
Ein Vorwurf – der allerdings nicht neu ist – lautet, Mutter Teresa habe das Leiden der Armen glorifiziert.
„Es liegt Schönheit darin, wie die Armen ihr Schicksal erdulden, wie Christus am Kreuz zu leiden“, sagte Mutter Teresa laut dem britischen Journalist Christopher Hitchens, der ein kritisches Buch über sie schrieb. „Die Welt gewinnt viel durch ihr Leiden.“ [Yahoo!; Hitchens‘ Buch ist „The Missionary Position: Mother Teresa in Theory and Practice„, auch als Kindle-Version und Audiobuch erhältlich]
Ich will nur kurz darauf hinweisen, dass Mutter Teresa damit ganz auf der offiziellen Linie der Katholischen Kirche zu liegen scheint. Auf Kathpedia.de wird diese so zusammengefasst:
Die Christliche [Anmerkung: Gemeint ist wohl die katholische] Wertung sieht gerade im bewussten Todesleiden ein Mittel der Sühne und Reifung, durch das der Mensch, der die Sündenfolgen auf sich nimmt und von den Sakramenten gestärkt, des Erlösers Todesangst mitleidet. Wer solche Zeit eigenmächtig kürzt, greift in die Menschen- wie in die Gottesrechte ein.
Als Beleg wird auf ein Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre verwiesen: Iura bona von 1980. Darin heißt es:
III.
DIE BEDEUTUNG DES SCHMERZES FÜR DEN CHRISTEN UND DIE VERWENDUNG SCHMERZSTILLENDER MITTEL[…]
Nach christlicher Lehre erhält der Schmerz jedoch, zumal in der Sterbestunde, eine besondere Bedeutung im Heilsplan Gottes. Er gibt Anteil am Leiden Christi und verbindet mit dem erlösenden Opfer, das Christus im Gehorsam gegen den Willen des Vaters dargebracht hat. Es darf deshalb nicht verwundern, wenn einzelne Christen schmerzstillende Mittel nur mäßig anwenden wollen, um wenigstens einen Teil ihrer Schmerzen freiwillig auf sich zu nehmen und sich so bewußt mit den Schmerzen des gekreuzigten Christus vereinigen zu können (vgl.Mt 27,34). […]
Dies wird im Anschluss sogar als „heroische Haltung“ bezeichnet.
Man sollte sich also darüber im Klaren sein: Die Vorstellung, dass (sterbende) Menschen, die leiden, irgendwie mit Jesus mitleiden, stellt nicht etwa eine spezielle Auffassung von Mutter Teresa dar, sondern vielmehr die offizielle katholische Lehre.
Immerhin:
Erlaubt ist der Gebrauch narkotischer Mittel, um große Schmerzen zu lindern, selbst dann, wenn sie den Eintritt des Todes beschleunigen. [Kathpedia]
Andererseits:
Passive Sterbehilfe im Sinne von Zürückhaltung der Ernährung (Wasser etc.) ist nicht gestattet, auch nicht wenn die Nahrung durch eine Sonde in den Magen befördert werden muss. [Kathpedia]
Weiter sollte man sich darüber klar sein, dass sich die katholische Kirche nicht damit zufrieden gibt, die obige Haltung den eigenen Mitgliedern zu predigen. Das Mitleiden mit dem christlichen Sündenbock Jesus soll möglichst per Gesetz auch allen Nichtchristen auferlegt werden. So erklärte die Deutsche Bischofskonferenz z.B. im September letzten Jahres:
Als ethisch verwerflich verurteilt [die katholische Kirche] die öffentliche Duldung oder Förderung jeder Form von institutionalisierter Suizidhilfe, deren hauptsächlicher Zweck darin besteht, Notleidenden eine schnelle und effiziente Möglichkeit für die Selbsttötung anzubieten. Ein gesetzliches Verbot lediglich des gewerbsmäßigen, also gewinnorientierten Handelns greift aus ihrer Sicht jedoch zu kurz, da eine solche Engführung sogar den Eindruck erwecken könnte, alle nicht kommerziellen Formen seien als legitim zugelassen.
Vernichtung von Missbrauchsakten: Bischofskonferenz komplett unglaubwürdig!
10. Januar 2013Das katholische Kirchenrecht schreibt vor, dass Akten, die Strafverfahren in Sittlichkeitsverfahren betreffen, nach dem Tod des Angeklagten, spätestens aber 10 Jahre nach der Verurteilung, zu vernichten sind:
Jährlich sind die Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind, zu vernichten; ein kurzer Tatbestandsbericht mit dem Wortlaut des Endurteils ist aufzubewahren.
Dies ist zweifellos die Vorschrift, auf die sich Prof. Pfeiffer bezieht:
Am schwersten wiegt aber Pfeiffers Vorwurf, dass nach seinen Informationen Akten vernichtet worden sein sollen. Es gebe eine Vorschrift, wonach zehn Jahre nach der Verurteilung eines Priesters die Akten zu beseitigen seien. Eine entsprechende Anfrage an die Kirche vom Oktober sei vom VDD nie beantwortet worden. Dadurch aber könne sein Institut den Auftrag nicht erfüllen, die Missbrauchsfälle seit 1945 zu erforschen.
Dazu der Geschäftsführer des VDD, desVerbands der Diözesen Deutschlands, Dr. Hans Langendörfer:
„Für eine Vernichtung von Täterakten habe ich keinerlei Anhaltspunkte“.
Und der Sprecher des Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp:
„Abweichend vom staatlichen Recht sieht das Kirchenrecht jedoch vor, dass bei Sittlichkeitsfragen – in den Fällen, die strafrechtlich anhängig waren – ein Tatbestandsbericht und der Wortlaut des Endurteils auf Dauer aufbewahrt werden.“ Es ließen sich insofern keine Straftaten vertuschen. „Es ist falsch und irreführend, den Eindruck zu erwecken, es gebe eine vom kirchlichen Recht her geforderte Aktenvernichtung, die das Forschungsprojekt behindern würde.“
Das ist wieder eine typisches, irreführendes Statement eines Kirchensprechers: Natürlich gibt es eine vom kirchlichen Recht geforderte Aktenvernichtung – Herr Kopp fügt bloß noch schnell eine scheinbare Ergänzung an („die das Forschungsprojekt behindern würde“). Die meisten Leute dürften Kopp allerdings so verstehen, als gäbe es überhaupt keine Vorschrift zur Aktenvernichtung. Zudem ist schwer nachzuvollziehen, wie die Vernichtung sämtlicher Akten bis auf den Wortlaut des Urteils und einen kurzen Tatbestandsbericht die Forschung nicht behindern soll.
UPDATE: In dem Forschungskonzept vom 13.7.2011, das Bestandteil des Forschungsvertrages ist, heißt es:
In einem von der jeweiligen Diözesanverwaltung zur Verfügung gestellten Raum sollen aus den einschlägigen Personalakten sowie Kirchengerichtsakten, Handakten und etwaigen Strafverfahrensakten sämtliche relevanten Fakten erfasst werden. Die für die Datenerhebung zuständigen Juristen werden ferner gebeten, zu jedem Fall eine kurze Beschreibung des Sachverhalts zu erarbeiten (Tatgeschehen, Tatort, Vorgehensweise des Täters, besondere Merkmale des Täters und des Opfers, Verhalten der Kirche bzw. der Kirche gegenüber Täter und Opfer).
Und das soll nicht behindert werden, wenn die besagten Akten bis auf einen kurzen Tatbestandsbericht und den Urteilstext vernichtet werden?
Und Kopps folgende Behauptung dürfte bereits als Unwahrheit zu bezeichnen sein (Video ab 2:15):
Frage: „Was ist mit den Vorwürfen, dass zum Teil Akten vernichtet oder verweigert wurden?“
[Schnitt im Video]
Kopp: „Ich verwehre mich gegen diese Äußerung von Herrn Pfeiffer, sie ist sachlich falsch! Und wenn Herr Pfeiffer seine eigenen Akten durchschauen würde, wüsste er auch, dass wir schriftlichen Kontakt dazu hatten. Es gibt nach unserer Kenntnis keine Aktenvernichtung. Das kirchliche Gesetzbuch sieht vor, dass bei strafrechtlich relevanten Delikten, gerade im sittlichen Bereich, Akten nicht gänzlich vernichtet werden müssen, sondern, wenn sie strafrechtlich verfolgt wurden, entsprechende Protokolle aufbewahrt werden müssen; wir sind also noch deutlicher als das Zivilstrafrecht.
Herr Kopp täuscht hier, ohne („technisch“) zu lügen: „Akten müssen nicht gänzlich vernichtet werden“ klingt, als könnte auch alles aufgehoben werden. Das Gegenteil ist aber der Fall: Tatsächlich muss alles vernichtet werden, bis auf den kurzen Tatbestand und den Urteilstext. „Protokolle“ ist dafür schon eine äußerst großzügige Bezeichnung.
Noch einmal:
Kirchenrecht: Einschlägige Akten sind nach dem Tod des Angeklagten zu vernichten – bis auf den Vermerk und den Wortlaut des Urteils.
Kopp: „Es gibt nach unserer Kenntnis keine Aktenvernichtung.“
Auch Kopps „Und wenn Herr Pfeiffer seine eigenen Akten durchschauen würde, wüsste er auch, dass wir schriftlichen Kontakt dazu hatten“ ist völlig nichtssagend, reine Show: Es ist ja noch nicht einmal deutlich, von wem der „Kontakt“ ausging. Und auch Korrespondenz heißt nicht automatisch, dass eine gestellte Frage beantwortet wurde.
Es kann – und sollte! – sich hier jeder selbst ein Urteil darüber bilden, wer hier irreführende Behauptungen in die Welt setzt.
Die Behauptung „Ohne Gott ist alles erlaubt“ führt sich selbst ad absurdum
5. Mai 2011Philipp Möller hat auf „The European“ einen Artikel veröffentlicht, in dem er die kirchliche Zweckbehauptung, ohne Gott gebe es keine Moral, meines Erachtens sachlich völlig richtig als „dummdreistes Drohszenario“ beschreibt. Das bot mir die Möglichkeit, in einem Kommentar auf einen Punkt hinzuweisen, den ich bisher noch nirgends erwähnt gefunden habe:
Wieso erkennt eigentlich keiner (weder Christ noch Atheist), dass Argumente á la „Ohne Gott ist alles erlaubt“ oder „Werte brauchen Religion“ sich selbst ad absurdum führen, wenn sie gegenüber Ungläubigen gebraucht werden?
Beide Behauptungen appellieren beim Gegenüber an die Einsicht bzw. den Wunsch, dass eben nicht alles erlaubt sein soll, dass Werte für die Gesellschaft unverzichtbar sind.
Wenn jemand gegenüber nichtreligiösen Menschen so argumentiert, dann zeigt dies, dass er sich zumindest unbewusst darüber im Klaren ist, dass eben auch Ungläubige von der Notwendigkeit von Werten überzeugt sind und nicht alles erlauben wollen. Dass er dies ohne weitere Begründung (und ohne es selber zu merken) tun kann zeigt, dass im Grunde jedem klar ist, dass der Wunsch nach Werten und (ggf. Verbots-) Regelungen des Miteinanders allen Menschen unmittelbar einsichtig ist.
Argumente wie „Ohne Gott ist alles erlaubt“ oder „Werte brauchen Religion“ sind „Trittbrettfahrer-Argumente“, die behaupten, irgendetwas Notwendiges könne nur durch Gott oder Religion bereitgestellt werden. Diese Argumente tun jedoch genau das Gegenteil von dem, was sie behaupten: Sie versuchen, Gott bzw. die Religion mit der Notwendigkeit von Regeln für das Zusammenleben zu begründen, anstatt zu zeigen, weshalb diese Regeln ohne Gott nicht zustande kommen sollten.
Das Argument funktioniert nur bei Notwendigkeiten (andernfalls ließe sich ja wiederum die Notwendigkeit Gottes anzweifeln), und dadurch führt es sich zwangsläufig ad absurdum: Was notwendig ist, existiert ohnehin bereits (andernfalls wäre die Menschheit ja schon ausgestorben) und wird auch weiterhin bereitgestellt, eben weil es notwendig ist – und nicht, weil es Gott gibt.
Rheinischer Merkur: Bischöfe leisten Sterbehilfe
28. November 2010Jahrzehnte währte das Siechtum (FAZ) des Patienten. Währenddessen hing er am Finanztropf der deutschen Bischöfe. Und der Militär- und Gefängnisseelsorge, die (wenigstens zeitweise) jeweils 12.000 Exemplare der Wochenzeitung für eine „gehobene und gebildete Leserschaft“ abnahmen und damit die Auflage stützten. Seinem Zwillingsbruder, dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt, hatte die EKD schon vor zehn Jahren die lebenserhaltenden Maßnahmen abgestellt, und dessen untoter Wiedergänger Chrismon geistert seitdem als „absenderfinanzierte“ Beilage in Zeitungen wie der ZEIT, FAZ oder der Süddeutschen herum.
Bei der katholischen Kirche dauert alles immer etwas länger, aber jetzt steht das Schicksal als ZEIT-Beilage auch den sterblichen Überresten unseres Patienten bevor, denn im September entschieden die Bischöfe, dem Rheinischen Merkur, der „Wochenzeitung für Deutschland“ den Stecker raus zu ziehen. Offenbar stieß der schon flehentliche Untertitel der Zeitung „Weil Ihnen das Wesentliche wichtig ist“ dort auf taube Ohren.
Der Vorsitzende der deutschen Bischöfe, Robert Zollitsch, schreibt in seinem Nachruf:
Es ist angebracht, zum Ende des Rheinischen Merkur als selbstständiger Zeitung Dank zu sagen. 64 Jahre – und davon die meiste Zeit in kirchlicher Trägerschaft – hat diese Zeitung auf höchstem journalistischem Niveau das Zeitgeschehen begleitet und darauf hingewirkt, dass in Deutschland die Lebensprinzipien des Christentums Eingang finden in die politischen Entscheidungen, dass unser Land sich also seiner christlichen Wurzeln bewusst bleibt. Beim Lebensschutz, in der Sozialpolitik, der Familienpolitik, der Bioforschung – das sind nur einige der großen Themen, in denen die Stimme des Rheinischen Merkur zu vernehmen war.
Freilich galt auch hier: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Die „Stimme des Rheinischen Merkur“, von der Zollitsch spricht, war stets die Stimme der Kirche – nur eben nicht sofort als solche erkennbar. Das haben sich die Bischöfe Jahr für Jahr einige Millionen kosten lassen. Dass Zollitsch angesichts der nicht selten manipulativen Darstellung staatskirchlicher Verhältnisse im Merkur und angesichts der offensichtlichen finanziellen Abhängigkeit des Blattes von der Kirche von „höchstem journalistischen Niveau“ spricht, sagt mehr über Zollitschs Vorstellungen von Journalismus als über den Merkur.
Hier nur einige Beispiele aus den letzten zwölf Monaten:
- Hans Michael Heinig, Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland, hält im Merkur das Kruzifix-Urteil des EGMR für ein Fehlurteil.
- Der Merkur veröffentlich Unsinn von Robert Spaemann zu Richard Dawkins‘ Buch „Der Gotteswahn“.
- Merkur-Redakteur Wolfgang Thielmann schreibt von einer „Faustformel“, derzufolge sich jeder Kirchensteuer-Euro [für den Staat] verdreifache, reagiert aber nicht auf Anfrage, was damit gemeint sein soll oder wie er zu dieser Auffassung kommt.
- Merkur-Redakteur Wolfgang Thielmann lobt im Merkur-Blog den „Mut“ seiner Geldgeber in der Mixa-Affäre.
Am Freitag erschien die letzte Ausgabe des Merkur. Sein Verschwinden wird vermutlich kaum jemandem auffallen. Und zu Gefängnisaufständen wird es wohl auch nicht kommen.
EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider lehnt „Sühnopfer“ ab
6. August 2010Stellt sich der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und amtierende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider gegen DEN zentralen christlichen Glaubensinhalt?
Gegenüber der Frankfurter Rundschau sprach er sich dagegen aus, dass man „einem Einzelnen alle Schuld aufbürdet und gleichsam ein Sühnopfer verlangt“.