Overbecks Äußerungen: Meinungsfreiheit oder Volksverhetzung?

1. Juni 2012

Sind die Äußerungen von Bischof Overbeck (u.a. „ohne Religion und ohne religiöse Praxis gibt es kein Menschsein“) von der Meinungsfreiheit gedeckt oder schon Volksverhetzung? Und sollte es überhaupt einen Straftatbestand „Volksverhetzung“ geben? — Ich meine: Ja, und Obverbecks Äußerungen erfüllen die Kriterien für Volksverhetzung.

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Neue Anzeige gegen Militärbischof Overbeck

30. Mai 2012

Nach reiflicher Überlegung habe ich mich jetzt auch zu einer Anzeige gegen Militärbischof Overbeck entschieden. Mir sind nämlich noch einige Punkte eingefallen, die bisher nicht berücksichtigt wurden.

Update: Weitere Überlegungen zum Thema habe ich hier ausgeführt: Overbecks Äußerungen: Meinungsfreiheit oder Volksverhetzung?

Auf dem Atheist Media Blog machen wir uns regelmäßig darüber lustig, wenn Christen „Christenverfolgung“ rufen und Zeitschriften (wie Titanic) wegen Blasphemie oder Volksverhetzung anzeigen. Jedenfalls ist eine Anzeige wegen Volksverhetzung ein schwerwiegender Vorwurf und gewiss kein Mittel, um gegen missliebige Meinungsäußerungen vorzugehen.

Deshalb habe ich mir auch gut überlegt, ob ich Militärbischof Overbeck wegen seiner Äußerungen auf der Soldatenwallfahrt in Lourdes anzeigen sollte. Sehr sachgerecht fand ich den Ansatz von Wolfgang Klosterhalfen, Overbeck nicht Volksverhetzung vorzuwerfen, sondern lediglich die Staatsanwaltschaft um Prüfung zu bitten, ob hier Volksverhetzung vorliegen könnte.

Ein Einwand, den ich mehrfach gehört hate, war, dass durch Overbecks Äußerungen die öffentliche Ordnung nicht gefährdet sei. Wie ich in meinem Schreiben an die Staatsanwaltschaft zeige, kann dies allerdings nicht einfach ohne Weiteres behauptet werden.

Und Overbeck vertritt in seinem Statement „Ohne Religion und ohne religiöse Praxis gibt es kein Menschsein“ auch nicht in erster Linie eine Meinung, sondern vor allem diffamiert er.

Also: Hier mein Schreiben an die Staatsanwaltschaft Essen:

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Narrenfreiheit für Militärbischöfe: Das Maß ist voll!

17. Mai 2012

„Gott mit uns“: Von den Koppelschlössern mittlerweile entfernt – offenbar aber nicht aus den Köpfen der Bundeswehr-Führung. (Soll nicht heißen, dass die Bundeswehr faschistisch oder nationalsozialistisch ist.)

Mein folgendes Schreiben an die Fraktion der Grünen im Bundestag gibt einen Überblick darüber, wie problematisch die derzeitige Militärseelsorge-Praxis ist. Ich habe mich angesichts des Verhaltens des Bundesverteidigungsministeriums jetzt dazu entschlossen, nachträglich den Wehrdienst zu verweigern (s.u.). Ich kann und will nicht Angehöriger von „Streitkräften“ sein, deren Führung vor einem homophoben Hassprediger in Frauenkleidern den Schwanz einzieht.

Betr.: Militärseelsorge
Anfrage der Fraktion vom 11. April 2012 an die Bundesregierung

Sehr geehrte Frau Künast, sehr geehrter Herr Trittin,
liebe Grüne,

nach meinem Entsetzen über den Vorschlag einiger katholischer Grüner nach einer Kirchenaustritts-Verhinderungssteuer für Konfessionslose schlug meine Stimmung heute regelrecht in Entzücken um, als ich von Ihrer Anfrage an die Bundesregierung und deren Antwort zum Thema „Militärseelsorge“ erfuhr. Als ehemaliger Zeitsoldat und Reserveoffizier beobachte ich die Militärseelsorge seit langem kritisch, nicht zuletzt aufgrund meiner eigenen Erfahrungen als Atheist beim Heer (1987-1989).

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Militärbischof Overbeck erklärt nichtreligiöse Soldaten zu Menschen zweiter Klasse (wenn überhaupt)

14. Mai 2012

Lustloses Geschwurbel in Lourdes: Militärbischof Overbeck

Update: Antwort vom BMVg: „Kein Kommentar“. Daraufhin habe ich jetzt den Dienst verweigert. Unter den gegebenen Umständen finde ich es als Atheist entwürdigend, Teil der Bundeswehr zu sein.

E-Mail an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus:

Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter,

sehr geehrte Damen und Herren,

als konfessionsfreier Reservist beschwere ich mich hiermit über Militärbischof Overbeck. Einzelheiten entnehmen Sie bitte der unten angehängten E-Mail, die ich bereits an das BMVg geschickt habe.

Ich sehe auch bei wohlwollender Betrachtung nicht, wie Overbecks wiederholte Äußerungen mit dem freiheitlich-demokratischen Menschenbild vereinbar sein sollen.

Selbst, wenn man ihm in seiner Eigenschaft als Bischof eine gewisse „Narrenfreiheit“ zugestehen wollte, kann es doch nicht angehen, dass der Verantwortliche für den Lebenskundlichen Unterricht konfessionsfreie Soldatinnen und Soldaten derart zu Menschen zweiter Klasse (um es gelinde zu sagen) degradiert, wie es Overbeck hier in diversen Erklärungen getan hat.

Die Äußerungen von Overbeck unterminieren (um nicht zu sagen: bestreiten) die Vorstellungen von Menschwürde, wie die Bundeswehr sie verteidigen soll – wie sie auch konfessionsfreie Soldatinnen und Soldaten unter Einsatz ihres Lebens verteidigen sollen.

Die Bundeswehr macht sich m.E. unglaubwürdig, wenn sie solchen Äußerungen nicht klar Einhalt gebietet.

Mit freundlichen Grüßen,

Matthias Krause

E-Mail an die Pressestelle des Bundesverteidigungsministeriums

(Kopie ging an das Katholische Militärbischofsamt.) 

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Matthias Krause, ich blogge u.a. zum Thema „Staat und Kirche“. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen als Zeitsoldat beim Bund (1987-1989) interessiere ich mich besonders für das Thema „Militärseelsorge“.

Ich frage mich, wie das BMVg zu den Aussagen von Militärbischof Overbeck steht, die dieser jüngst in Lourdes von sich gegeben hat.

In einem Video erklärt er (5:33):

Ohne Religion und ohne gelebte Praxis von Religion gibt es kein Menschsein.

In einem Interview behauptet Militärbischof Overbeck:

„Oberste Priorität hat, dass Soldaten Gewalt nur im äußersten Notfall und vor allem verantwortungsvoll einsetzen. Mit einem festen Glauben lassen sich solche Entscheidungen gewissenhafter treffen.

Domradio berichtet:

Die Anwendung von Gewalt bedürfe eines gefestigten Gewissens und eines klaren Charakters sowie Gottvertrauens, so der Militärbischof.“

Sie werden vielleicht nachvollziehen können, dass solche Aussagen ein Schlag ins Gesicht konfessionsfreier Soldatinnen und Soldaten ist. Overbeck scheint ihnen das Menschsein abzusprechen, er behauptet, Entscheidungen über den Einsatz von Gewalt ließen sich durch Gläubige „gewissenhafter“ treffen, und die Anwendung von Gewalt bedürfe „Gottvertrauens“.

Ich meine, es lässt sich klar feststellen, dass Bischof Overbeck damit nichtreligiöse Menschen, insbesondere aber auch nichtreligiöse Soldatinnen und Soldaten, als Menschen zweiter Klasse (bzw. überhaupt nicht als „richtige“ Menschen) darstellt.

Dies wäre m.E. bereits schlimm genug, wenn er diese Aussagen nur als Bischof machte. Als Militärbischof ist Overbeck aber – mit seinem evangelischen Kollegen – auch für den verpflichtenden berufsethischen Unterricht der Soldatinnen und Soldaten, den Lebenskundlichen Unterricht, verantwortlich.

Ich brauche Ihnen gegenüber wohl nicht weiter auszuführen, dass sich die Menschenwürde unmittelbar aus dem Menschsein ableitet und nicht an irgendwelche religiöse Praxis als Bedingung gekoppelt ist.

Es ist mir unbegreiflich, wie das Bundesverteidigungsministerium einen solchen, milde ausgedrückt muss man wohl sagen: Ignoranten mit der Verantwortung für den Lebenskundlichen Unterricht betrauen kann. Was er in Lourdes von sich gegeben hat, ist doch wohl objektiv nicht mit dem Grundgesetz und den Menschenrechten vereinbar (von Anstand mal ganz abgesehen).

Wird das Bundesverteidigungsministerium in irgendeiner Weise auf die Äußerungen von Militärbischof Overbeck reagieren? – Falls nicht: haben Militärbischöfe quasi „Narrenfreiheit“, oder gibt es irgendwo eine Grenze, wo für das BMVg die Toleranzschwelle erreicht ist. Die Frage drängt sich auf, weil es, wenn überhaupt, nur ein sehr schmaler Grat ist zwischen dem, was Bischof Overbeck oben gesagt hat und der Behauptung, nichtreligiöse Soldatinnen und Soldaten seien „Untermenschen“. (Sollten Sie das anders sehen, bitte ich ehrlich um die Erläuterung, wo der Unterschied zwischen „kein Menschsein“ und „Untermenschentum“ liegt.)

Für eine zeitnahe Antwort bin ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Krause

Zu diesem Thema siehe auch:

Militärbischof Overbeck: Der Bock als Gärtner (hpd)

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat mit seinen Äußerungen zur Homosexualität erneut für Empörung unter Schwulen und Lesben gesorgt. Besonders problematisch: Overbeck ist auch Militärbischof und als solcher für den berufsethischen Unterricht der deutschen Soldaten zuständig.

Ein Vergleich der Positionen von Bundeswehr und katholischer Kirche zum Thema Sexualität zeigt, dass den katholischen Militärgeistlichen besser Nachhilfe in Sachen Ethik und Lebenskunde erteilt werden sollte – statt sie diese Themen unterrichten zu lassen.


Rekruten: 20% Christen, 100% beim Gottesdienst

17. Dezember 2010
Als nach der deutschen Wiedervereinigung die ostdeutschen evangelischen Kirchen von den Privilegien der Vorteilhaftigkeit des Militärseelsorgevertrages (mit verbeamteten, staatlich bezahlten Militärgeistlichen) überzeugt werden mussten – aufgrund ihrer Erfahrungen in der DDR zeigten sich die ostdeutschen Landeskirchen lange Zeit skeptisch gegenüber einer derartigen Nähe zum Staat – bot der damalige Befehlshaber des Bundeswehrkommandos Ost, Generalleutnant Jörg Schönbohm, den ostdeutschen Bischöfen „eine atheistisch erzogene Armee zur Christianisierung“ an. (Andernorts war zu lesen, Schönbohm hätte sich bei den Bischöfen mit den Worten vorgestellt „Herr Bischof, hiermit biete ich Ihnen eine atheistische Armee zur Missionierung an.“

Vor diesem Hintergrund wirft es schwerwiegende Fragen im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Teilnahme am Gottesdienst auf, dass es offenbar in manchen Gegenden üblich ist, dass die Rekrutinnen und Rekruten vor dem Gelöbnis „geschlossen“ an einem Gottesdienst teilnehmen, wie mir seitens zweier Verantwortlicher bei der Bundeswehr bestätigt wurde.

Darauf gekommen bin ich, als ich gestern in einem Artikel des Militärseelsorge-Newsletters las [Hervorhebungen von mir]:

Fast 600 Frauen und Männer des Logistikbataillons 131 aus Bad Frankenhausen, des Aufklärungsbataillons 13 aus Gotha und des Führungsunterstützungsbataillons aus Erfurt waren am Vormittag des 02. Dezember 2010 in den Dom gekommen. Auch Eltern und weitere Angehörige der jungen Wehrpflichtigen kamen schon zum Gottesdienst, obwohl erst am Nachmittag das feierliche Gelöbnis in der Henne Kaserne in Erfurt stattfinden sollte.

Na, dachte ich, in Thüringen wird das wohl nur ein Bruchteil der Rekruten sein. Um die Gesamtzahl der Gelöbnisteilnehmer in Erfahrung zu bringen, googelte ich schnell und musste zu meiner Verwunderung lesen:

Fast 600 Rekruten, die ihre Allgemeine Grundausbildung im Aufklärungsbataillon 13, Gotha im Logistikbataillon 131, Bad Frankenhausen  und im Führungsunterstützungsbataillon 383, Erfurt durchlaufen, legten am Donnerstag, dem 2. Dezember, bei Fackelschein und eisigen Temperaturen das Feierliche Gelöbnis in der Henne-Kaserne zu Erfurt ab.

Ich rief bei der Bundeswehr an und fragte, wer mir dazu Auskünfte geben könne.

Telefonat 1:

Skydaddy: Es sieht so aus, als ob die Rekruten praktisch komplett zum Gottesdienst gegangen sind…

Verantwortlicher 1: Ja, soweit ich weiß, kommen die geschlossen.

Skydaddy: Aber den Rekruten kann doch nicht befohlen werden, zum Gottesdienst zu gehen…

Verantwortlicher 1: Wie das in den Kompanien geregelt ist, weiß ich nicht. Fragen Sie doch mal Verantwortlichen 2.

Telefonat 2:

Skydaddy: Wie kommt es, dass die Rekruten [in Erfurt] geschlossen zum Gelöbnisgottesdienst gehen?

Verantwortlicher 2: Das ist schon so Usus, das kenn‘ ich sogar noch aus meiner Zeit als Rekrut. Beim Gelöbnisverbund Nordthüringen ist es generell so, dass die Rekruten geschlossen in den Dom gehen und beim Bischof den Gelöbnisgottesdienst durchführen.

Skydaddy: Und wenn einer nicht will?

Verantwortlicher 2: Dann muss er sich an den Chef wenden und der entscheidet dann.

Skydaddy: Was gibt es denn da zu entscheiden?

Verantwortlicher 2: Na, Ja oder Nein.

Skydaddy: Aber es muss doch keiner zum Gottesdienst gehen.

Verantwortlicher 2: Das ist beim Gelöbnisgottesdienst noch mal was anderes. Fragen Sie bitte noch einmal schriftlich an. Also, wir zwingen niemanden dazu – so von wegen Disziplinarmaßnahme oder so. Aber bis jetzt gab es diese Frage nicht.

Es war also mal wieder eine E-Mail fällig:

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Verpflichtung auf christliches Menschenbild nicht akzeptabel

18. Oktober 2010

Konfessionslosenverband protestiert gegen Merkels Äußerungen zur Säkularisierung

Pressemitteilung des IBKA vom 18.10.2010

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) wendet sich nachdrücklich gegen die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wonach in Deutschland fehl am Platze sei, wer das christliche Menschenbild nicht akzeptiere.

„Der Staat ist Heimstatt aller Bürger und hat das Grundrecht der Weltanschauungsfreiheit zu schützen. Die Kanzlerin wurde auf die Wahrung der Verfassung vereidigt und missachtet deren Prinzipien, wenn sie Nichtchristen quasi rhetorisch ausbürgert“, sagt Rudolf Ladwig, Zweiter Vorsitzender des IBKA.

„Grundwerte wie Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der Frau wurden gegen das Christentum errungen, sie auf ein ‚christliches Menschenbild‘ zurückzuführen ist dreister Etikettenschwindel. Noch heute ist es um die freiheitlichen Grundwerte in etlichen Religionen oft schlecht bestellt.“

Als Affront gegen die nichtreligiösen Bürger Deutschlands empfindet der IBKA die Aussage von Kanzlerin Merkel, die schleichende Säkularisierung sei „ebenso beunruhigend wie Integrationsprobleme“.

„Die Emanzipation vieler Menschen von religiösen Dogmen trägt zum innergesellschaftlichen Frieden bei. Eine Bundeskanzlerin sollte die Säkularisierung anerkennen, statt zu diffamieren. Es wird Zeit, dass Frau Merkel sich endlich integriert, statt den geistigen Bürgerkrieg zu schüren“, erklärt Ladwig.

Hintergrund:

Auf der CDU-Regionalkonferenz am 15. Oktober erklärte Angela Merkel: „Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht.“ Wer das nicht akzeptiere, der sei „bei uns fehl am Platz“.

Weiterhin äußerte sie, sie empfinde die schleichende Säkularisierung ebenso beunruhigend wie Integrationsprobleme.

Links:

Seehofer und Merkel befeuern Leitkultur-Debatte
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,723466,00.html

Das Multikulti-Eiapopeia
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/das-multikulti-eiapopeia/

Regionalkonferenz: Spannende Diskussionen – auch im Internet
http://www.cdu.de/portal2009/26423_31713.htm

Über den IBKA:

Im IBKA haben sich nichtreligiöse Menschen zusammengeschlossen, um die allgemeinen Menschenrechte – insbesondere die Weltanschauungsfreiheit – und die konsequente Trennung von Staat und Religion durchzusetzen. Wir treten ein für individuelle Selbstbestimmung, wollen vernunftgeleitetes Denken fördern und über die gesellschaftliche Rolle von Religion aufklären.


Die heilige Banane (Outtake aus dem Ketzerpodcast, Folge 7)

6. Mai 2010

In diesem Segment vertritt Christian die Auffassung, dass der Gotteslästerungsparagraf Gläubige diskriminiert.


Vatikanische Fensterpredigten

13. März 2010

domradio.de meldet: Vatikan will mehr Schutz für religiöse Minderheiten:

Rund 70 Prozent der Weltbevölkerung lebten in Ländern mit eingeschränkter Religionsfreiheit, sagte Erzbischof Silvano Tomasi vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.

Der Vatikan hat hier gut reden – ist er doch (neben Weißrussland) der einzige europäische Staat, der die Europäische Menschenrechtskonvention nicht ratifiziert hat.

Um Verfolgung und Diskriminierung künftig zu verhindern, [sei] unter anderem eine unabhängige Rechtsprechung […] notwendig, […] , forderte Tomasi.

Eine unabhängige Rechtsprechung (wie oben gefordert) oder gar Gewaltenteilung kennt man im Vatikan natürlich auch nicht. Vielmehr heißt es im Grundgesetz des Vatikans ausdrücklich:

Art. 1 

1. Der Papst besitzt als Oberhaupt des Vatikanstaates die Fülle der gesetzgebenden, ausführenden und richterlichen Gewalt. [Hervorhebung von mir.]

Übrigens stammt das Grundgesetz des Vatikans – aus dem Jahr 2000!


IBKA: Kirchliches Arbeitsrecht abschaffen!

5. März 2010

Pressemitteilung des IBKA NRW:

(Lindlar) Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) Nordrhein-Westfalen kritisiert das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld zum Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen.

„Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie nutzen Ihre Quasi-Monopolstellung als Arbeitgeber im Sozialwesen schamlos aus. Das nun vom Gericht in Bielefeld bestätigte Streikverbot macht ihre Bediensteten zu Arbeitnehmern zweiter Klasse“, sagt NRW-Sprecher Rainer Ponitka.

Bei dem kircheneigenen Arbeitsrecht handele es sich um eine Grundrechtseinschränkung. Das sei im modernen und säkularen Staat ein Skandal. Diese Sonderstellung der Kirchen sei weder vom Gesetzgeber noch der Justiz zu dulden.

Ponitka weiter: „Die Angestellten der Caritas sowie der Diakonie müssen sogar wegen Ihres persönlichen Lebenswandels um Ihre Weiterbeschäftigung fürchten. Nicht selten sind sie wegen Alltäglichkeiten wie einer Scheidung und der beabsichtigten erneuten Eheschliessung von einer Kündigung bedroht.“

Hintergrund:

Am Mittwoch stellte das Arbeitsgericht Bielefeld das für Kirchen geltende Sonderrecht über das aus der Koalitionsfreiheit im Grundgesetz abgeleitete Streikrecht.

Links:

Politischer Leitfaden des IBKA: 3. Arbeit und Soziales


Recht nach Politik [via Alien in Europe]

16. Februar 2010

Der folgende Artikel von Alien in Europe spricht mir, ähem, aus der Seele. Alien hat mir freundlicherweise gestattet, ihn hier wiederzugeben.

Die Hervorhebungen stammen von mir und sollen lediglich die Orientierung im Text erleichtern.

Die fast schon zum Überdruss gewordene Forderung, die Muslime sollten sich anpassen, lässt mich fragen, woran diese Anpassung denn erfolgen solle – bzw., wie weit sie verlangt werden kann. Unstrittig sicher, und darum soll es in diesem Artikel in erster Linie gehen, an das geltende Recht. Das erkennen auch die allermeisten Muslime an, zumal es da i.d.R. keine größeren Reibungsflächen gibt. Jedenfalls nicht in der Theorie. Problematisch wird es, wenn der gemeine Muslim einen Antrag stellt oder sich von einer Behörde in seinem Recht beeinträchtigt sieht. Dann wird nicht nur geprüft, ob er recht hat, sondern auch gerne, ob das auch für ihn gilt. Polemisch? Ja, aber nicht ohne Grund.

Man nehme den Fall in Rendsburg, wo die Moscheegemeinde einen formalen Antrag auf Gestattung des Muezzin-Rufes gestellt hat. Nun wurde ein Schallschutzgutachten eingeholt, festgestellt, dass das Begehren rechtlich wohl zulässig sein dürfte, also wäre zu erwarten, dass in Zukunft der Muezzin in Rendsburg rufen darf. In den Kieler Nachrichten wird daraufhin angekündigt, dass Politiker bei der Landesregierung eine verschärfte verfassungschützerische Beobachtung der Gemeinde fordern will. Das lasse ich mal so stehen.

Wäre schlimm genug, aber leider kein Einzelfall. Man nehme den hessischen Metzger, der mehrfach vor Gericht ging, um klarzustellen, dass die Ausnahme zur Genehmigung betäubungslosen Schächtens nicht nur für Juden, sondern auch für Muslime gelten muss. Über seine Odyssee bei den Gerichten könnte man fast ein Buch schreiben, es ist wie bei Hase und Igel. Als das Bundesverfassungsgericht zu seinen Gunsten entschied, gab die CDU/CSU ihren langjährigen Widerstand gegen das GRÜNE Ansinnen auf Aufnahme des Tierschutzes als Verfassungsziel ins GG auf, in der – juristisch nicht korrekten – Annahme, damit sei die Ausnahmeregelung des Tierschutzgesetzes ausgehebelt. Ist aber nicht, da ein Verfassungsziel kein Grundrecht einschränkt. Nur, die Verwaltung lehnte mit dieser Begründung den nächsten Antrag ab. Allerdings erst, nachdem der Betrieb der Schlachters durch Brandstiftung einmal zerstört worden war. Das Verfahren zieht sich weiter – jedes Jahr aufs Neue. [Anmerkung von Skydaddy: Vgl. auch den jüngsten Vorschlag des Bundesrates zur Verschärfung der Ausnahmeregelung beim Schächten.]

Man nehme – bekannt, berüchtigt – Fereshteh Ludin. Vor ihr wurde jede Muslima, die nach ihrer Lehrerausbildung sich bewarb, ohne Frage auch mit Kopftuch eingestellt. Plötzlich fiel es einer Behörde ein, nein, wir wollen das nicht mehr. Das lange Klageverfahren ist bekannt. Sie gewann – aber noch vor ihrer Einstellung wurden mal grad die Gesetze geändert. Also alles umsonst.

Man nehme – Baurecht. Moscheebau. Es ist kein Einzelfall, dass plötzlich eine Gemeinde ein Grundstück kaufen will oder mal schnell den Bebauungsplan ändert, wenn das Gerücht geht, dass der potentielle Käufer dort eine Moschee errichten will.

Wozu die Beispiele? Nun, betrachtet man das von muslimischer Seite, entsteht der Eindruck der Willkür. Es gibt Gesetze, an die sich alle halten sollen – aber die können ganz schnell geändert werden, wenn sie auf unserer Seite stehen ….

Und das sind jetzt die in Gesetzesform gegossenen Dinge – auf anderen Gebieten könnte man lange weiter schreiben. Vielleicht noch eine Anekdote zum Thema gesetzmäßiges Verwaltungshandeln: Vor ca. vier Jahren wurden ja die biometrischen Pässe eingeführt. In diesem Zug wurde dann auch verfügt, dass Ausländer in Zukunft für ihre Aufenthaltserlaubnis entsprechend geeignete Photos abzugeben hätten. Es gab über diese Photos eine Musterliste mit akzeptablen und nichtakzeptablen Passbildern – ich denke, die meisten hier werden sich daran erinnern. In der untersten Reihe zeigten diese Beispiele eine Frau mit einem Kopftuch. Ganz unten rechts so gebunden, wie es für die Biometrie zulässig sein sollte. Zu meinem Erstaunen häuften sich plötzlich in einigen Städten die Fälle, wo für die Verlängerung oder Übertragung der Aufenthaltserlaubnis kompromisslos Photos ohne Kopftuch gefordert wurden. Zum Teil unter Verweis auf diese Beispielsliste. Die übermittelte eine Betroffene per Handy-Photo – die unterste Zeile war schlicht vor dem Aushang in der Behörde abgeschnitten worden.


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