Erzbischof Robert Zollitsch ist im Urlaub. Ich nehme an, zur Entspannung stellt er sich vor, dass er missliebige Blogger und Podcaster an Haifische verfüttert, während er eine weiße Perserkatze krault. Natürlich nur als letzte Maßnahme, nachdem das Wegbeten nicht funktioniert hat.
Ja, einen Urlaub hatte Zollitsch sicher dringend nötig. Schließlich war die letzte Kur schon lange her – fast zwei Monate! Soviel Erholung würde man dem Missbrauchsopfer von Herzen wünschen, das im März praktisch im Alleingang seinen Peiniger zum Rücktritt zwingen musste, die Stationen des Pädokriminellen selbst recherchieren, nachdem das Ordinariat in drei Jahren nichts zu Wege gebracht hatte, die Kirchenrechtsklage selbst auf den Weg bringen musste, die eigentlich schon 2006 hätte erfolgen müssen, und dabei noch von der Abtei Wettingen-Mehrerau und dem Ordinariat Freiburg mit öffentlichen Tiefschlägen gegen seine Glaubwürdigkeit konfrontiert wurde.
Der letzte Tiefschlag erfolgte vergangene Woche, als sich Zollitschs Pressestelle nicht zu schade war, zu melden:
Die Staatsanwaltschaft stellt fest, dass die Behauptung des Anzeigeerstatters, ihm sei keine Hilfen angeboten worden, schon nach dessen eigenen Angaben falsch ist. Er habe selbst angegeben, dass ihm die Frage gestellt worden sei, wie man ihm helfen könne.
Ich gehe davon aus, dass das Ordinariat (erst recht natürlich die Staatsanwaltschaft Konstanz) die Strafanzeige gegen Erzbischof Zollitsch vorliegen hat. Tatsächlich heißt es darin zunächst, vielleicht etwas ungeschickt:
Falsch ist die Behauptung, dass mir Hilfen angeboten wurden.
Gut – es hat halt nicht jeder sein eigenes Ordinariat und eine eigene Pressestelle.
Unmittelbar im Anschluss stellt das Opfer allerdings klar:
Man hat mir nur die theoretische Frage gestellt, wie man mir helfen könnte. Als ich fragte, welche Hilfen man mir bieten könne – bekam ich keine Antwort.
Die Hilfen, die ich erbat –
a) Kostenübernahme für Mediator oder Rechtsbeistand zu einem Gespräch
b) aktuelle Adresse des Täters
c) eigene Nachforschungen der Diözese nach Zeugen und Opfern
d) Namenslisten der Ministranten, Pfarrgemeinderäte, Mesner…
wurden mir verweigert.
Das Bistum gibt also nur die halbe Wahrheit wieder und erweckt damit den Anschein, das Opfer sage die Unwahrheit, während der Vorwurf des Opfers, so, wie man ihn anständigerweise wiedergeben würde, nachvollziehbar ist und vom Bistum auch nicht widerlegt wird. Es handelt sich hierbei, wohlgemerkt, um ein Missbrauchsopfer, das 2006 das Bistum Freiburg über seinen Missbrauch informiert hatte, und dann im März dieses Jahres feststellen musste, dass sein Peiniger immer noch in Amt und Würden und unbehelligt mit Kindern und Jugendlichen tätig war. Ein Opfer, dem Erzbischof Zollitsch trotz der juristischen Auseinandersetzung als oberster Seelsorger des Bistums zur Fürsorge verpflichtet ist.
Ich kann gar nicht sagen, wie mich das anwidert! Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz tönte noch im Februar:
Wo immer nämlich ein Verdacht vorliegt, muss es eine lückenlose und absolut transparente Aufklärung geben. […] Wir deutschen Bischöfe drängen darauf, dass die früheren und teils lange zurückliegenden wie natürlich alle neueren Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen aufgeklärt werden.
Tatsächlich praktiziert das Ordinariat Freiburg Täuschung statt Transparenz. Es reicht dazu wohl der Hinweis, dass der Freiburger (!) Kirchenrechtsprofessor Dr. Georg Bier letzte Woche sein Zollitsch entlastendes Statement, das er unmittelbar nach Bekanntwerden der Ermittlungen abgegeben hatte, öffentlich korrigiert hat: Zuständiger Oberhirte für die Katholiken in Birnau sei der Erzbischof von Freiburg. (Das wussten meine Blog-Leser freilich schon sechs Wochen vorher.)
Professor Bier hat dabei dem Ordinariat noch den Gefallen getan, der Badischen Zeitung nicht zu sagen, woher er seine Informationen hatte. Mir hatte er allerdings bereits im Juni gemailt, nachdem ich ihn auf Ungereimtheiten hingewiesen hatte:
Diese Einschätzung entspricht den Angaben in der Stellungnahme des Abtes von Wettingen-Mehrerau („Das Priorat Birnau gehört zur Gebietsprälatur der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau bei Bregenz“) und den Angaben auf der Bistumshomepage („Die Wallfahrts- und Klosterkirche Birnau gehört als Priorat seit 1919 zur Abtei Mehrerau“.)*
In diesem Fall war Atheist Skydaddy offenbar näher an der Wahrheit als die Erklärungen des Erzbistums Freiburg und des Abtes von Mehrerau: Wenn das mal kein schlechtes Omen für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz ist. Wenn das Ordinariat nächstes Mal bei einem Experten anruft, um eine entlastende Stellungnahme zu erhalten, werden die Angerufenen wahrscheinlich den Hörer nicht abnehmen oder sich verleugen lassen…
* Anmerkung: Man kann es Prof. Bier nicht hoch genug anrechnen, dass er sein ursprüngliches Statement öffentlich korrigiert hat. Während die Bistums-Pressestelle jämmerlich herum eiert, beweist der Mann Cojones! Ich möchte ihm nicht schaden und zitiere nur ungern aus seiner Mail, halte aber die Information für wichtig, dass er sich ausdrücklich auf die Erklärungen des Erzbistums und der Abtei berief.
Update: Auf der Christenseite GottesSuche gibt es unter „Aktuelle Nachrichten“ einen Kommentar zu meinem obigen Artikel. Da der Kommentar nicht direkt verlinkbar ist und evtl. wieder verschwindet, gebe ich ihn hier wieder:
26.7.2010 skydaddy klärt auf darüber, was das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg unter den Hilfs-Angeboten für das Opfer von Birnau versteht – und was das Opfer selbst darunter versteht. Das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg schreibt: „Die Staatsanwaltschaft stellt fest, dass die Behauptung des Anzeigeerstatters, ihm sei keine Hilfen angeboten worden, schon nach dessen eigenen Angaben falsch ist. Er habe selbst angegeben, dass ihm die Frage gestellt worden sei, wie man ihm helfen könne.“
Das Opfer hingegen stellt fest: „Man hat mir nur die theoretische Frage gestellt, wie man mir helfen könnte. Als ich fragte, welche Hilfen man mir bieten könne – bekam ich keine Antwort. Die Hilfen, die ich erbat
a) Kostenübernahme für Mediator oder Rechtsbeistand zu einem Gespräch
b) aktuelle Adresse des Täters
c) eigene Nachforschungen der Diözese nach Zeugen und Opfern
d) Namenslisten der Ministranten, Pfarrgemeinderäte, Mesner…wurden mir verweigert.“
Kommentar: Ich möchte meinen, dass das Opfer am besten beurteilen kann, ob ihm geholfen wurde oder nicht. Eine Hilfe, die beim Opfer nicht ankommt, ist vermutlich keine Hilfe. Dann wird es Zeit, dass das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg sich noch einmal mit dem Opfer in Verbindung setzt – und diesmal zuhört.
Schönen Urlaub auch von mir, Herr Zollitsch. Genießen Sie ihn, es wird möglicherweise der letzte sein. Oder hat man als geschasster Bischof noch Urlaub? Fragen Sie doch mal bei Herrn Mixa nach.
@ Nic
Dann hat man immer Urlaub.
Arbeiten müssen dann andere, wie zum Beispiel die armen Nonnen, die „Monsi“ nun am Hals haben.
„‚Wir haben ihn ja nicht eingeladen, sondern sind gebeten worden, ihn aufzunehmen‘, sagt Provinzvikarin Schwester Beda Rauch von den Franziskanerinnen von Maria Stern. “ (SZ)
Obwohl….wer wird auch Nonne?
Bei dem Ehemann, kann man sich ja denken, daß ab und zu ätzende Hausfreunde eingeladen werden….
LG
T
@Nic und Tammox:
Ja, dann hat man immer Urlaub und muss mit 8.000 Euro monatlich das Auskommen finden. Für diese Pension dürfen dann allerdings andere arbeiten, nämlich die Steuerzahler.
Zum Wohle der RKK, empfehle ich dem urlaubenden Bischof den Weg des letzten brutalstmoeglichen Aufklaerers zu gehen: Roland Koch. Zum Wohle der atheistischen Sicht auf die Dinge wuensche ich mir, dass Zollitsch bleibt – und zwar so lange wie irgend moeglich.
@ Amazone
Wie viel Mixa und Co ganz genau bekommt, wissen wir ja nicht. Jedenfalls habe ich das immer noch nicht herausbekommen.
Der Spiegel schrieb neulich „zwischen € 8.500 und € 11.500“.
Damit könnte ich zur Not; mit eisernem Sparen; auch auskommen.
Aebr so ein Bischof hat glücklicherweise keine Abgaben. Personal, Kost und Logis übernimmt freundlicherweise ebenfalls die Diözese.
@verquer
DAS SOWIESO.
Daher habe ich ja auch schon den Werbeslogan „Ratzi – möge er hundert Jahr‘ werden“ ersonnen. Alternativ auch als „Ratzi, möge er 120 Jahr‘ werden“.
Ich finde, daß die Piusbrüder, Mixa, Meisner und Müller den Konfessionslosen und Atheisten einen so großen Dienst erweisen, daß wir zur Not zusammenlegen sollten, um sie im Amt zu behalten, falls sich der Staat mal ihre Gehälter nicht mehr leisten kann.
Mixas Abgang bedauere ich schon jeden Tag – genau wie die überraschend frühe Abberufung Erzbischof Dybas zu seinem obersten Dienstherrn.
Das war auch ein guter Mann; mit jedem Talkshowauftritt hat der mehr Mitglieder aus der Kirche getrieben, als es drei MSS-Bücher vermögen!
LGT
[…] „Wir haben Hilfe und Gespräche angeboten.“ – Dazu erklärt das Opfer: „Man hat mir nur die theoretische Frage gestellt, wie man mir helfen könnte. Als ich fragte, welche Hilfen man mir bieten könne – bekam ich keine Antwort.“ Konkret angefragte Hilfen wurden verweigert. […]