Pressemitteilung des Ökumenisches Netzwerks Initiative Kirche von unten (IKvu)
Hirtenbrief des Papstes: Verbale Betroffenheit statt Ursachenanalyse kann Aufklärung nicht ersetzen.
20.03.2010. Frankfurt/Main
Der Hirtenbrief an die irischen Bischöfe bleibt bei verbaler Betroffenheit stehen. Er ignoriert die Ergebnisse der irischen Murphy-Kommission und verweigert strukturelle Konsequenzen.
Die römisch-katholische Kirche ist nicht nur in der Bundesrepublik in ihrer größten Krise seit „Humanae vitae“, der sog. „Pillenenzyklika“ 1968. Statt effektiver Krisenbewältigung bietet der Vatikan das Schauspiel einer sich autistisch abkapselnden Institution: Gefehlt haben in dieser Selbstwahrnehmung nur wenige, vom Zeitgeist verführte Einzeltäter.
Dabei ignoriert der Papst, dass diese Verbrechen auch an die theologische Substanz gehen: Eine Kirche, die sich derart eklatant von ihren Wurzeln entfernt, verliert massiv ihre Glaubwürdigkeit.
Gerade der Hirtenbrief an die irischen Bischöfe hätte der deutschen Kirche den einzig sinnvollen Weg für Aufklärung zeigen können: Die Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission unter dem Vorsitz der Richterin Yvonne Murphy legte im November 2009 ausführlich die skandalösen Umstände „sexuellen Missbrauchs“ von 1975 bis 2004 offen. In der vergangenen Woche wurde auch in den Niederlanden eine solche Kommission eingesetzt.
„Angesichts des Ausmaßes dieser Verbrechen den Blick auf die strukturellen Ursachen zu verweigern und sich auf der Einzeltäterthese auszuruhen, ist ein Skandal“, so Bernd Zielmann, Mitglied im IKvu-Leitungsteam. „Quälend langsam werden kleinste Schritte zugegeben, die für jeden vernünftigen Menschen selbstverständlich sind – das ruiniert das Ansehen der Kirche radikal.“
Gerade Papst Benedikt selbst ist einer der Architekten des Systems, das diese Verbrechen jahrzehntelang begünstigt und vertuscht hat: Er förderte gezielt militante sektiererische Gruppen wie „Opus Dei“, „Legionäre Christi“ und die „Piusbruderschaft“, um eine offene, basisorientierte und ökumenische Kirche zu verhindern. In diesem Dunstkreis gedeihen elitäre Allmachtsphantasien von einer unangreifbaren Kirche, deren Kleriker vor jedem Zugriff geschützt werden müssen. Aufklärung bedeutet jedoch auch, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
„Wir brauchen externe Aufklärung – niemand, der bei Verstand ist, macht einen Bock zum Gärtner, warum sollte das ausgerechnet in der Kirche nach jahrezehntelangen Rechtsbrüchen plötzlich funktionieren?“, so Bernd Hans Göhrig, IKvu-Bundesgeschäftsführer. „Notwendig ist ein demokratisches Leitbild von Kirche mit Gewaltenteilung, Transparenz und Partizipation – das wäre die wirksamste Präventivmaßnahme.“